unfixierte Einlage

Das Wesentliche steht bereits in diesen Zitaten:

(...) Es gibt beides in sehr gut und beides in sehr schlecht.

(...) Möglicherweise ist die allerbeste Verarbeitung eine mit unfixierten Einlagen, von jemandem, der das wirklich kann

Eine gute fixierte Einlage habe ich nicht kennengelernt. Ich kann mir aber sehr wohl vorstellen, dass es so etwas gibt. Selber habe ich eben noch keine Erfahrung mit einem Schneider, der fixierte Einlagen verwendet und diese gut herstellen kann. Ich habe diese Verarbeitung nur bei Maßkonfektion und (auch bei preislich gehobener) RTW-Ware kennengelernt. Und was ich davon kenne, mag ich nicht mehr tragen. Es ist mir einfach zu „steif“ und vermittelt mir nicht das Tragegefühl, das ich schätze.

Ich habe bei Maßkonfektionären früher auch erlebt, dass die beworbene, unfixierte Einlage dem Kunden wieder ausgeredet wird. Ich gebe aber zu, dass ich damals nach unfixierten Einlagen gefragt habe, ohne eine wirkliche Vorstellung davon zu haben. Die großen Maßkonfektionäre bevorzugen eindeutig die fixierte Verarbeitung. Das mag bei den teureren "Top-Line"- Produkten selbiger Hersteller anders sein. Aber bei den Standard- oder Grundmodellen will man sich Ärger (Reklamationen) ersparen. Die fixierte Einlage bietet weniger Risikopotential, und zudem sind den meisten Kunden diese Details mehr oder weniger unbekannt oder unwichtig. Es wird auch mehr Beratungsenergie auf farbig gearbeitete Knopflöcher und peppige Innenfutter verwendet als auf Details der Konstruktion.

Wenn die unfixierte Verarbeitung eine persönliche Vorliebe oder Priorität ist (das findet man nur über Probieren, Selbstversuche heraus), würde ich nicht cove empfehlen, sondern einen Hersteller, der diese Verarbeitung nicht nur bewirbt, sondern bei (fast) all seinen Stücken auch ausführt.

Das kann dann bedeuten, dass der einzelne Anzug teuer wird. Aber diese Abwägung trifft jeder für sich. Bei begrenzten Ressourcen sind Kompromisse unvermeidbar. Entweder weniger Anzüge (oder langsamerer Aufbau der Garderobe) oder Abstriche bei der Ausführung.
Je nach eigenen Vorlieben kann man aber so oder so zufrieden sein.
 
Der wesentliche Unterschied der losen Einlage zur fixierten Einlage ist die Formbarkeit des Sakkos. Der Oberstoff wird auf Spannung über die lose Einlage geheftet. Dabei können Körperbetonungen auf die Brust und die Taille erzeugt werden. Diese Spannung kann nicht erzeugt werden, wenn eine Fixierung mit dem Oberstoff "verschmilzt". Ganz davon abgesehen, wird durch das Kleben das Leben aus dem Stoff genommen. Abfällig reden einige Schneider dabei von "Brettern". Zudem ist die lose Einlage aus Rosshaar und damit sprungelastisch. D.h., daß auch bei starker Verformung das Sakko wieder in seine Ursprungsform zurückspringt. Die Art der Einlage von der Schwere des Stoffes abhängig zu machen, ist ein Gedankengang, den ich nicht nachvollziehen kann. Denn jeder Stoff kann körperbetont geschnitten werden und somit auch durch eine lose Einlage betont werden.
Zudem kommen noch die bereits genannten Argumente: Fall des Stoffes, Anrollen des Revers, Luftigkeit des Sakkos,......
Einen schönen Abend aus Hamburg!
 
