bluesman528
Ruhrpotthanseat
Da ich auf diesem Gebiet noch eine Bildungsschwäche habe, habe ich im letzten Winter und diesen Herbst ausgiebig versucht, diese durch aufmerksames Saufen äh Verkosten langsam aufzulösen und möchte dies auch als Anregung für ähnlich an Geschmacksexplosionen Interessierte weitergeben. Wie in jedem Themengebiet gibt es auch hier eine Lernkurve, auch wenn man wie schon seit Jahrzehnten bei Wein verkostungstechnisch einschlägig vorgebildet ist.
Da ich wie schon häufiger im Was-trinke-ich-heute-Thread erwähnt Weinliebhaber bin (gelegentlich auch inkl. feinem trockenen Amontillado-, Palo-Cortado- und Oloroso-Sherry), interessieren mich in Spirituosen hauptsächlich die Fruchtaromen, ggfs. mit exotischen Gewürzen und anderen Einflüssen, die die lange Lagerung in aromatisiertem Eichenholz mit sich bringen kann. Mit länger gereiftem Rum habe ich mich schon seit längerer Zeit hin und wieder intensiv auseinander gesetzt und bringe so auch etwas Verkostungserfahrung im Umgang mit Spirituosen mit, die sich ja etwas anders darstellt, als man es von Wein kennt (viel längere Haltezeit im Mund, aktives Ausatmen durch die Nase nach dem Schlucken, um die flüchtige Aromatik in Gasform noch mal aus dem Rachen durch die retronasale Passage zu spülen). Deswegen hielt ich mich von den torfrauchgemälzten Exemplaren (mit einer prominenten Ausnahme) weit fern und suchte (und suche) stattdessen eher die Nähe zu den Ex-Sherry-Cask-gereiften Exemplaren in den Brennereiabfüllungen (das Minenfeld unabhängiger Abfüller traue ich mir erst nach dieser Lernphase zu). Und siehe da, es kristallisieren sich trotz meiner früheren Whisky-Abneigung einige Favoriten heraus.
Der Sherry-Hammer: GlenDronach. Sowohl der elegante orangen-nussig-kardamom-pimentige offiziell 18-jährige (mit Abfülldatum 2018 eher 22-jährige, die Brennerei hatte im relevanten Zeitraum eine Brennpause) Allardice als auch der brutal-dunkelfruchtig-bitterschokoladig-eichenholztönige offiziell 21-jährige Parliament treffen voll meinen Geschmack. Die volle reife Sherry-Dröhnung, nur viel intensiver durch den hohen Alkohol (46% beim Allardice, gut 48% beim Parliament). Lästige bierähnliche Gerstenmalzaromen werden klugerweise komplett erschlagen. Da fällt mir die Anpassung vom Wein her leicht. Für alkoholempfindliche Leute ist das nichts, aber beide Whiskys sind weder zuckercouleurgefärbt noch kühlfiltriert, naturbelassen mit allen Geschmacksträgern.
Der Sherry-Gentleman: Glengoyne 21 years. Wo die GlenDronachs laut und kräftig poltern, präsentiert sich der Glengoyne mit komplexer, fokussierter, kompakter Noblesse, Trockenfrüchte (Pfirsich, ein bisschen Pflaume), Walnüsse, Haselnüsse, Spekulatius, etwas Sherry-Rancio. "Nur" 43%, aber sehr intensiv und abgerundet. Der 18-jährige steht noch ungeöffnet in meiner Probier-Queue.
Die Fruchtbomben:
Tomatin 14 years Tawny Port Finish: Erst 12,5 Jahre in Ex-Bourbon-Casks und dann noch 1,5 Jahre in Tawny-Port-Pipes nachgereift. Was für eine Fruchtsalatkomposition, alles ist da, Äpfel, Birnen, Nektarinen, ein wenig Orange, eingelegte süße Cocktailkirschen, mit einem Schuss Brandy gut durchgezogen. Nichts für Whisky-Puristen in karierten Flanellhemden, aber ein hervorragender Einstiegswhisky, mit 43-48€ auch nicht allzu teuer. Eigentlich. Aber auch dieser Whisky ist ungefärbt und nicht kältefiltriert und hat 46% Alkohol. Das ist großzügig von der (nicht allzu bekannten) Brennerei, aber für alkoholempfindliche Personen sicher eher schwierig.
