Deswegen halte ich es für eine steile These zu behaupten, bei Aldi handele es sich zwangsläufig um gefälschten Brunello, umgekehrt ist es natürlich sehr fraglich, ob bei Aldi besonders guter Brunello landet.
Ich habe auch nicht von zwangsläufig gesprochen, sondern dass es undenkbar nicht ist, weil es auch ohne Aldi als Marktteilnehmer nennenswert viel falsch etikettierten Brunello im Markt gibt.
Das wäre auch bei Aldi keine Premiere, bei ihrem Basis-Chianti hat es in der Vergangenheit schwere Unstimmigkeiten gegeben (es war Primitivo drin), was natürlich nur am Lieferanten lag, der für den vorgegebenen minimalen Aldi-Einkaufspreis selbst in Minimalqualität einfach keinen Chianti in der Menge mehr auftreiben konnte und dafür die Region Chianti etwas weiter südlich suchte.
Beim Aldi-Prosecco war es ähnlich, Millionen Liter gepanschter, falsch ausgezeichneter Wein. Und so was fällt nur auf, wenn man danach bei den Zwischenhändlern und Großabfüllern gezielt sucht, typischerweise der italienischen Steuerfahndung und nicht Aldi oder ihren Kunden.
Selbst wenn alles mit rechten Dingen zugeht, reicht bei begehrten Weintypen wie Brunello eine einfache Rechenaufgabe. Brunello der einschlägigen Erzeuger erbringt im Einzelhandel als Standardprodukt 30,- bis 40,- pro Flasche bei gleichzeitig hoher Nachfrage und geringem Angebot (nur ca. 1000 ha qualifizierte Rebfläche für Brunello DOCG), von denen i.d.R. um die 40% beim Erzeuger landen. Die Unkosten, Brunello zu erzeugen, sind durch die verbindlichen langen Fasslagerzeiten sehr hoch. Warum sollten also Erzeuger das Zeug für den viel geringeren Aldieinkaufspreis verschleudern? Das machen sie nur, wenn es ihnen beim besten Willen kein anderer abkaufen möchte, aus welchen Gründen auch immer.
Ich kaufe halt einfach weder Bordeaux noch Brunello mehr, weil ich weder die überzogenen Preise der Spitzenprodukte zahlen will, noch mediokres Zeug, dass sich für Unkundige nur über die Marke verkauft. Dafür wächst noch an genügend anderen Stellen der Welt guter Wein und zwar auch durchaus noch in Europa.
Letzterem stimme ich zu, aber deswegen trinke ich trotzdem weiterhin Brunello von Il Poggione, Col d'Orcia, Caparzo oder Argiano. Die sind nämlich die gut 30,- pro Flasche in den guten Jahren auch absolut wert. Bei Bordeaux sieht es mauer aus, das gebe ich zu, ein paar Überraschungen gibt es aber immer und in der 35,- bis 50,- Klasse kann man nach wie vor erstklassigen Wein von bekannten Erzeugern trinken. Bordeaux ist ja mehr als nur die paar Premiers Crus an der Spitze.
Was ich aber ausdrücklich unterstütze, ist, statt beliebigen Wein einer bekannten Regionsbezeichnung zum Schnäppchenpreis aus unbekannter Quelle einfach guten Wein renommierter, hart arbeitender Erzeuger aus weniger bekannten Regionen zu kaufen. Man zahlt nicht mehr, unterstützt die richtigen Leute im Weingeschäft und trinkt mit ziemlicher Sicherheit viel besseren Wein. Man kann dann natürlich nicht mehr sagen, gestern habe ich aber einen Brunello getrunken.
Aber das finde ich nicht wichtig.