Der wesentliche Unterschied der losen Einlage zur fixierten Einlage ist die Formbarkeit des Sakkos. Der Oberstoff wird auf Spannung über die lose Einlage geheftet. Dabei können Körperbetonungen auf die Brust und die Taille erzeugt werden. Diese Spannung kann nicht erzeugt werden, wenn eine Fixierung mit dem Oberstoff "verschmilzt". Ganz davon abgesehen, wird durch das Kleben das Leben aus dem Stoff genommen. Abfällig reden einige Schneider dabei von "Brettern". Zudem ist die lose Einlage aus Rosshaar und damit sprungelastisch. D.h., daß auch bei starker Verformung das Sakko wieder in seine Ursprungsform zurückspringt. Die Art der Einlage von der Schwere des Stoffes abhängig zu machen, ist ein Gedankengang, den ich nicht nachvollziehen kann. Denn jeder Stoff kann körperbetont geschnitten werden und somit auch durch eine lose Einlage betont werden.
Zudem kommen noch die bereits genannten Argumente: Fall des Stoffes, Anrollen des Revers, Luftigkeit des Sakkos,......
Einen schönen Abend aus Hamburg!
All das unter der Voraussetzung, dass der ausführende betrieb lose Einlagen gut verarbeiten kann – davon würde ich aber nicht ohne weiteres ausgehen, zumal es sich nur um eine Aufpreisoption handelt. Schlecht gemachte lose Einlagen sehen leider einfach...schlecht gemacht aus.

Bitte nicht falsch verstehen: Ich plädiere nicht für eine fixierte Verarbeitung, sondern für eine differenzierte Betrachtungsweise.
 
Wie in den meisten (?) Fällen lässt es sich viel darüber philosophieren und studieren, doch am allerbesten ist und bleibt es zu probieren :)
 
Ich denke, da werden mehrere Punkte vermischt. Im Vergleich fixiert/pikiert ist der Gedanke der gut oder schlecht gemachten Pikierung doch grundsätzlich eine unnötig verwirrende Variable.

Wenn ich eine mangelhafte Leistung erhalte, so ist das ein Reklamationsgrund. Aber doch keine Grundvoraussetzung.

Genauso kann ich mich ja auch gegen den Maßschuh entscheiden, weil der Schuhmacher ja pfuschen könnte. Oder Straßenbahn fahren, weil der anvisierte BMW ja ein Montagsauto sein könnte.

In der konkreten Betrachtung "Pikierung beim Maßkonfektionär, konkret bei Cove" mag die Sache wieder anders aussehen. (Von Cove hatte ich persönlich noch nichts in der Hand).
Caruso oder Regent sind doch auch im Wesentlichen MTM-Konfektionäre, hier kann die Pikierung doch genauso mangelhaft sein.

Interessant wäre zudem ein Vergleich zwischen maschineller und händischer Pikierung.

Sorry, aber Florians Plädoyer lautet doch ganz unmißverständlich: Lieber den gut gemachten Konfektionsschuh als den verhunzten Maßschuh.

Nix für ungut
Armin
 
Ich denke, da werden mehrere Punkte vermischt. Im Vergleich fixiert/pikiert ist der Gedanke der gut oder schlecht gemachten Pikierung doch grundsätzlich eine unnötig verwirrende Variable.

Wenn ich eine mangelhafte Leistung erhalte, so ist das ein Reklamationsgrund. Aber doch keine Grundvoraussetzung.

Genauso kann ich mich ja auch gegen den Maßschuh entscheiden, weil der Schuhmacher ja pfuschen könnte. Oder Straßenbahn fahren, weil der anvisierte BMW ja ein Montagsauto sein könnte.
Nein, aber ich könnte mich gegen einen Maßschuh von jemandem entscheiden, der – analog zur Frage der Fixierung im Hinblick auf Stoffgewichte – Sätze sagt wie: "Zu einem Maßleisten würde ich Ihnen nur bei Kalbslederschuhen raten, welche aus Rindsleder kann man aber problemlos über einer Größe 42B machen." Oder mich gegen ein Auto entscheiden, weil ich mir zwar einen 6er BMW wünsche, mir aber nur einen Ford Mondeo leisten kann, auch wenn es für den sicher ganz tolle Bodykits gibt, die ihn meinem Traumauto ähnlich sehen ließen.

Wie man ja beispielsweise an Deinem Postulat, eine fixierte Einlage sei grundsätzlich fest und unflexibel, sieht, muss man eben unbedingt zwischen "gut gemacht" und "schlecht gemacht" unterschieden. So eine Aussage ist nämlich genauso unhaltbar wie das häufig bemühte: "Unfixierte Einlagen lassen das Sakko wellig und knittrig aussehen". In beiden Fällen liegt das Problem nicht in der Verarbeitungsmethode, sondern in der schlechten Ausführung derselben.

