Hierzu nochmal ein paar kurze Gedanken von mir:
- Ich halte es nicht für einen Charakterfehler, mal oder in einem unbeobachteten Moment seine Pfoten in die Tasche zu stecken. Passiert mir auch. In Gesellschaft wird es aber zur Körpersprache. Sprache = Ich teile anderen etwas mit. Ab diesem Punkt sollte es bewußt geschehen bzw. sollten einem zumindest die Signale bekannt sein, die man damit sendet.
- Der Threadersteller sprach von einer Gewohnheit. Wenn eine Gewohnheit dermaßen präsent ist, dass man sogar die Wahl der Kleidung an ihr ausrichtet, dann ist ein guter Zeitpunkt gekommen, an sich zu arbeiten und über die Gewohnheit nachzudenken.
- Seit wann sind Schauspieler / Prominente / Politiker / sonstige "Sternchen" ein Indiz dafür, wie man sich zu kleiden / benehmen hat? Ich bitte Euch. Nur weniger aus dieser Gruppe genügen dem Maßstab, der hier im Forum an einen Gentleman gestellt wird. Oder ist das ganze Kleidungs-Gehabe dieses Stilforums etwa nicht Ausdruck einer Denkhaltung, sondern nur egozentrisches Ausstaffieren mit den Kleidern und Effekten einer geschmackvollen Vergangenheit in der Hoffnung, der Glanz vergangener Zeiten mögen auf den Träger abfärben und Schwächen im Benehmen überstrahlen? Dafür reichen ein Modemagazin und eine Kreditkarte.
- Dass wir in der breiten Masse der Menschen einige finden, die mit offenem Mund essen, schwarze Anzüge im Büro tragen, silikonhaltige Schuhglanzstifte verwenden, die Krawatte zu kurz binden, Frauen nicht in den Mantel helfen, die Hände beim Sprechen in den Taschen verbergen und allgemein skeptisch sind gegenüber hohen Maßstäben an gentleman-artiges Verhalten, ist mit Sicherheit bittere Realität. Aber ist es die Realität, die wir wollen? Weshalb wird plötzlich auf die Realität verwiesen, nur weil man sich mal an einem höheren Maßstab messen soll? Bei allen anderen Themen werden doch auch hohe Maßstäbe gesetzt. Weshalb nicht bei diesem? Mein Eindruck ist, dass sich hier User sammeln, die Vorbilder für ihre Generation sein wollen.
- Auch wenn es anders rüberkam: Mein Rat an den Threadersteller war nicht aristokratisch, belehrend, herablassend oder naserümpfend gemeint. Es war ein Rat im Sinne von Hilfestellung. Weil Männer, die ihre Hände außerhalb der Taschen halten, ausdrucksstärker und selbstbewußter wirken. Weil sie die Hände für Gestern verwenden können. Weil die Arme beim Laufen asynchron zu den Beinen geführt werden können. Weil die spontan die Hand reichen oder jemandem "zur Hand gehen" können.
Ich erwarte nicht, dass dieser Rat angenommen wird oder dass irgend jemand hier aufgrund meines Kommentars sein Verhalten ändert. Das steht mir nicht zu. Aber ergebnisoffen darüber nachzudenken sollte nicht zu viel verlangt sein. Wenn wir alle an unseren Gewohnheiten festhalten, nur weil sie uns so bequem sind, ist das kein Fortschritt.