Balvenie 15 years Single Barrel Sherry Cask: Eine Einzelfassabfüllung aus dem Sherry-Fass, da unverschnitten kann der Inhalt je nach Fass deutlich differieren. Meins hatte eine kraftvolle Kirsch-Brombeer-Note mit Vanille-Karamell-Walnuss-Sherry-Rancio-Eichenholzbitternis, nicht super-komplex, aber sehr intensiv. Knapp 48% Alkohol.
BenRiach 21 years Four Casks: Eine relativ neue Abfüllung nach der Übernahme BenRiachs und GlenDronachs durch den amerikanischen Jack-Daniels-Konzern Brown-Forman, die erste der neuen (schottischen, Ex-Bowmore) Master Blenderin Rachel Barrie, die sich hier ein ebenso komplexes wie subtiles Setup hat einfallen lassen: Die über die überwiegende Zeit in Ex-Bourbon-Fässern gereiften Whiskys wurden in neuem Eichenholz, in gebrauchten Ex-Pedro-Ximenez-Sherry-Fässern und gebrauchten Ex-Rotwein-Barriques (man munkelt Rioja) nachgereift. Pfirsich, Aprikose, Bratapfel, ein bisschen Himbeere, ein wenig Ingwer, kraftvoller langer facettenreicher Abgang. Nicht superintensiv und laut, aber feinsinnig komponiert. Vermutlich wird man bei den künftigen BenRiach/GlenDronach-Abfüllungen gegenüber dem lauten Stil des Vorgängers Billy Walker einen Unterschied feststellen, aber qualitativ braucht man sich dort keine Sorgen zu machen, solange noch genug gute aktive Fässer dort vorrätig sind. 46%, keine Farbe, keine Kältefiltrierung, aber mit gut 120,- leider teuer.
Der Subtile:
Clynelish 14 years: Wenig Komplexität, aber mit ausreichend Beschäftigung mit dem Inhalt im Glas ein enorm interessanter wie preisgünstiger Single Malt mit schön ausdefinierten Birnen-, Apfel- und etwas Mandel- und Malznoten sowie einem winzigen Hauch Torfrauch im Hintergrund (eher erdig als räucherspeckig und ohne jede Krankenhausdesinfektionsmittel- oder Waldbrandaromatik ), der das Tüpfelchen auf dem i gibt. Auch 46%, natural colour, non chill-filtered.
Die Enttäuschung:
Glenfarclas 21 years: Glenfarclas wird in der Whiskyszene immer als beispielhafter Familienbetrieb inmitten von bösen internationalen Konzernunternehmen dargestellt, der sich voller Inbrunst dem Ex-Sherry-Cask-Whisky widmet und in Relation zur Altersangabe sehr preisgünstig anbietet. Mein Eindruck des 21-jährigen war ein anderer: Ein milder, müder, über 21 Jahre durch aromatisch ausgelutschte Fässer gequälter, wenig intensiver Whisky, der seinen auf dem Papier in Relation zum Alter geringen Preis in keiner Weise wert ist. Wenn man für die Brot-und-Butter-Abfüllungen überwiegend schlechte alte Fässer verwendet, kann man auch billiger anbieten. Der Ruf der Brennerei ist gerechtfertigt, zeigt sich aber eher in den extrem teuren Family Cask Einzelfassabfüllungen, wo man dann fasstechnisch auch zeigt, was man kann. Für mich zunächst mal eher eine Mogelpackung.
Der Originelle:
Talisker 10 years: Keine Torfbombe, aber sehr deutliche Torfraucharomatik mit Räucherspeck und einer kräftigen Salzillusion, die zunächst einfachen süßen Aromen Platz machen und dann - BAAAAMM - dem berühmten Chili Catch des Brennereicharakters Raum geben, eine veritable pfeffrige Note auf der Zungenspitze, die sich bis in den Rachen fortsetzt. Ein toller Special-Effect-Whisky ganz eigener Art und für kleines Geld. Mit knapp 46% aber auch nichts für Alkoholempfindliche.
