Und wenn die Selbstständigkeit mal kommt, dann unter dem Motto
*Der Handel versucht schon viel zu lange es den Kunden Recht zu machen. Wir möchten an die Kernkompetenz des Fachhandels erinnern, den Kunden zu beraten und zu führen.
Das ist eine heikle Gratwanderung. Ich bin zum Beispiel ein schwieriger Kunde. Probiere ich ein Sakko an, und es kommt der Kommentar "das trägt man heute aber kürzer/länger", reagiere ich allergisch auf "Belehrung", selbst wenn es die Wahrheit ist. Und so reagieren auch die meisten anderen Halbgebildeten. Wenn dann noch so ein Kommentar kommt, oder ein gut gemeintes "Das steht ihnen aber gut!" (wenn überhaupt will ich wissen wenns mir nicht steht), dann bin ich sofort raus, Manchmal reicht es schon, angesprochen zu werden..
Ich finde es auch schwierig, um Rat zu fragen, selbst wenn man Rat braucht. Eine typische Frage beim Herrenausstatter wäre zum Beispiel: "ich brauche einen Pulli in einer Farbe, die ich noch nicht habe, und nicht aus Baumwolle". Da kann der freundliche Verkäufer eigentlich nur seine ganzen Regale für mich ausräumen (macht Samstags besonders viel Freude). Ich habe in der Regel nicht viel Lust, die gesamte Struktur meiner Garderobe zu erläutern (und das womöglich in jedem Laden nochmal). Dies hat zur Folge, dass ich, wie viele andere, Klamotten im Schrank habe, die auf einem der großflächigen Tische eines Bekleidungshauses ausgebreitet lagen (und das sind dann eben die Marken mit dem großen Werbeetat).
Was dann funktioniert, ist "ich gebe ihnen ein längeres Sakko zum Vergleich, dann können sie entscheiden, ob sie die richtige Länge gewählt haben". Ich werde geleitet, aber nicht geführt. Wenn ich aber in meiner fortgesetzten Dummheit auf meiner Entscheidung beharre, darf der Verkäufer nicht mehr intervenieren, weil es dann definitiv sein Geld kostet.
Witzigerweise funktioniert bei mir "Das steht ihnen nicht" oder "Das verkaufe ich ihnen nicht". Das nehme ich sofort als ehrliche Meinung wahr und nehme sie ernst.
Beispiel aus einer anderen Branche: Kunde kommt in den Laden und möchte den "Testsieger". Händler führt anderes Gerät vor und kann den Kunden überzeugen, dass das Gerät besser ist. Ergebnis "Ich nehme doch lieber den Testsieger.".
Fazit: Wer da selbständig überleben will, muss entweder ganz hohe Margen haben, oder wissen, wann die Beratung/Führung eines Kunden nicht mehr der Monatsbilanz dient.