Was ist das mit dem Schwarz?

Und wenn jetzt noch das Schwarz in Roetzel fährt und dadurch eine Hand voll Ikonen auf den Dampfer hüpfen.... Was glaubst du wie harmonisch und super sich schwarz auf einmal kombinieren lässt (bei aller Unwahrscheinlichkeit das sowas passiert^^)
Das hat ja nichts mit Wahrscheinlichkeit zu tun. Roetzel oder Flusser haben ja kein eigenes "Regelwerk" erfunden, das jetzt wir Jünger nachbeten, sondern sie haben nur grob zusammengefasst, was unter erfahrenen Kleidungsinteressierten der letzten 100 Jahre sowieso klar war. Und natürlich ist Navy besser als Schwarz, weil es zur Hautfarbe eines Europäers (und zu anderen Kleidungsfarben) besser harmoniert. Das ist nicht nur eine Frage der Helligkeit, sondern überhaupt eines entsprechenden Farbeinschlags.

Deswegen würde ich Worte wie "Regelwerk" einfach streichen. Regeln sind nur als Orientierung für Leute gemacht, die sich nicht auskennen und denen auch der Lernaufwand zu hoch ist.

Nicht das es durch das teil-zitieren dann heißt "der Tittapå rät zu schwarz" ^^
Zu spät. :D Gegendarstellungen liest doch keiner mehr. :)
 
Und wenn jetzt noch das Schwarz in Roetzel fährt und dadurch eine Hand voll Ikonen auf den Dampfer hüpfen.... Was glaubst du wie harmonisch und super sich schwarz auf einmal kombinieren lässt (bei aller Unwahrscheinlichkeit das sowas passiert^^)

Das ist schon der Fall:
"Als angemessene Farben für den Anzug gelten traditionell Dunkelblau, dunkles bis ganz helles Grau und Schwarz. Der Anzug sollte auf jeden Fall in einem dieser Töne gehalten sein, wenn er bei der Ausübung geschäftlicher Tätigkeiten im Bereich Finanzen, Recht, Handel oder Politik getragen wird"

Roetzel, Der Gentleman (2004), S. 90.

Ich halte die "lieber navy als schwarz" Regel persönlich für sinnvoll (für Bleichgesichter wie mich sowieso), bilde mir aber nicht ein, dass selbst scheinbar rationale Begründungen wie Teint-Abstimmung mehr als (sub)kulturspezifische und daher begrenzt gültige Wahrnehmungen repräsentieren. Die Experten mögen mich korrigieren, aber der "kein schwarz" Diskurs kann IMO nicht bis weiter als auf die 30er Jahre zurückgehen und ist, wie man an Roetzel sieht, bis heute kein Konsens selbst unter Sartorialisten.
 
Zwei Aspekte

Meines Erachtens geraten zwei Aspekte immer wieder durcheinander.


Der erste Aspekt ist die Regelkonfomität im Sinne eines "sowas tut man nicht". Beispiel: Kartoffeln werden nicht mit dem Messer geschnitten - das tut man nicht, obwohl es für niemanden mehr relevant ist, seit die Klingen aus Edelstahl sind.

In diesem Sinn sind schwarze Anzüge, Sakkos und Hosen meines Erachtens heute unkritisch. In nahezu keinem Umfeld wird irgendwer schräge Blicke ernten, weil er schwarz trägt.

In diesen Kontext ist meines Erachtens auch das Zitat von Herrn Rötzel einzuordnen.


Der zweite Aspekt ist die Ästhetik. Naturgemäß ist Ästheik nicht überindividuell beurteilbar. Individuell aber sehr wohl und dann am besten relativ. Was ich sagen will: die meisten von uns werden beurteilen können, ob ihnen Kleidungsstück A oder Kleidungsstück B besser gefällt. Meine These hierzu ist, dass in diesem Sinn die meisten Menschen ein blaues oder ein anthrazitfarbenes Kleidungsstück einem ansonsten identischen schwarzen vorziehen werden, wenn es von einem Mitteleuropäer getragen wird.

Ich sehe die oben bereits verlinkte Umfrage als Beleg für diese These.


Rasta

(,der im übrigen vom Smoking über Anzug und Blazer bis zum Pullover einige schwarze Kleidungsstücke im Schrank hat, die er auch weiter trägt, obwohl er zwischenzeitlich verstanden hat, dass schwarz ästhetisch für ihn nicht optimal ist.)
 
Der zweite Aspekt ist die Ästhetik. Naturgemäß ist Ästheik nicht überindividuell beurteilbar.

Zeitgeist.
'Auch Sachen, die nicht gut aussehen, sehen gut aus, wenn man nur will.'
'Tolerant sein.'
'Auch mal was gut finden, was man nicht gut findet.'
'Guck mal, die bei Jack Wolfskin haben doch wirklich tolle Sachen jetzt im Angebot.'

Ich sehe das anders. Wenn etwas schlecht aussieht, dann hilft auch keine Toleranz. Der Schmerz ist zu groß. Wenn wir schlechten Dingen wieder die verdiente Ablehnung entgegen brächten, würden die schlechten Dinge vielleicht weniger werden. Das wäre gut für alle. Ich bin bekennend intolerant. Schlechtes wird abgelehnt. Nieder mit den nichtssagenden, schwarzen Durchschnitts-Büromensch-Anzügen!*


*Und mit modischen Kurzarmhemden.
 
