Tipps zu klassischer Musik gesucht

Dass Wagner schwer oder ähnliches sei - wie man leider oft hört - halte ich für totalen Quatsch, diesen wichtigsten aller Opernkomponisten muss man zumindest einmal ausprobiert haben.

Die Diskussion über "schwere" oder "leichtere" Segmente klassischer Musik ist meines Erachtens müßig. Ich wüsste nicht, was -außer der technischen Herausforderung der Aufführung- ein Musikstück "schwerer" macht als ein anderes.

Wenn des die Raffinesse und Komplexität der Komposition wäre, würde Mozart, der von vielen Laien als gut zugänglich erachtet wird, ganz oben auf der Skala "schwerer" Komponisten landen. Dagegen würde Wagner mit den aus dem endlosen Fluss seiner Kompositionen herausragenden und repetierten Leitmotiven als eher "leicht" gelten, auch wenn viele Zeitgenossen keinen Zugang zu ihm finden. Ähnlich müssten Symphonien oder Sonaten -streng nach Sonatenhauptsatzform geschrieben- deutlich "schwerer" sein als bestimmte Kirchenmusik, die einfach dem Text folgt, und so weiter...

Letztendlich ist der Musikgeschmack höchst subjektiv. Den einen treibt es aus Sehnsucht nach transzendentaler Erfahrung zu den Sakralwerken des Frühbarock, der andere liebt die Gefühlsdichte in Belcanto-Opern, und dem dritten gehen bei den heroischen Klängen spätromantischer Heldenopern das Herz über.
"Leicht" oder "schwer" ist höchstens der nach individuellem Musikgeschmack unterschiedliche Zugang zu bestimmten Werken, keinesfalls aber ein objektives Maß für Ausarbeitung oder gar Qualität eines Musikwerks.
 
Grundsätzlich volle Zustimmung. Ich möchte natürlich niemandem die Freude an Barockmusik verleiden; ob einem das gefällt bleibe jedem selbst überlassen.

Allerdings geht es hier doch um die Frage, mit welcher klassischen Musik man einsteigen sollte. Und dafür halte ich Barockmusik - völlig unabhängig von meinem persönlichen Geschmack - für ungeeignet. Sie schreiben ja selbst, dass es nichts für den Massengeschmack ist sondern eine gewisse Verfeinerung der Sinne benötigt. Als Anfänger dürfte es an dieser Verfeinerung aber gerade fehlen.

Aus diesem Grund würde ich auch von Kammermusik (Streichquartette u.ä.) abraten. Das ist sicherlich eine hochinteressante und spannende Kunstform, aber für jemanden, der nichts zu schweres sondern eher etwas eingängiges möchte halte ich sie für ungeeignet.

Um es allerdings zu vervollständigen ein paar wichtige Opern :
- Don Giovanni
- Zauberflöte
- La Traviata
- Il Trittico
- Tannhäuser
- Der fliegende Holländer
- Die Meistersinger von Nürnberg

Als Einstieg würde ich an sich von Opern ähnlich abraten wie von obigem - aber nach ein paar Sinfonien sollte das dann doch bald kommen. Dass Wagner schwer oder ähnliches sei - wie man leider oft hört - halte ich für totalen Quatsch, diesen wichtigsten aller Opernkomponisten muss man zumindest einmal ausprobiert haben.

Lieber HansCastorp,

es freut mich, daß Sie meine etwas launige Antwort auf Ihr "schärfstens abraten" nicht als Attacke mißverstanden haben.

Selbstverständlich ist Barockmusik nicht notwendig, und schon gar nicht einzig und allein als Verfeinerung anzusehen. Ich halte es nur für durchaus anzuraten, doch auch als Klassik-Einsteiger einmal Musikstile abseits von "Mozart bis Wagner" zu erkunden - manchem wird dann recht bald Gesualdo näherliegen als Mozart, einem anderen Honegger. Um die Parallele zum Stilforum zu ziehen: Selbstverständlich halte ich einen einfachen dunklen Anzug für den wohl unverzichtbarsten Grundbestandteil einer aufzubauenden Garderobe, würde deswegen aber einem Neuforanten keinesfalls "schärfstens abraten", sich als erstes Kleidungsstück einen dreiteiligen Tweedanzug zuzulegen - why not, he might like it!

Als gezielte Povokation :p hier noch meine Konkurrenz-Opernempfehlungen:
  • Claudio Monteverdi: L'Orfeo - Ensembe Elyma
  • Reinhard Keiser: Croesus - Akademie für Alte Musik Berlin
  • G.F. Händel: Giulio Cesare - Les Musiciens du Louvre
Und zum Schluß eine kleine Hörprobe - Herr Gerads suchte doch "upbeat" Gedudel:

http://www.youtube.com/watch?v=BCOWWJflgy8
 
es freut mich, daß Sie meine etwas launige Antwort auf Ihr "schärfstens abraten" nicht als Attacke mißverstanden haben.

Da wäre ich nicht im Traum drauf gekommen... mein erster Beitrag war in seinem flapsigen Ton ja auch etwas missverständlich formuliert.
Jedenfalls ist es durchaus sinnvoll, eine komplette Liste zu erstellen, dann kann sich jeder Neuling selbst aussuchen, wozu er einen besseren Zugang findet.

