Hallo Gast,
immer wieder schön was lehrreiches von dir zu lesen, danke.
Auf den von mir zitierten Abschnitt würde ich jedoch gerne wenn möglich etwas tiefer eingehen wollen. Wie erkenne ich denn ob ein Schuh offen-oder geschlossenporig gefärbt ist?
LG
Martin
Schuhe werden im Normalfall aus Boxcalf hergestellt (Oberleder). Dies wird narbenseitig (und nicht fleisch-/aasseitig) verarbeitet. Da es sich ja um die Haut eines Kalbes handelt, kann man auf dem Leder noch die Poren erkennen. Nach dem Gerbverfahren wird das Leder gefärbt.
Hier beginnt die Unterscheidung: Offenporig: Die Poren der Haut sind auch nach der Färbung noch erkennbar. Geschlossenporig: Hautstruktur nicht mehr erkennbar.
So einfach ist auch die Unterscheidung. Ein Trick: Ein wenig Wasser auf eine Stelle des Schuhs reiben, zieht es in das Leder ein ist es aller Wahrscheinlichkeit nach offenporig gefärbt, perlt es ab, ist es geschlossenporig gefärbt.
Natürlich wird auch hier viel Lug und Trug betrieben, so habe ich schon gesehen dass durch nachträgliche Prägung eine Narbenstruktur imitiert wird.
Warum ist jetzt offenporig verarbeitetes Leder "besser"?
Ausnahmen (z.B Lackschuhe) bestätigen die Regel, dass Leder, das mit Farbschichten
bedeckt (bis weit über 100 Sprühvorgägne) wird nicht so schön sein muss, wie Leder bei dem die Oberfläche gut sichtbar bleibt. Es können fehlerhafte Lederteile verarbeitet werden. Zudem wird das Oberleder
versiegelt, eine Lederpflege ist unmöglich, man kann mit speziellen Mitteln lediglich den Glanz erhalten. Zudem enthält die Deckfarbe fast immer Weichmacher um die nötige Biegeelastizität zu gewährleisten. Diese diffundieren im Laufe des Schuhlebens aus und führen zu einem spröde werden und schließlich Abplatzen der Deckfarbschicht.
Deckgefärbte Leder die offenporig verarbeitet sind haben dieses Problem nicht, sind aber (daher ist die Frage ja auch gekommen) kratzempfindlicher, da schnell die ursprüngliche (Natur-)Lederfarbe sichtbar wird.
Hersteller schreiben oft von einer
Anilinfärbung, dies bezeichnet offenporig durchgefärbtes Leder. Der Begriff hat sich gehalten, auch wenn heute aufgrund der krebserregenden Wirkung keine Anilinfarben mehr verwendet werden dürfen.
Dass die unterschiedlichen Verfahren nichts mit dem Preis zu tun haben müssen zeigt dass z.B. die gesamte Loake 1880 Kollektion anilingefärbt (offenporig durchgefärbt) ist, wohingegen viele weit teurere Modelle von Church oder Crockett&Jones geschlossenporig deckgefärbt verkauft werden.
Ich hoffe ein wenig Licht ins Dunkel gebracht zu haben!
Die besten Grüße,
Luteno