Caruso oder Regent sind doch auch im Wesentlichen MTM-Konfektionäre, hier kann die Pikierung doch genauso mangelhaft sein.
Beides sind Betriebe, die eine lose Verarbeitung standardmäßig anbieten, Regent macht sogar nichts anderes. Es geht mir übrigens nicht um die Pikierung an sich (wobei die viel ausmacht), sondern grundsätzlich um lose oder fixierte Einlagen. Auch bei fixierten Sakkofronten können Teile pikiert sein.

Interessant wäre zudem ein Vergleich zwischen maschineller und händischer Pikierung.
Hier kommt es auf die Stelle, die pikiert werden soll, und auf den Schneider, den man dazu befragt, an. Weitgehend unstrittig ist zum Beispiel, dass eine händische Pikierung am Sakkokragen einer maschinellen weder über-, noch unterlegen ist. Beim Revers oder der Brust (wieder: sofern die Arbeit die gleiche Qualität aufweist) scheiden sich die Geister – von der Weste gar nicht erst zu sprechen.

Sorry, aber Florians Plädoyer lautet doch ganz unmißverständlich: Lieber den gut gemachten Konfektionsschuh als den verhunzten Maßschuh.

Nix für ungut
Armin
Ja, weil man ja schlecht bei jedem schrägen Passantenblick sagen kann: "Ist aber angefertigt!"

Das würde dann in der Essenz bedeuten, dass Cove mit größter Warscheinlichkeit unfähig ist, eine zufriedenstellende pikierte Einlage zu liefern. Richtig?
Nein, nur, dass ich im allgemeinen (und unabhängig von Cove) besagten Versuch nach einer Auskunft wie beschrieben ziemlich sicher nicht machen würde.
 
Ich muss mal eine Lanze für Cove brechen.
Cove ist ein sehr erfolgreicher MTM-Anbieter der für deutsche Verhältnisse auf sehr hohem Niveau
arbeitet.
Meines Wissens nach bildet Cover die meisten Herren(Maß?)Schneider in Deutschland aus.
Die Schnittmuster wurden in den letzen Jahren verbessert und derzeit wird nach einem Vertragspartner in Italien gesucht der auf Brioni Niveau arbeitet.

In den meisten Cove Ateliers arbeiten sehr Junge attraktiv aussehende Damen als Verkäuferinnen, welche eher wenig Ahnung von der Materie haben.
In erster Linie sind diese Damen zum Verkaufen der Extras wie bunter Knopflöcher da;-)

Ich habe bei verschiedenen Cove Ateliers angerufen, um mich nach den Einlagen zu erkundigen und die hier Diskutierte Antwort erhalten.
Ob ich mit einem Schneider/in, Filialleiter/in oder Verkäufer/in gesprochen habe kann ich leider nicht sagen.

MTM ist immer nur so gut, wie der Schneider der einen vermisst.
Sollte man hier Glück haben und mit einem hochwertigen MTM-Anbieter (Cove zähle ich dazu) und guten Vermesser zu tun haben, sollte das Ergebnis mMn mehr als zufriedenstellen werden.

Ich finde es schon fast lachhaft, wie hier immer auf Anbieter verwiesen wird die bei 2000,- anfangen.
Bei diesen Herstellern handelt es sich um das Beste was man auf der Welt finden kann.
Das ist doppelt so teuer wie ein Anzug von Cove. Sieht der dann auch doppelt so gut aus?
Ich glaube hierzu gehört mehr als ein paar von Hand ausgeführte Arbeitsschritte.
Wer nicht selber schon alle Kontinente dieser Welt mit eigenen Augen gesehen hat, sollte mal überlegen ob es wirklich wichtig ist ein solches Kleidungsstück zu besitzen.

Ich habe bereits zwei mal mit einem Bespoken Projekt mein Geld verpulvert.
Zwei Anzüge habe ich mir in Equador machen lassen und wie sicher einige wissen einen bei meinem Änderungsschneider hier in Deutschland. Die Ergebnisse waren katastrophal.
Es gibt Weltweit sicherlich mehr Bespoken Anbieter, bei denen das Ergebnis deutlich schlechter ausfällt als das vieler guter MTM-Anbieter.

