Sakko für Stresemann

Auch der Cut ist im Geschäftsleben total unüblich. Einen schwarzen Anzug aber sollte jeder haben. Da ist eine Cuthose die geringere Investition.



Genau dies zeigt aber der Knize link.

Schwarz ist es, das Sakko, aber auch einreihig und mit steigendem Revers. Dürfte beim normalen schwarzen Anzug eher unüblich sein. Wenn da im Handel überhaupt was zu finden ist, wird es zu kurz und mit zu schmalen Revers sein, was wiederum nicht zur festlichen Erscheinung passt.
 
Sehe ich anders. Smoking, Cut und dunkelblauer Anzug decken summiert jede Möglichkeit ab, einen schwarzen Anzug tragen zu können.

Das sind aber 3 Anzüge statt einer plus 2. Hose. Lieber weniger und dafür besser.

Bevor jemand fragt: Ja, zur Beerdigung finde ich einen Cut mit schwarzer Krawatte absolut angemessen. Wenn ich sterben sollte, dann kommt bitte so zur (Trauer-)Feier.

Bei Deiner Beerdigung mag das ok sein, aber bei denen von anderen kann es, naja, clownesk aussehen. Eine Trauerfeier ist kein Platz für modische Eskapaden, die bei einer Hochzeit noch ok sein können, imo. Da gilt Zurückhaltung.

edit: natürlich 3 statt 4
 
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Schwarz ist es, das Sakko, aber auch einreihig und mit steigendem Revers. Dürfte beim normalen schwarzen Anzug eher unüblich sein. Wenn da im Handel überhaupt was zu finden ist, wird es zu kurz und mit zu schmalen Revers sein, was wiederum nicht zur festlichen Erscheinung passt.

Finde ich jetzt nicht soo exotisch. Dann eben Vintage, Maßkonfektion oder Maß, je nach Geldbeutel. Wo ist das Problem?
 
Sehe ich anders. Smoking, Cut und dunkelblauer Anzug decken summiert jede Möglichkeit ab, einen schwarzen Anzug tragen zu können.

Bevor jemand fragt: Ja, zur Beerdigung finde ich einen Cut mit schwarzer Krawatte absolut angemessen. Wenn ich sterben sollte, dann kommt bitte so zur (Trauer-)Feier.

Du hast ja recht, aber ich war auch schon auf manchen Beerdigungen, wo ich mich im Cut nicht hingetraut hätte; wenn ich durch Kleidung schon erhöhte Aufmerksamkeit auf mich ziehe, dann noch bei freudigeren Ereignissen.

Deshalb habe ich halt auch einen schwarzen Anzug.

Nein, sogar zwei. Neben dem "Beerdigungsanzug" gibt es noch einen schwarzen Zweireiher (4-Knopf, etwas démodé), den ich in meiner späteren Jugend erstanden habe. Es ist mein ältester, in Betrieb befindlicher Anzug. Diente er damals auch als Smoking-Substitut, trage ich ihn seit vielen Jahren regelmäßig einmal im Jahr, nämlich an Heiligabend. Er dient mir zugleich auch als Gradmesser dafür, dass sich meine Figur noch nicht sehr verändert hat. Es gibt ja Leute, die ihre Kleidung ihr ganzes (Erwachsenen-) leben lang tragen konnten. Mal sehen ...
 
@Bartholomäus
Dass deutsche Schneider meist modische Teile arbeiten, ist richtig , liegt aber eben daran, dass für ordentliche Sachen in Deutschland kein Markt mehr besteht und die Schneider von den 3 Nutzern des Stilmagazins in ihrer Stadt nicht leben können. Es gibt aber schon einen relativ traditionsreichen Stil, den der deutsche Schneider verwenden wird, wenn Du sagst, du möchtest keinen modischen, sondern einen klassischen Anzug und dieser Stil unterscheidet sich sowohl von der jeweiligen Mode als auch von dem Stil anderer Länder einfach massiv. Einige Schneider machen sicherlich die Anzüge auch noch generell so.
Genauso habe ich auch noch nie ein ultrakurzes Sakko mit Skinny-Revers und hautenger Hose im Susu-Stil aus einem traditionsreichen Savile Row Haus gesehen (genausowenig Schlaghosen, Terminatorschultern usw.).
Wenn klassische Schnitte nicht zeitgemäß sind, frage ich mich auch, wieso beispielsweise Prince Charles es immer wieder in die Best Dressed Listen schafft, sogar die von ultramodischen Magazinen wie der GQ. Er trägt ja nun eigentlich seit den 60ern den gleichen Schnitt, der auch bereits damals nicht der aktuellen Mode entsprach und heute erst recht nicht (etwa die Weite der Hosen, die stärker konstruierten Schultern, die gewölbte Brust).

