Ich finde es sehr irritierend, Stundenlöhne bzw. Preise werden wohl in den seltensten Fällen ausgewürfelt oder gemacht wie man will … es gibt Betriebswirtschaftliche Rechnungen die man stumpf ausrechnen kann. Und diese werden in aller Regel NICHT mal genommen, sondern die Preise liegen ein gutes Stück drunter!
Die Handwerker, insbesondere das schöne Schneiderhandwerk, ist keinesfalls am aussterben weil der durchschnittliche Handwerker vor lautere Einnahmen nicht mehr aus dem Urlaub an der Sonne kommt, sondern weil man die Preise die man nehmen müsste nicht genommen werden!
Ich kann es auch nicht verstehen wenn Handwerker ihre viel zu günstige Preise damit rechtfertigen, dass die Leute in der Gegend einen normalen Preis nicht zahlen können.
Wie sah denn da der Businessplan aus? „Biete was an, was sich da wo ich bin niemand leisten kann“?? (Damit soll hier im Forum niemand persönlich gemeint sein). Bitte nicht falsch verstehen, ich liebe kleine feine Geschäfte die ländlich gelegen eine Tradition aufrecht halten … aber durch das ständige unterbieten von Preisen kommt es automatisch dazu, dass auch Menschen die es sich leisten können die Preise drücken wollen. Und diese Spirale nach unten ist tödlich für das Handwerk.
Ich finde Sebastian hat es hier schön dargestellt, und seine Offenheit ist vorbildlich.
Wer seine 48€ Stundenlohn für Köln überteuert findet, hat keine Erfahrung. Für weniger ist es kaum zu schaffen! Er war auch dann wohl noch nie in einer Autowerkstatt oder hat sich was vom Schreiner bauen lassen.
Ich habe mich in den letzten Jahren wirklich sehr viel mit Preisen, deren Entwicklung und Zukunft beschäftigt. Habe die Kalkulationen vom Anfang des 20.Jahrhunderts bis heute durchgekaut. Gemessen am Einkommen und wirtschaftliche Entwicklung ist ein Handgeschneiderter Anzug um die 4.000€ völlig gewöhnlich. Wenn man bedenkt wie viel Arbeits-/Lohnzeit Männer zu investieren haben, hat sich seit 100 Jahren nicht allzu viel geändert.
Stundenlöhne für einen Schneider zwischen 40-100€ sind völlig normal. Natürlich schwanken die Preise sehr, nicht nur Mieten fürs Atelier, Stundenlöhne für die Mitarbeiter und andere Ausgaben spielen da eine große Rolle. Sondern auch ganz klar das Können! Nicht jeder Fussballer bekommt das gleiche Gehalt
Um am konkreten Beispiel zu bleiben- Sebastian ruft 48€ auf. Jeder der Ihn persönlich kennt weiß, er liebt seinen Job! Er lebt seinen Beruf! Und er brennt für sein Handwerk!
Er kümmert sich um Nachwuchs, engagiert sich privat für die Zukunft seiner Zunft und bildet sich stetig weiter … 48€ die Stunde sind zu wenig! Viel zu wenig. Warum sollte ein Handwerker mit diesen Eigenschaften nur das Recht haben gerade so über die Runden zu kommen?!?!? Warum soll er nicht blendend und ausgiebig davon leben können … Ich kenne viele Handwerker wie Sebastian, er bietet seine Arbeit für nur 48€ an, weil es schwere Zeiten sind und ein Einzelner oft nichts dagegen tun kann. Wenn ich dann hier so einige Sätze lese, wird mir echt übel. Das Handwerk stirbt aus, und die Leute denken sie werden übern Tisch gezogen … Aber selbst dann 300€/Stunde als Anwalt aufrufen, man hat ja studiert… ein schwieriges Thema…
Dennoch sehe ich positiv in die Zukunft. In Metropolen wie Frankfurt oder München funktioniert ist ja soweit gut. Die Nachfrage steigt aktuell, die Angebote sind knapp aber da. Durch gescheite Preise können wir gescheite Löhne zahlen und tolle Anzüge bauen. Das macht Spaß, dem Handwerker und den Kunden!