Allen die bislang noch keinen Zugang zu Barock gefunden haben kann ich die DVD der Krönung der Poppea unter Hanoncourt ans Herz legen. Das ist eine echt tolle Produktion. (Ich habe es sogar geschafft, mir den ersten Aufzug komplett anzuschauen.:)
 
Um nochmal die bisher beste Empfehlung zu wiederholen: Holsts Planeten-Suite!

Ist relativ nah an moderner Filmmusik, daher als Einstieg wirklich gut. Wenn man zeitgenössische Popmusik (im weitesten Sinn) gewöhnt ist, braucht es schon ein wenig, bis man sich an den sound gewöhnt hat.

In der Planeten-Suite gibt's mehrere kurze Stücke zu einem bestimmten Thema, das ist recht leicht verdaulich.
 
Also, es ist ja schon sehr viel geschrieben worden...Ich denke, dass sich keine so allgemeingültigen Empfehlungen geben lassen können(fang erst mit Früh-Barock/romantischen Opern etc. an), da das Kennlernen bzw. Gewöhnen bei jedem Mensch einfach anders ist. Als ich mit so ungefähr 12 Jahren angefangen haben viel Klassik zu hören, habe ich erst mit großen Sinfonien und Opern angefangen, vielleicht lag das auch daran, dass man sich als junger Mensch eher von viel Dramatik, Emotionalität, großen Orchstern etc. begeistern lässt als als Älterer. Jedenfalls haben ich dann ziemlich schnell angefangen von Monteverdi bis Schostakowitsch so ziemlich alles zu hören(und nebernher auch viel Zeitgenössisches) aber wenn man noch so jung ist, von der frühen Kindheit an an Klassik gewöhnt ist und selbst ein Instrument spielt, fällt einem das sicher auch leichter als später.

Ich würde raten einfach mal einen Monat lang querbeet mal dies, mal das zu hören und dann zu sehen wo denn so die Präferenzen liegen...und vorallem auch gleiche Stücke mehrmals hören und nicht nur einmal, das fand ich immer sehr entscheidend.
 
Also, es ist ja schon sehr viel geschrieben worden...Ich denke, dass sich keine so allgemeingültigen Empfehlungen geben lassen können(fang erst mit Früh-Barock/romantischen Opern etc. an), da das Kennlernen bzw. Gewöhnen bei jedem Mensch einfach anders ist. Als ich mit so ungefähr 12 Jahren angefangen haben viel Klassik zu hören, habe ich erst mit großen Sinfonien und Opern angefangen, vielleicht lag das auch daran, dass man sich als junger Mensch eher von viel Dramatik, Emotionalität, großen Orchstern etc. begeistern lässt als als Älterer. Jedenfalls haben ich dann ziemlich schnell angefangen von Monteverdi bis Schostakowitsch so ziemlich alles zu hören(und nebernher auch viel Zeitgenössisches) aber wenn man noch so jung ist, von der frühen Kindheit an an Klassik gewöhnt ist und selbst ein Instrument spielt, fällt einem das sicher auch leichter als später.

Ich würde raten einfach mal einen Monat lang querbeet mal dies, mal das zu hören und dann zu sehen wo denn so die Präferenzen liegen...und vorallem auch gleiche Stücke mehrmals hören und nicht nur einmal, das fand ich immer sehr entscheidend.


Das halte ich für einen tollen Vorschlag.
Ich nehme ja an, dass Sie einige Zeit am Tag / am Abend vor Ihrem Rechner verbringen. Da können Sie bestimmt eine Menge klassischer Sender "durchprobieren" (WDR3, NDR-klassik, MDR-Figaro, Deutschlandfunk Kultur, Hilversum 4, Radio Klara (Belgien - flämisch), rtbf musique (Belgien - wallonisch) - könnte auch musique 3 heissen o.ä., france musique, br-klassik usw usw.. Gestresste-Manager-Zuckerwatten wie Klassik Radio halte ich für weniger geeignet. Einfach weiter-"zappen", bis Sie was hören, was Sie reizt. Und da dann solange bleiben, wie es Sie interessiert.

Im Zug sind die Bedingungen für den klassischen Hörgenuss nicht so optimal, wegen der Hintergrund-Geräuschkulisse, die aus leisen Passagen einfach "nichts" macht...

Und auch: man sollte schon ordentliche Lautsprecher/Kopfhörer am PC haben - sonst wird das gar nichts. Internetradio an einer ordentlichen Anlage tut's schon eher...

Zuletzt: mindestens genauso wichtig wie die Stilrichtung, das Werk, der Komponist ist die Aufführungspraxis. Kaum etwas hat sich in den letzten 30 bis 40 Jahren so sehr geändert - zum Guten! - wie diese. Daher freut es mich, hier auch solche Tipps wie "Akademie für Alte Musik Berlin" oder Harnoncourt zu lesen. Die sind spitze! Anderes Beispiel: der Bolero von Ravel. In den meisten Aufnahmen ein plumpes Lärmstück; in einer Aufnahme wie der von Anima Eterna ein Meisterstück von klar gezeichneter, filigraner Klangkunst.

On a personal note: Robert Fuchs, Österreichischer Komponist, Brahms nicht unähnlich, aber halt ein Fuchs. Ein leuchtendes Fuchs-Beispiel. ;)

Sie sind dran :)
 
Zwischenstand: Best of Tschaikowsky angeschafft, aber bei der Geräuchentwicklung im Zug hatte ich teilweise das Gefühl die Musik liefe nicht - einfach zu viel Umgebungsgeräusche, sehr schade!
 
Oben