Klar ist, dass man im Gegensatz zum Wein beim Single Malt Whisky immer wieder Exemplare findet, die einem überhaupt nicht schmecken und die man dann auch erst mal ignorieren sollte. Geschmacklich ist Whisky in mehrere Silos aufgestellt, die nicht überschneidungsfrei sind, aber doch sehr deutliche Unterschiede aufweisen, die sie im Grunde zu eigenen Spirituosenkategorien machen. Aber es lohnt sich, sich da ein wenig auf Geschmackssuche zu begeben.
Da ich wie schon häufiger im Was-trinke-ich-heute-Thread erwähnt Weinliebhaber bin (gelegentlich auch inkl. feinem trockenen Amontillado-, Palo-Cortado- und Oloroso-Sherry), interessieren mich in Spirituosen hauptsächlich die Fruchtaromen, ggfs. mit exotischen Gewürzen und anderen Einflüssen, die die lange Lagerung in aromatisiertem Eichenholz mit sich bringen kann. Mit länger gereiftem Rum habe ich mich schon seit längerer Zeit hin und wieder intensiv auseinander gesetzt und bringe so auch etwas Verkostungserfahrung im Umgang mit Spirituosen mit, die sich ja etwas anders darstellt, als man es von Wein kennt (viel längere Haltezeit im Mund, aktives Ausatmen durch die Nase nach dem Schlucken, um die flüchtige Aromatik in Gasform noch mal aus dem Rachen durch die retronasale Passage zu spülen). Deswegen hielt ich mich von den torfrauchgemälzten Exemplaren (mit einer prominenten Ausnahme) weit fern und suchte (und suche) stattdessen eher die Nähe zu den Ex-Sherry-Cask-gereiften Exemplaren in den Brennereiabfüllungen (das Minenfeld unabhängiger Abfüller traue ich mir erst nach dieser Lernphase zu). Und siehe da, es kristallisieren sich trotz meiner früheren Whisky-Abneigung einige Favoriten heraus.
Der Sherry-Hammer: GlenDronach. Sowohl der elegante orangen-nussig-kardamom-pimentige offiziell 18-jährige (mit Abfülldatum 2018 eher 22-jährige, die Brennerei hatte im relevanten Zeitraum eine Brennpause) Allardice als auch der brutal-dunkelfruchtig-bitterschokoladig-eichenholztönige offiziell 21-jährige Parliament treffen voll meinen Geschmack. Die volle reife Sherry-Dröhnung, nur viel intensiver durch den hohen Alkohol (46% beim Allardice, gut 48% beim Parliament). Lästige bierähnliche Gerstenmalzaromen werden klugerweise komplett erschlagen. Da fällt mir die Anpassung vom Wein her leicht. Für alkoholempfindliche Leute ist das nichts, aber beide Whiskys sind weder zuckercouleurgefärbt noch kühlfiltriert, naturbelassen mit allen Geschmacksträgern.
Der Sherry-Gentleman: Glengoyne 21 years. Wo die GlenDronachs laut und kräftig poltern, präsentiert sich der Glengoyne mit komplexer, fokussierter, kompakter Noblesse, Trockenfrüchte (Pfirsich, ein bisschen Pflaume), Walnüsse, Haselnüsse, Spekulatius, etwas Sherry-Rancio. "Nur" 43%, aber sehr intensiv und abgerundet. Der 18-jährige steht noch ungeöffnet in meiner Probier-Queue.
Die Fruchtbomben:
Tomatin 14 years Tawny Port Finish: Erst 12,5 Jahre in Ex-Bourbon-Casks und dann noch 1,5 Jahre in Tawny-Port-Pipes nachgereift. Was für eine Fruchtsalatkomposition, alles ist da, Äpfel, Birnen, Nektarinen, ein wenig Orange, eingelegte süße Cocktailkirschen, mit einem Schuss Brandy gut durchgezogen. Nichts für Whisky-Puristen in karierten Flanellhemden, aber ein hervorragender Einstiegswhisky, mit 43-48€ auch nicht allzu teuer. Eigentlich. Aber auch dieser Whisky ist ungefärbt und nicht kältefiltriert und hat 46% Alkohol. Das ist großzügig von der (nicht allzu bekannten) Brennerei, aber für alkoholempfindliche Personen sicher eher schwierig.
Balvenie 15 years Single Barrel Sherry Cask: Eine Einzelfassabfüllung aus dem Sherry-Fass, da unverschnitten kann der Inhalt je nach Fass deutlich differieren. Meins hatte eine kraftvolle Kirsch-Brombeer-Note mit Vanille-Karamell-Walnuss-Sherry-Rancio-Eichenholzbitternis, nicht super-komplex, aber sehr intensiv. Knapp 48% Alkohol.
