Dass man sich dafür rechtfertigen muss, wenn man gut gekleidet ist, einen Anzug trägt obwohl man nicht muss, hat meiner Meinung nach einen anderen Grund.
In einem Umfeld, dass Jeans und t-shirt trägt fällt man eben auf und bekommt den Stempel "der ist was besseres" aufgedrückt. Man wird teilweise sogar verächtlich gemustert. Man grenzt sich scheinbar von der Mehrheit hab.
Das ist der gleiche Grund wie hier...
Eigentlich sollte man ja glauben, dass die Leute anderes zu tun hätten als die Kleidung ihrer Kollegen zu bewerten und zu kommentieren. Aber es passiert, weil sich seriously underdressed people
ihres Bekleidungszustandes i.d.R. sehr bewusst sind und sich bedroht fühlen, wenn einer in ihrem Umfeld sein diesbezügliches Level von sich aus hebt. Dann würden sie sich nämlich bewogen fühlen, im Rahmen eines unterschwelligen Konkurrenzgefühls selbst nachzulegen, und das macht natürlich Mühe und bringt Unruhe in ihren Alltag.
...nur aus der anderen Perspektive betrachtet. Denn wenn man feststellt, dass ein anderer sich vielleicht für etwas besseres halten (bzw. gefährlicher: von der Leitungsebene oder von Kunden für etwas besseres gehalten werden) könnte, hat man damit automatisch impliziert, dass man selber nichts besseres ist, sonst wäre es ja kein Problem.
Dass es darum gar nicht geht, sondern nur um einen ganz individuellen Anspruch an sich und für sich selbst, der andere erst mal gar nicht betrifft, ist ja gerade bei etwas so Persönlichem wie Kleidung viel naheliegender, kann aber nur von Menschen ohne diesbezüglichem Minderwertigkeitskomplex festgestellt werden.
Als allgemeinerer Denkanstoß: Man ist am Arbeitsplatz nicht in erster Linie, um Freunde zu finden.
Und man findet sie nie unter Leuten, die zu solchen Abwehrreaktionen neigen, die sind nämlich bei diesen Leuten keineswegs auf Kleidung beschränkt und treten auch bei normalem beruflichen Kontakt immer wieder auf, sobald sie sich irgendwie in die Defensive gedrängt fühlen. Oder wenn man bloß aus seinem Auto steigt, auf seine Uhr schaut, von dem Wein erzählt, den man am Wochenende getrunken hat, oder vom Geschmack des dry-aged Beef auf dem eigenen Weber-Grill, etc. pp.
Wenn man sich an all das immer aufmerksam anpassen müsste, damit man nichts Falsches sagt, denkt, zeigt oder trägt, kommt man gar nicht mehr zum Arbeiten.
Deswegen: Gerade machen.
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Prohaska hat gesagt.:
Passenden Anzug gekauft, angezogen, sich selbst vorm Spiegel gefallen, raus geht's unter die Leute und gut ist. Freundlich, nett und bescheiden aufgetreten und die Resonanz ist zu 95% positiv.
Genau so! Außerhalb des Arbeitsplatzes gibt es sowieso keine Probleme.