Bleibt die grundlegende Frage: Was hat Geld mit Stil zu tun? Mit Tradition, Erhalt und Bewahrung?
Sicher, alles völlig überkommene, gestrige, überflüssige Werte. Deswegen fragen diese Cracks dann auch, wie man mit Messer und Gabel isst, kaufen sich "Geschichte" ( ¾ der englischen Landhäuser sind im Besitz der New Economy Helden ) oder werden Mitglied in altmodischen, verstaubten Clubs.
Wenn der Nonkonformismus zur Regel wird, ist er die Konvention. So neu ist das Alles nicht, gab es 1968 auch schon mal. Sicher ist es in einer globalen Welt anders, natürlich gibt es auch mehr Möglichkeiten, darum ging es hier aber gar nicht.
In den 1820ern rückten die Industriellen plötzlich in den Kreis der Reichen auf, um 1900 dann noch die Kaufleute, nach dem Krieg die Wirtschaftswundergewinner, dann die Banker, nun die Internetfuzzies. Ist doch nur Geld. Das kauft weder Geschmack ( sieht man besonders prägnant bei Fussballern, Schauspielern oder auch "Unternehmern" ), noch Herzensbildung noch Bildung noch Modänität. Ja, vielfach kauft es noch nicht einmal den Zugang.
Natürlich bilden sich neue "Eliten", ein Wort, das mittlerweile so inflationär ist, genau wie "edel" und "Luxus", das der wahre Kern völlig vergessen wurde. Wie ich schon schrieb, die Möglichkeiten des 20/21. Jahrhunderts haben es auch dem Prekariat ermöglicht, finanziell und wirtschaftlich in den Mittelstand aufzusteigen, alle anderen Werte blieben dabei aber weitestgehend auf der Strecke.
Allgemeinbildung hat ein Schüler heute kaum noch, wir züchten die dritte Generation von internetabhängingen Fachidioten heran. Der Egalitarismus regiert und durch "Casual" wird Gleichheit und Coolness suggeriert. Dabei unterscheiden sich Leute wie Jobs, Gates, Zuckerberg keinen Deut von den Industriebaronen der industriellen Revolution. Egozentrische, machtgierige, geldgeile Ausbeuter, nur in netterer Verpackung. Wer anders ist, ist auf Dauer entweder nicht erfolgreich oder wird geschluckt. Das Schlachtfeld mag ein anderes sein, die Regeln sind immer noch die Gleichen.
Keine Panik. Stil hat mit Geld nicht automatisch zu tun. Hatte er aber, ehrlich gesagt, noch nie. Was heute unter romantisierendem Rückblick als "alter Adel" in der öffentlichen Wahrnehmung unterwegs ist, hat oft genug als Raubritter oder Vatermörder angefangen.
Stil ist für mich Einstellung. Natürlich können viele mit Messer und Gabel geradeaus essen, eine gepflegte Konversation betreiben. Und ich stehe natürlich aus Höflichkeit auf, wenn es ans Händeschütteln geht. Das kleine ABC.
Wer seine Mitmenschen gut behandelt, nicht oberlehrerhaft ungefragt trotz eines immensen Erfahrungsschatzes doziert, geschäftlich integer ist und zudem gute Umgangsformen pflegt, hat schon das ein oder andere Stilelement aufblitzen. Vielleicht noch einen Schuss Unterhaltsamkeit, um so besser. Dezent und unaufdringlich aber mit enormem Potential.
Die 68er waren für mich eine ziemlich ziellos herumpöbelnde Gruppe mit meist reichlich exotischen Vorstellungen von Gesellschaft, Menschen, Werten und Wirtschaft. Laut plärrend, Besserwisser ohne den geringsten Beweis ihrer oft kruden Thesen.
Was die Bildung angeht: Himmel hilf. Ob es richtig war, genau diese 68er auf die Menschheit los zu lassen und nicht vorher an Ratten auszuprobieren......... da habe ich meine Zweifel.
Die Schlüssel-Werte, welche schon Großvater Knigge schilderte, sind durchaus noch heute zu finden. Wenn auch modernisiert. Zudem, ganz platt ausgedrückt: Wer ein Arschloch ist, wird schnell von der Informationsversorgung abgeschnitten. Und das ist heute schon ein gewisser Sanktionsmechanismus.
Ich erkenne durchweg Stil und Haltung an. Bspw. ein alter Verlagsinhaber, bei dem ich noch von der Pike auf gelernt habe, hat einfach Stil. Er ist einfach "da" und hat mit väterlicher Eleganz Autorität, ein sehr angenehmes Auftreten, gepflegt.
Nur, was mE nicht mehr funktioniert: Als Postulat "Ich bin wer" impliziert auftreten - nicht gegen Dich. Ab und an etwas Selbstreflektion schärft durchaus den Sinn für sich selbst und auch im Geschäftsleben. Dazu vielleicht Ahnung in den neuen Medien.
Denn: Komischerweise fallen genau die "Alten" auf die ganzen Blender herein, welche sich in diesen Branchen tummeln. Bleiben wir bei den Verlagen. Böser Spruch für absolut abgenudelte Ideen: Das Ding knallt vor die Wand, wann verkauft er an einen Verlag?....
Verwechsle bitte nicht den öffentlichen Schaumschlag und das Buhei mit dem, was tatsächlich passiert. Das ist ungefähr so, als würdest Du die gehobene Gesellschaftsschicht nach Bunte oder "der goldene Sockenschuss" einschätzen