In letzter Zeit hört man immer wieder, das man besser gute Konfektion kaufen soll als MTM.
Als Student habe ich mir mal bei Cove für 500,- einen Anzug machen lassen,
das Teil saß besser als alles was ich zB von RL oder Caruso angehabt habe.

Ich habe mich vor Ort mit dem Personal von Cove in Essen, Dormund, Düsseldorf und Köln unterhalten.
Nach den Gesprächen und etwas Recherche im Internet bin ich bei Herrn Pokotzig in Köln gelandet.
Herr Pokotzig mach das Vollmaß für Cove im Rheinland und das Ruhrgebiet.
Herr Pokotzig ist ein leidenschaftlicher Schneider, mit dem es Spaß macht sich über die Materie zu unterhalten.
Ich habe Herrn Pokotzig Fotos gezeigt und mich mehrmals mit ihm unterhalten um zu beschreiben was für eine Art von Anzug mir vorschwebt
Da ich ein leichte Verarbeitung bevorzuge, mit fast keinen Einlagen und einer eingeschobenen natürlichen Schulter, 3 Roll 2 etc. riet er mit zur unfixierten Einlage.
Ich bin auf das Ergebnis gespannt.....

Das war jetzt ein wenig off Topic, aber mir gefällt es nicht wie hier immer nur das teuerste als das Maß aller Dinge verkauft wird.
Wie Florian schon geschrieben hat, gibt es im Prinzip keine richtig oder falsch. Das Ergebnis muss gut aussehen.
Wer keinen Style hat wird auch in einem Savile Row Anzug keine gute Figur machen.
Unfixierte Einlage hin oder her.
 
MTM ist immer nur so gut, wie der Schneider der einen vermisst.
Ich finde, das ist bei weitem nicht die einzige Variable. Zunächst mal muss die angebotene Grundschnittform zu den eigenen Vorstellungen und körperlichen Gegebenheiten passen. Und dann muss das Programm genügend Änderungsmöglichkeiten erlauben, damit das Aufmaß des Schneiders auch in die Anzugproduktion geeignet abgebildet werden kann. Das ist nicht mit 10 Messpunkten getan. Weiterhin sollte die Verarbeitung stimmen (Musterübereinstimmung an den Jacketttaschen, evtl. Sichelnähte, Hornknöpfe, ordentliche Futterstoffe usw. usf.). Und zum Schluss sollte das Ergebnis auch ohne Abweichungen in der Zukunft reproduzierbar sein, das ist dann eine Anforderung an eine konsistente Fertigung.

In letzter Zeit hört man immer wieder, das man besser gute Konfektion kaufen soll als MTM.
Ich habe das so bewusst nicht gehört. Und ich bin auch nicht (mehr) dieser Meinung. Allenfalls sollte man besser gute Konfektion kaufen als schlechtes MTM. Und besser gutes MTM als schlechte Vollmaßarbeit.

Das war jetzt ein wenig off Topic, aber mir gefällt es nicht wie hier immer nur das teuerste als das Maß aller Dinge verkauft wird.
Naja, es gibt nun schon gewisse Standards, die ihre Berechtigung haben. Dazu zähle ich auch (aus leidvoller eigener Einfachkonfektionserfahrung aus jüngeren Jahren wie sicher viele andere hier) den Schritt von der verklebten zur losen Innenverarbeitung mi entsprechenden Leinwandeinlagen. Das hat mit dem Preis nicht immer etwas zu tun. Ich bin z.B. mit meinen Suitsupply MTM Erfahrungen zufrieden und ich bin mir ziemlich sicher, dass das (bei sehr hochwertiger Stoffauswahl) preisgünstiger war als bei Cove. Und auch das MTM des recht renommierten Hauses Caruso ist bei Maßtagen sicher in der gleichen Preislage wie Cove zu finden (und ihre stilistische Auswahl mit 3 roll 2 ist ja dort fast schon eine Schlüsselqualifikation).

Ich weiß nicht, wie gut Cove ist, ich habe mit der Firma noch keine Erfahrungen (außer der Ansicht der hübsch gemachten Shops). Mir missfällt ein bisschen die lange Aufpreisliste für nette, aber nicht unbedingt notwendige Details, die z.B. bei Suitsupply größtenteils inklusive sind. Aber ich bin auf jedes Ergebnis sehr gespannt.
 
Zurück
Oben