BenRiach 21 years Four Casks: Eine relativ neue Abfüllung nach der Übernahme BenRiachs und GlenDronachs durch den amerikanischen Jack-Daniels-Konzern Brown-Forman, die erste der neuen (schottischen, Ex-Bowmore) Master Blenderin Rachel Barrie, die sich hier ein ebenso komplexes wie subtiles Setup hat einfallen lassen: Die über die überwiegende Zeit in Ex-Bourbon-Fässern gereiften Whiskys wurden in neuem Eichenholz, in gebrauchten Ex-Pedro-Ximenez-Sherry-Fässern und gebrauchten Ex-Rotwein-Barriques (man munkelt Rioja) nachgereift. Pfirsich, Aprikose, Bratapfel, ein bisschen Himbeere, ein wenig Ingwer, kraftvoller langer facettenreicher Abgang. Nicht superintensiv und laut, aber feinsinnig komponiert. Vermutlich wird man bei den künftigen BenRiach/GlenDronach-Abfüllungen gegenüber dem lauten Stil des Vorgängers Billy Walker einen Unterschied feststellen, aber qualitativ braucht man sich dort keine Sorgen zu machen, solange noch genug gute aktive Fässer dort vorrätig sind. 46%, keine Farbe, keine Kältefiltrierung, aber mit gut 120,- leider teuer.
Der Subtile:
Clynelish 14 years: Wenig Komplexität, aber mit ausreichend Beschäftigung mit dem Inhalt im Glas ein enorm interessanter wie preisgünstiger Single Malt mit schön ausdefinierten Birnen-, Apfel- und etwas Mandel- und Malznoten sowie einem winzigen Hauch Torfrauch im Hintergrund (eher erdig als räucherspeckig und ohne jede Krankenhausdesinfektionsmittel- oder Waldbrandaromatik ), der das Tüpfelchen auf dem i gibt. Auch 46%, natural colour, non chill-filtered.
Die Enttäuschung:
Glenfarclas 21 years: Glenfarclas wird in der Whiskyszene immer als beispielhafter Familienbetrieb inmitten von bösen internationalen Konzernunternehmen dargestellt, der sich voller Inbrunst dem Ex-Sherry-Cask-Whisky widmet und in Relation zur Altersangabe sehr preisgünstig anbietet. Mein Eindruck des 21-jährigen war ein anderer: Ein milder, müder, über 21 Jahre durch aromatisch ausgelutschte Fässer gequälter, wenig intensiver Whisky, der seinen auf dem Papier in Relation zum Alter geringen Preis in keiner Weise wert ist. Wenn man für die Brot-und-Butter-Abfüllungen überwiegend schlechte alte Fässer verwendet, kann man auch billiger anbieten. Der Ruf der Brennerei ist gerechtfertigt, zeigt sich aber eher in den extrem teuren Family Cask Einzelfassabfüllungen, wo man dann fasstechnisch auch zeigt, was man kann. Für mich zunächst mal eher eine Mogelpackung.
Der Originelle:
Talisker 10 years: Keine Torfbombe, aber sehr deutliche Torfraucharomatik mit Räucherspeck und einer kräftigen Salzillusion, die zunächst einfachen süßen Aromen Platz machen und dann - BAAAAMM - dem berühmten Chili Catch des Brennereicharakters Raum geben, eine veritable pfeffrige Note auf der Zungenspitze, die sich bis in den Rachen fortsetzt. Ein toller Special-Effect-Whisky ganz eigener Art und für kleines Geld. Mit knapp 46% aber auch nichts für Alkoholempfindliche.
Klar ist, dass man im Gegensatz zum Wein beim Single Malt Whisky immer wieder Exemplare findet, die einem überhaupt nicht schmecken und die man dann auch erst mal ignorieren sollte. Geschmacklich ist Whisky in mehrere Silos aufgestellt, die nicht überschneidungsfrei sind, aber doch sehr deutliche Unterschiede aufweisen, die sie im Grunde zu eigenen Spirituosenkategorien machen. Aber es lohnt sich, sich da ein wenig auf Geschmackssuche zu begeben.