And now for something completely different. Aus dem Südosten Spaniens kommt der Juan Gil Jumilla 2018, der schlicht als "Blaues Etikett" vermarktet wird, eine hyperfruchtige, alkoholstarke Granate voller schwerer Intensität mehrheitlich von alten Monastrell-Reben (=Mourvèdre in Südfrankreich) mit kräftigen Zugaben von Cabernet Sauvignon und Syrah, jeweils getrennt vinifiziert und dann für 18 Monate in neue Barriques (französisch und US) geworfen. Natürlich noch sehr jung (obwohl ich älteren Mourvèdre-Weinen nicht gar so viel abgewinnen kann, sie entwickeln dann gerne Noten nach gebrannter Mandel, was ich überhaupt nicht in Rotwein mag), aber jetzt in der ersten Primärfruchtphase schon mal sehr angenehm zu trinken, sperriges Tannin steht da nicht im Weg. Kurz eine Nase genommen und man versteht, dass hier nicht mit dem eleganten Florett gefochten, sondern mit der fetten Streitaxt erbarmungslos auf die Rezeptoren eingedroschen wird.
Massen von tiefer dunkler Frucht, Schwarzkirsche, Heidelbeere, Pflaume, schwarze Maulbeere, etwas Cassis, Kokos, Vanille, Kaffee (aber eher von der ausgeprägt feinfruchtigen Sorte -> Jamaica Blue Mountain), Kardamom, Zimt, tolle lebendige Säure, anschmiegsames Tannin, kraftvoll wie ein Vintage Port, 15,5% Alkohol gehen auch in diese Richtung.
Das ist einer der seltenen Gelegenheiten, bei denen ich eine schwere, überfruchtige Klischee-Parker-Granate ohne große regionale Prägung mal besser finde als der Wine Advocate. Spanien-Korrespondent Luis Gutierrez (der mit Abstand kompetenteste Spanien-Verkoster, den der WA je hatte) gibt offen zu, dass das nicht sein Ding ist, und gibt deswegen "nur" 91 Punkte. Er findet den Wein zu vordergründig, zu heftig und damit unspanisch und unpatriotisch, ein eher austauschbarer Dampfhammer internationaler Prägung (er drückt das natürlich diplomatischer aus
). Natürlich hat er mit all dem völlig Recht, aber der Wein ist auch gleichzeitig … leider geil.