Ja. Nur weil ein Großteil der Gesellschaft vergisst was normalerweise gesellschaftlich akzeptiert ist, muß man nicht auf Teufel komm raus auf den Zug aufspringen.
Wenn ein Großteil der Gesellschaft "vergisst", was mal akzeptiert war, ist damit etwas anderes gesellschaftlich akzeptiert. So einfach ist das.
Das Ausziehen von Sakkos bei fortgeschrittenen Feiern (oder beispielsweise auch in sommerlichen Büros) ist heute offensichtlich gesellschaftlich akzeptiert. Das kann man - wenn man möchte - beklagen, "normalerweise gesellschaftlich akzeptiert" ist aber kein Argument gegen eine gesellschaftliche Mehrheit, die etwas anders macht, genau das ist es dann nämlich offensichtlich nicht (mehr). Valide Argumente sind dagegen "Sieht scheiße aus!" oder "Schöne Tradition!" etc.
Wenn wir uns jetzt mal aus iGent-tumblrn und diesem Forum in die reale Welt begeben, stellen wir fest, dass das Ausziehen von Jacken auf solchen Festen ab einem gewissen Zeitpunkt nunmal breite Realität ist. Dem kann man sich a) anschließen und selbst die Jacke ausziehen, b) nicht anschließen, die Jacke anbehalten, sich optional evolutionär überlegen fühlen und es gut sein lassen oder c) nicht anschließen und den anderen den Spaß verderben, indem man ihnen Voträge über Stillosigkeit, Sittenverfall und ähnliches hält.
c) finde ich nicht besonders stilvoll, deswegen würde ich jemandem, der a) plant durchaus zugestehen, sich das mit der Weste zu überlegen. Ich persönlich habe auf meiner eigenen Hochzeit nachts auch irgendwann die Jacke ausgezogen, insbesondere damit ich für die a)-Gäste die dies aber nicht vor dem Bräutigam tun wollten, nicht zu einem c)-Gastgeber werde.
Ich persönlich finde übrigens nicht, dass man mit Weste besser ausssieht als ohne, wenn man sakkolos rumläuft. Eher im Gegenteil.