Das Problem ist nicht der Teenie, das Problem ist die gesamte moderne Industriegesellschaft, die alles, aber auch alles nur noch konsumiert und nichts mehr erhält. Ein Computer ist nach zwei Jahren technisch durch, nach spätestens 10 Jahren passen die Anschlüsse nicht mehr. Aus dem Grunde kann ich den Speicherchip meiner Kamera nicht mehr lesen, ergo ist sie müllreif. Autos, Möbel - alles, was früher Bestand hatte, wird heute für wenige Jahre angeschafft und danach auf dem Altar des Fortschritts und der Mode geopfert. Wer weniger Geld hat konsumiert billiger, wer mehr Geld hat, konsumiert teurer. Verbunden sind alle durch die Zwänge der Wegwerfgesellschaft.
Für alle elektronischen Spielzeuge wie iPhone, iPad, Digitalkameras & Co. gilt das auf jeden Fall in gleicher Weise wie bei H&M & Co. Bei Möbeln ist die Tendenz die gleiche, wobei es aber nach wie vor hohe Qualitäten für die Ewigkeit gibt. Bei Autos gibt es eine gegenläufige Tendenz, das Durchschnittsalter der Autos in Deutschland ist um Jahre höher geworden und die Autos halten bei vergleichbarer Belastung auch länger.
Das Problem ist halt, dass die Wegwerfgesellschaft der bequeme Default-Modus ist. Für alles andere muss man sich anstrengen und irgendwie gegen den Strom schwimmen. Es gibt acht Jahre alte Handys, die bei täglichem Betrieb nach wie vor zuverlässig funktionieren. Ich nutze selbst eins, weil ich trotz Drängen meiner Firma nicht einsehe, warum ich mit meinem Mobiltelefon ins Internet gehen und Fotos machen kann, obwohl ich immer mit Notebook unterwegs bin. Vieles in der modernen Unterhaltungselektronik, wozu ich auch die Smartphones zähle, gibt einen Lebensstil vor, der irgendwie lustig sein kann, den man aber auch nicht wirklich braucht, weil er das Leben nicht substanziell verbessert.
Und das ist bei Bekleidung eine ähnliche Gemengelage. Manchen mag es Spaß machen, sich einzureden, dass man eine große und wöchentlich wachsende Auswahl von Müllbekleidung braucht, weil man auch den häufigen Kick des Kauferlebnisses und das Gefühl der Veränderung im kleinen schätzt. Und die sind die Ursache des Problems. Die Handelsunternehmen machen den häufigen Kollektionswechsel ja nicht aus eigenem Antrieb, sondern weil sie begriffen haben, dass eine Klientel, die nicht mal die einfachsten Maßstäbe von naturgemäß erklärungsbedürftiger Qualität begreift, gerade hierzulande mit großen Mengen einfacher Billigstmode höhere Umsätze generiert. Das mag in Deutschland auch tiefere kulturelle Ursachen in einer latent antihedonistischen Sichtweise nach Calvin bei Produkten haben, die man der eigenen Eitelkeit wegen kauft (kleine Preise -> kleine Sünde
) als z.B. in mediterranen Ländern.
Ich denke, dass wir dahin kommen müssen, Nachhaltigkeit als einen von vielen Qualitätsbegriffen zu etablieren, die zusammen eine individuelle Verbesserung des Lebens bewirken. Bisher wird Nachhaltigkeit nur als ein weiteres Askesekonzept vermarktet, auf dass wir unserem Planeten oder irgendwelchen Menschen in fernen Ländern nicht schaden. Das halte ich sachlich für zu kurz gegriffen und für das Individuum grundsätzlich zu unattraktiv, um dafür ein Bewusstsein zu entwickeln. Vermarktung funktioniert nur, wenn man mit konkreten Vorteilen für den Adressaten arbeiten kann und nicht mit der Vermeidung von abstrakten Nachteilen, die ihn selbst nicht betreffen. Und ich denke, dass das bei hochwertigerer Bekleidung von den Produkteigenschaften her grundsätzlich möglich ist.