@Beethoven
Hast Du denn schonmal einen Cut auf einer Beerdigung getragen, ohne dass vorher dazu aufgefordert worden wäre oder aus anderen Gründen klar war, dass das dort irgendwie jeder tut?
Ich persönlich halte den Cut auch für das an und für sich angemessene Kleidungsstück für eine Beerdigung, aber der Durchschnittsdeutsche würde wohl denken, man trüge irgendein Kostüm und sich entsprechend aufregen.
 
Wo habe ich geschrieben, Stresemann und Frack hätten etwas gemeinsam? Der Frack war bis in die 20er Jahre die übliche Dienstkleidung von Parlamentariern, das war Herrn Stresemann zu umständlich, deswegen stufte er den Frack herunter. Letztlich ist der sgn. Stresemann eine Kombination aus Cut - der in Deutschland immer ein Schattendasein führte - und Strassenanzug.
Zur damaligen Zeit war der Smoking ein inoffizielles Kleidungsstück, der sich erst langsam durchsetzte.
Wir sind nicht weit auseinander, was die Oberbekleidung betrifft, haben aber wahrscheinlich unterschiedliche Wahrnehmungen von "Sakko". Was zum Stresemann zur Zeit dessen Entstehung getragen wurde, und damit authentisch ist, war ein einzelnes Sakko, dessen Schöße wesentlich länger waren als heute üblich, von der Länge entsprach es dem Gehrock. In den 20er Jahren gab es sehr wohl noch die Unterscheidung zwischen Strassen- und Offiziellem Anzug, der "Herr" trug beruflich Anzüge mit sehr langen Sakkos, in der Freizeit Einreiher, gerne auch in Braun, Grün usw. Zu dieser Zeit gab es noch erhebliche Unterschiede, was Mann tragen durfte. Der Arbeiter bspw. trug Mütze zum Anzug, der Geschäftsmann Homburg oder Bowler, der Edelmann oder Politiker Zylinder.

Wenn wir von Herrenmode reden, und dich denke, das ist Konsens im Forum, reden wir von der klassischen Herrenmode. Dazu zählen für mich weder die Gehröcke der modernen Hochzeitsanzüge, noch Smokings mit Seitenschlitzen, slim fit Schnitt oder Spencerjacken.

Die Schnitte dieser Stücke haben sich seit 1940 nur marginal verändert, wohl aber deren Anwendung. Der Frack war bis in die 30er Jahre die obligatorische Abendgarderobe besserer Kreise, bevor er vom Smoking verdrängt wurde. Diese Stücke trug man quasi abendlich. Der Cut war nicht auf Festlichkeiten beschränkt, er konnte durchaus bei offiziellen und gesellschaftlichen Anlässen jeder Art über Tag getragen werden, während man bei Beerdigungen einen schwarzen Cut mit Zylinder und schwarzem Binder trug.
Der Stresemann, als "Mischpoke" aus Cut, Anzug und Frack ist eine pragmatische deutsche "Entwicklung", den ich im Ausland noch nie gesehen habe und mit dessen Beschreibung weder in den USA noch hier keiner jemals etwas anfangen konnte.
 
Ich kann kein Bild von Reichstagsabgeordneten (oder anderen Deutschen der 1920er Jahre) im Frack zur Tageszeit finden und auch keine schriftliche Quelle, die aussagen, dass man damals einen Frack zur Tageszeit getragen hätte. Der Frack war doch in Deutschland schon seit dem 19. Jahrhundert nur noch Abendgarderobe.
Der Stresemann hingegen war nie Abendgarderobe und kann entsprechend logisch den Frack nicht ersetzt oder heruntergestuft haben.
Genauso wurden die aus heutiger Sicht dramatisch langen Jacken damals auch in Schneiderzeitschriften als Sakko bezeichnet und nicht als Gehrock.
 
