Obere Mittelklasse: Dressler/Windsor oder Maßkonfektion?

Anzugista

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Ihr Lieben,

ich habe in meinen ersten Berufsjahren meist Hugo-Anzüge getragen, da diese insbesondere im Sale rundum 300-350 Euro gut in meinem Budget lagen und mir die engen Schnitte gefallen haben. Mittlerweile habe ich pro Anzug ein Budget von 500-700 Euro zur Verfügung und möchte gerne einen „Gang hochschalten“.

Boss Black Label spielt zwar in diesem Segment, aber habe mich mittlerweile schlau gelesen, dass ich dort kein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bekomme.

Was also dann?

Ich neige aktuell zu Dressler und Windsor, da die Stoffqualität hier deutlich besser sein soll und meist auch noch 50 Euro für Änderungen (ggf. Taillieren des Sakkos, Hosenlänge) im Budget sind. Demgegenüber steht die Variante Maßkonfektion bei z.B. Kuhn, wo ich für diesen Preis auch schon im oberen Segment einkaufen könnte.

Letztlich habe ich zwei Fragen, die mir auch beim Durchstöbern des Forums noch nicht ganz klar geworden sind:

- Wo bekomme ich in diesem Preissegment die bessere Qualität? Bei Windsor und Dressler oder bei Kuhn? Der Einfachheit halber setze ich mal Voraus, ich von der Stange Anzüge finde, die mir gut passen, es also hier nicht um die Passform/den Schnitt geht, sondern nur um die Qualität

- wenn ich nochmal 400-500 Euro weiterdenke, also bei einem Budget von etwa 1000, scheint es mir hier relativ unstrittig, dass Kuhn nicht mehr mithalten kann. Wieso eigentlich? Sind die in der Verarbeitung schlechter als die Stangenanzüge der Oberklasse oder haben nicht so gute Stoffe?

Danke Euch ganz herzlich für Eure Einschätzungen!

Viele liebe Grüße, Anzugista
 
Ich finde für reguläre 700€ die van Laack Anzüge recht fair, 130er Loro Piana Wolle mindestens half, ich glaube aber eher full canvas.

Die Shirt Jacket Linie von Dressler empfinde ich als gut verarbeitet, man muss allerdings auf ein pikiertes Revers verzichten. Dafür gibt es schöne Stoffe, z.b. Reda 150er und nette Details wie Schrittkeile., allerdings dürften die Sakkos etwas länger sein.

Sehr fair sind auch Féraud um 400€ half canvass, die Stoffe sind allerdings öde.

Susu LaSpalla dürfte klar sein.

Bei Windsor hat mich noch kein Schnitt überzeugen können.

Im Sale wären noch andere Marken wie z.B. Caruso interessant.


Kuhn kann bei der Verarbeitung eigentlich nicht mal mit der Mittelklasse mithalten. Ich würde eher bei MTM-Anbietern, die Munro, führen, schauen.
 
Gerade ist bei Breuninger Canali für 700-800€ im Angebot. Die sind Full canvas und haben tolle Stoffe.
Aber auch gute gebrauchte Anzüge könnten sich für dich Lohnen, falls das für dich in Frage kommt. Dort kannst du mit deinem Budget qualitativ ganz oben einsteigen.
Ich habe gerade selber etwas bei eBay eingestellt, falls dir 50/52 passt. ;)
 
Ich finde für reguläre 700€ die van Laack Anzüge recht fair, 130er Loro Piana Wolle mindestens half, ich glaube aber eher full canvas.

Ich habe einen Anzug aus dieser Linie, aber der ist fused. Kann sein, dass das inzwischen geändert wurde, das ist schon lange her. Stoff und Schnitt sind aber wirklich gut.
 
Danke Euch für die Antworten, die mir schon mal eine gute Richtung geben :)

Habe mich jetzt für einen Dressler entschieden, im Sale mit Änderungen kam ich bei 500 raus. Werde berichten, wenn das gute Stück vom Schneider zurück ist.

Gebraucht würde ich für Luxusuhren nicht komplett ausschließen, aber bei Anzügen soll es schon Neuware sein.

Hätte noch 2-3 Rückfragen zu Euren Punkten:

- Kuhn: Dazu würde mich noch genauer interessieren, was denen nicht gelingt bzw. was dort qualitativ nicht gut ist. Sind die z. B. immer geklebt und haben noch andere klare Mängel bei der Verarbeitung? Wie steht es um die (Grenzen der) Stoffqualität bei Kuhn?

- Stoffe: beim Herrenausstatter wurde mir ans Herz gelegen, maximal 100er Wolle zu nehmen, da das Material ab 120 eher für Steh-Jobs geeignet sei bzw. zu empfindlich, wenn man sehr viel sitzt. Würdet ihr die Einschätzung nicht teilen?

Schaue mir die von Euch genannten Marken bei nächster Gelegenheit genauer an. Nochmal danke :)
 
Gebraucht würde ich für Luxusuhren nicht komplett ausschließen, aber bei Anzügen soll es schon Neuware sein.
Ich habe viele Anzüge, die sehr alt sind. Das schadet einem guten Anzug nicht. Ein 15 Jahre alter Kiton oder Brioni ist den meisten frisch gekauften Anzügen noch immer überlegen. Insbesondere nach einem Besuch beim Schneider - die Änderbarkeit ist kaum zu übertreffen.

- Kuhn: Dazu würde mich noch genauer interessieren, was denen nicht gelingt bzw. was dort qualitativ nicht gut ist. Sind die z. B. immer geklebt und haben noch andere klare Mängel bei der Verarbeitung? Wie steht es um die (Grenzen der) Stoffqualität bei Kuhn?
Die MTM Systeme unterscheiden sich in ihren Möglichkeiten je nach Anbieter. Auch wenn hier oft das Gegenteil behauptet wird: Die geklebte Verarbeitung ist nicht in jedem Fall minderwertiger oder qualitativ schlechter, insbesondere ist nicht jede ungeklebte Verarbeitung automatisch gut. Insbesondere kommt es auf den Anspruch des Trägers an: Die geklebt verstärkte Front wirkt auch bei einem eher mäßig geschnittenen Anzug "glatt" und dem ungeübten Auge oft gefälliger.

- Stoffe: beim Herrenausstatter wurde mir ans Herz gelegen, maximal 100er Wolle zu nehmen, da das Material ab 120 eher für Steh-Jobs geeignet sei bzw. zu empfindlich, wenn man sehr viel sitzt. Würdet ihr die Einschätzung nicht teilen?
Das sind so Weisheiten, die der interessierte Herrenausstatter sich zügig angelesen hat - die Qualität eines Stoffes bestimmen aber mehr Variablen, als die Frage nach dem Metergewicht der Wolle. Grundsätzlich ist feine Wolle natürlich wohl empfindlicher als gröbere. Ein gutes Tuch übersteht aber auch die Beanspruchung durch Sitzen für die nächsten Jahre - insbesondre wenn die Kleidung passt. Wichtig ist, dass Stoff und Garn aufeinander abgestimmt sind und ständige Beanspruchung der Nähte vermieden wird, was nicht der Fall ist, wenn die Kleidung nicht richtig geschnitten ist. Dann schneidet sich das Garn zum Teil regelrecht in den Stoff.
 
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