Bist du dir da wirklich sicher ;) ?
Wenn man durch die Stadt geht könnte man sich die Frage stellen warum dann so viele gegen besseres Wissen handeln :p ;)

Wobei ich heute wahrscheinlich von der Mehrheit geteert und gefedert werden würde mit meiner schwarzen Jeans, den schwarzblauen Shadows und meinen schwarzen Cordovan Wingtips unter dem hellblauen Hemd :p

Und wenn das Hemd jetzt noch von Olymp ist, dann jagen wir dich sogar noch, wenn du Stadtgrenze überschritten hast und erklären dich für vogelfrei. Und jetzt umziehen oder das fluchtartige Rennen erlernen. :p:D
Der Exorzist (Beethoven) ist informiert, alternativ bei Pater Lucius die Beichte ablegen. :)
 
Die Experten mögen mich korrigieren, aber der "kein schwarz" Diskurs kann IMO nicht bis weiter als auf die 30er Jahre zurückgehen und ist, wie man an Roetzel sieht, bis heute kein Konsens selbst unter Sartorialisten.
Ohne Experte zu sein habe ich das gleiche Gefühl, allerdings kommen wir da dann auch in Zeiten zurück, in denen ästhetische Erwägungen zugunsten von Klassen separierenden Symbolen zurückgestellt wurden. Davon haben wir uns heute - hoffentlich - endgültig verabschiedet.

Die Beliebtheit von Schwarz als Anzugfarbe hat meiner Meinung nach einen einfachen Hintergrund. Die allermeisten Menschen, insbesondere die jüngeren, assoziieren seit den 68er Zeiten sartoriale Kleidung mit Reaktionären und (langweiligen) Konservativen, mit anderen Worten die Opa-Generation. Ich glaube, dass wenig für einen unter 30-jährigen weniger sexy ist als sich zu fühlen wie der eigene Opa. :) Und da haben coole Medienikonen seit den vielzitierten Blues-Brüdern und Lagerraum-Hunden Abhilfe geschaffen, in dem sie in Form des schwarzen Anzugs sartoriale Kleidung für den genannten Personenkreis wieder tragbar gemacht haben.

Dann wurden diese Leute älter und mangels Interesse ist das dann ihr ganzes sartoriales Wissen für alle Lebenssituationen geblieben, das dazu noch mit der obigen Assoziation belastet ist. Dagegen kann man nicht argumentieren.
 
Vieles von dem was hier in WtIh gezeigt wird sieht nunmal nicht aus wie Kleidung für u40. Eher für ü50. So etwas wie Tweed oder Flanell als Stoff oder Glencheck und PoW als Muster. Klar gibt es ausnahmen aber die sind doch eher selten.
Ich habe oben festgestellt, dass man dagegen nicht argumentieren kann, und deshalb versuch' ich es auch gar nicht. :) Naja, nur den offensichtlichen Einwurf kann ich bringen: Suitsupply sieht sich selbst als Anzuglieferant für die U-35, die werden ihre Klientel ja analysiert haben. Und die Kollektionen sind voll mit Tweed, Flanell, Glencheck. :) Und die Gegenfrage: Was sieht denn aus wie u40? Jeans, Polo, ordentliche Schuhe? ;)

Der Anzug hat für mich keine Altersklasse. Ich verbinde das regelmäßige Tragen mit entsprechendem Genuss nur mit jemandem, der ein Interesse an hochwertiger Kleidung entwickelt hat, nicht mehr.

Ich erinnere mich an die Nacht als ich die Blues Brothers das erste Mal im Kino sah, da war ich 15 und völlig unerlaubt in der langen Kinonacht von 11 bis 5. Der Film lief als letztes und es war ein richtiges Erlebnis. Das dieser Film aber jemanden dazu animiert hat Anzüge zu tragen (gleich ob schwarz oder andersfarbig) halte ich für ein Gerücht ;)
Tarantino Filme haben Kultstatus (yup ich bin auch ein Fan von ihm) aber auch hier wage ich zu bezweifeln das da jemand los ist und gesagt hat boah sind die cool ich will nen schwarzen Anzug.
Nein, das sage ich ja auch nicht. Aber wenn denen einer sagt, für die und die Situation musst Du einen Anzug tragen, dann denken viele automatisch an ein solches Popstar-Bühnen- oder Gangsteroutfit, wie sie es aus den Medien kennen. Den WTIH-Thread würde diese Gruppe gar nicht in Erwägung ziehen und zwar nicht aus ästhetischen Überlegungen, sondern nur wegen des von ihnen damit verbundenen negativen Images.
 
Finde ein dunkles Blau auch schöner als Schwarz, aber: kann mir jemand kurz erklären, wie das mit diesem "dem durchschnittlichen Mitteleuropäer stehet schwarz/ weiss nicht, weil er zu blass ist" genau zu verstehen ist?" Verstehe nicht, warum ihn das blass machen sollte.
 
Also ich denke, heutige Ü-20/30er, sofern man das nicht sowieso nach Millieus sehr stark differenzieren muß, sind tendenziell eher von ihren Müsli-eltern (auch hoffnungslos pauschalisierend...) geschädigt und das Interesse an klassischem Stil wächst doch immer noch - auch wenn das in weiten Teilen nur ein Modetrend sein mag. Hipster tragen doch gerne Tweed und seit Nigel Cabourn und Topman wird Neo-Klassik doch in allen Preisklassen angeboten. Herr Roetzel tritt demnächst sogar an der Uni Frankfurt im Rahmen eines "young career" blabla Tages auf, um "Stil uff maloche" zu predigen :).
Aber schon richtig, wem der Anzug nur als white-collar-Arbeitskleidung dient, den erreicht man mit Stildiskursen eh' nicht.
 
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