Wo habe ich geschrieben, Stresemann und Frack hätten etwas gemeinsam? Der Frack war bis in die 20er Jahre die übliche Dienstkleidung von Parlamentariern, das war Herrn Stresemann zu umständlich, deswegen stufte er den Frack herunter. Letztlich ist der sgn. Stresemann eine Kombination aus Cut - der in Deutschland immer ein Schattendasein führte - und Strassenanzug.
Ich bin mal auf die Suche nach Bildern gegangen, die den Reichstag im Kaiserreich und in der Weimarer Republik zeigen. Da sind, soweit man die Kleidung einigermaßen erkennen kann, IMHO ganz überwiegend Gehröcke oder Sakkos zu sehen, gelegentlich Uniformen. Einige wenige Personen, die Frack/Tailcoat zu tragen scheinen, halte ich für Saaldiener, nicht für Abgeordnete.

http://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Reichstag_%28German_Empire%29?uselang=de
http://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Reichstag_%28Weimar_Republic%29?uselang=de

Zu dieser Zeit gab es noch erhebliche Unterschiede, was Mann tragen durfte. Der Arbeiter bspw. trug Mütze zum Anzug, der Geschäftsmann Homburg oder Bowler, der Edelmann oder Politiker Zylinder.
Das hatte im Falle des Arbeiters doch wohl eher den Grund, daß er für "fancy" Kopfbedeckungen weder Geld noch Anlaß hatte. Und die Unterscheidung zwischen letzteren dürfte eher daran liegen, daß Staatsgeschäfte in ihrer Bedeutung und daher auch der Formalität der Kleidung höherrangig waren als merkantiles Business. Zu festlichen Anlässen hat doch wohl auch der Geschäftsmann Zylinder zum Cut oder Frack getragen.

ETA:
Frack war doch in Deutschland schon seit dem 19. Jahrhundert nur noch Abendgarderobe.
Zumindest ins spätere 19. Jahrhundert hinein war der Frack mW noch die übliche Kleidung des Prüflings bei Universitätsexamen. Ich kann jetzt aber nicht sagen, wann das außer Gebrauch kam.
 
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Wo habe ich geschrieben, Stresemann und Frack hätten etwas gemeinsam?
Hier:
Letzen Endes war der Stresemann die Runterstufung des Fracks als damals übliches offizielles Outfit, das bezog sich aber in erster Linie auf Fliege, Weste und vor allem gestärktes Hemd und den Ersatz des langschössigen Schwalbenschwanzes durch den einflügligen Rock.
.....
Dennoch, heute ist die Kombination obsolet. Entweder man trägt einen Cut, einen Smoking oder einen Frack - je nach Anlass.

Der Frack war bis in die 20er Jahre die übliche Dienstkleidung von Parlamentariern, das war Herrn Stresemann zu umständlich, deswegen stufte er den Frack herunter.

Nein, das war eher der Cut. Nur zu hochoffiziellen Veranstaltungen der Frack am Tage. Nur so funktioniert die Vereinfachung ja auch. Statt den ganzen Anzug zu wechseln vom Cut zum Tagesanzug in Schwarz wird nur das Sakko gewechselt. Es wurde der Cut heruntergestuft, nicht der Frack. Vom Frack hat der Stresemann kein einziges Teil.

Der Stresemann war dann in einigen zivilen preußischen Kreisen recht populär, siehe die frühen Zeichnungen von Loriot. http://edit.karikaturmuseum.at/de/a...ges/649e6630-bfd4-4d4b-a7c0-0170961872fe.jpeg

Der Stresemann, als "Mischpoke" aus Cut, Anzug und Frack ist eine pragmatische deutsche "Entwicklung", den ich im Ausland noch nie gesehen habe und mit dessen Beschreibung weder in den USA noch hier keiner jemals etwas anfangen konnte.

Die Tracht gibt es auch nur in Süddeutschland, trotzdem hat sie ihre Berechtigung, (weil Bayern und Österreichern Uniform einfach nicht steht ;) )
 
Zumindest ins spätere 19. Jahrhundert hinein war der Frack mW noch die übliche Kleidung des Prüflings bei Universitätsexamen. Ich kann jetzt aber nicht sagen, wann das außer Gebrauch kam.

Ich würde aus der eigenen Familiengeschichte die Weimarer Republik als Wendepunkt bezeichnen. Der Frack als monarchistisch, der schwarze Anzug dann republikanisch. Seit Weimar ist der schwarze Anzug die richtige Wahl für offizielle Veranstaltungen in Deutschland (nicht für hochoffizielle), heute verwässert das zum blauen oder grauen Anzug, der damals eher als Alltagsanzug galt, aber heute kann man froh sein, wenn überhaupt noch jemand einen Anzug hat.
 
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