Wie wird man Stilaffin?

ludwig67

Well-Known Member
Wie wird man Stil-affin?

Hallo liebe Stilfreunde,
ich würde gerne eine Frage diskutieren, die mich beschäftigt seitdem ich hier unterwegs bin. Wie wird man eigentlich an das Thema Stil/Bekleidungskultur herangeführt?

Dazu zunächst ein paar persönliche Einsichten (ich hoffe, ich langweile nicht) zum Hintergrund. Ich stamme aus einer typischen Mittelschichtfamile mit Facharbeiterhintergrund, also dergestalt, dass man darauf achtet, "das aus dem Jungen mal was wird!" Bekleidung hat in unserer Familie schon eine Rolle gespielt, es gab aber z.B. kein Vorbild in Fragen von Anzügen. Wie bei vielen hier entstammen meine ersten Gehversuche der einschlägigen Literatur ("Der Gentleman"). Danach kam aber eine Art Loch, kein Ansprechpartner mit dem man sich hätte zum Thema austauschen können, kein Fachmann in der Familie oder im Bekanntenkreis. Über die einschlägigen Herrengeschäfte sah ich auch kein Weiterkommen und in der VHS gibt es ja wohl auch nichts ;). Es vergingen ca. 10 Jahre in denen das Thema "so mitlief". Erst in den letzten 3-4 Jahren bin ich durch weiterführende Literatur, das Internet und (nun selbstbewußter geworden) Fachgespräche im Einzelhandel wirklich weiter gekommen. Im Stilmagazin wird man ja auch nicht dümmer ;).

Mich interessiert wie das bei Ihnen war? Wie konnte z.B. ein Herr Küblbeck (stellvertretend) ein derartiges Wissen über alle Facetten der Bekleidung ansammeln? Gab es familiäre Vorbilder? Gab es stilistische Steigbügelhalter im Bekanntenkreis? Wie war und ist es diesbezüglich bei den anderen Mitgliedern?

Ich freue mich auf Ihre Antworten!
 
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Trotz meines jungen Alters gibt es eine kleine Anekdote, wie ich zur Herrengarderobe kam: Schon als Kind im Kindergarten wollte ich aussehen wie Papa, und so besaß ich einen zweireihigen Blazer (mit 4 Jahren), bis zu dem Tag an dem ich die Idee hatte, ein solches Ensemble in den Kindergarten anzuziehen hatte ich diesen Wunsch in mir. Dann war erst mal Pause. Und jetzt, sein etwa einem Jahr ist dieses Thema wieder in mir entflammt und brennt seither mir lodernder Flamme. Angefangen hat das mit den drei Büchern von Thomas Schäfer Elmayer, dann wurde es immer spezifischer bis ich einen Tages auf Amazon das Schlagwort "Gentleman" und "Herrenkleidung" eingab. So kam ich zum Buch von Bernhard Roetzel und zu vielen weiteren Werken aus diesem Genre. Und seitdem bin ich hier. :)

Und diese Sagen mit dem "schwul" bekomme ich auch jeden Tag an den Kopf geworfen, ausgerechnet von irgendwelchen Wanna-be-Skatern mit geglätteten Haaren.
 
wie wird man stilaffin? - eine etwas andere Antwort

Früh übt sich kann schon sein - aber mit Humor!
Dieser "junge Mann" war vor wenigen Tagen Gast auf einer italienischen Hochzeit. Man beachte den lässigen Stil und die tollen Details.
- Ungeknöpfter button-down
- eine "richtige" Klub-Krawatte
- kontrastierendes Armbändchen
- Übercoole Schuhe

und, das wichtigste, Selbstbewusstsein!:cool:

Sicher hat ihm die Mamma geholfen. Aber die Lässigkeit mit der er alles trägt, spricht für sich und er wirkt deshalb eben nicht "verkleidet".

Viele "Große" können von ihm lernen :D
 
Bei mir war es ähnlich wie bei den Vorrednern.

Nach einer wilden Phase Anfang der 90er, Techno war/wurde gerade groß, gab ich mir (wie wohl viele in der Szene) Mühe, möglichst "bunt" und "un-konformistisch" herumzulaufen.Es gibt die bizarrsten Erinnerungen und Bilder aus der Zeit, absolutes Highlight war eine knall-grüne Plastik-Lack-Rosenmuster-Weste mit orangen Ketten, die innen mit schwarzen Fellimitat ausgestattet war. :eek: Heute: Doppel-EEK! Dazu natürlich weite Hosen, ein "Beanie" aufm Kopp und IMMER Sneakers. Ich gelobte, ich wolle nie in einem Umfeld arbeiten, wo man Anzug und Krawatte tragen "muß".

Es kam sooo anders...
Heute bin ich der Einzige auf der Etage miit dem "täglichen Schlips" und geputzten Schuhen, lege mir am Vorabend die m.E. passende Hemd-Binder-Kombi raus, um nicht im Halbdunkeln irgendwas zu Grelles zu nehmen.
Und sehe so auch irgendwie unpassend und nicht "regelgerecht" aus, vor allem jetzt im Sommer zwischen all den Kurzarmhemden, kurzen Hosen und Tennissocken in Sandalen, aber, unter uns, da muß man durch. :D

Die Zeiten ändern sich, und wir mit Ihnen.
 
...die Fellweste hätte ich gerne gesehen ;-) 100% Zustimmung. Was früher non-konformistisch war ist heute Mainstream. Ohrringe, Körperbemalungen etc. hat doch heute jede Hausfrau. Gut gekleidet zu sein ist dann manchmal regelrecht schockierend...:)
 
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ich war als Jugendlicher bereits extrem konservativ. Chinos mit Tendenz zur Anzughose. Konservative (extrem) Hemden. Mit der Zeit habe ich meinen Stil dann verfeinert, auch (mal) Jeans getragen und den obersten Hemdknopf bei Casualhemden offen gelassen. Diese Wandlung setzte aber erst mit ca. 20 Jahren ein.

Mein Vater meinte immer: "Kleide dich doch mal legerer", dabei wurde er in jungen Jahren "der Gentleman" genannt (und das war in den vierzigern / fünfzigern des vergangenen Jahrhunderts!). Ich vermute und zitiere mal frei Fa. Brioni, dass es vielleicht wirklich ein Gen bei Männern für Schönheit (sprich Stilempfinden) gibt.

Heute habe ich meinen Stil gefunden, eine Mischung aus italienischer Lässigkeit und englischem understatement. Ich fühle mich wohl und meine Frau findet es schön. ;)
 
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