Mit 40 zu jung für Tweed

Ich (36), würde mein kürzlich gekauftes Harris Tweed Sakko für nichts auf der Welt wieder hergeben. Ehrlichgesagt möchte ich es gar nicht mehr erst ausziehen. ;)

Ich denke es kommt, wie so oft, vor allem darauf an was man dazu trägt. Mit kernigen Jeans und guten Boots, sieht das definitiv nicht nach Altersklasse 60+ aus, ganz im Gegenteil. Wobei mit Cordhosen und schweren Brogues doch schnell ein Look entsteht, der gerne als Bieder bezeichnet wird.

Je klassischer der Rest des Outfits, desto "schwieriger" als junger Mann damit nicht altbacken zu wirken.
 
Ich glaube, solange man der hierzulande häufiger anzutreffenden Versuchung widersteht, sich von Kopf bis Fuß wie ein britischer Landjunker zu kostümieren (bzw. wie sich deutsche Mittelklässler britische Landjunker vorstellen :)), ist Tweed auch nur ein grober Sportsakko- oder Casual-Suit-Look für die Herbst/Wintersaison, der über die vergangenen Jahrzehnte mit vielfältigen amerikanischen und italienischen Interpretationen zu einem übernationalen Mode-Amalgam kondensiert wurde. Daran gibt es meinem Empfinden nach nichts Altersspezifisches mehr, das einen jüngeren Menschen davon abhalten könnte, diesen Stoff zu tragen.
 
Das sehe ich nicht so ... apodiktisch.
;)

Was ist denn ganz konkret daran auszusetzen, daß jemand versucht,
sich von Kopf bis Fuß wie ein britischer Landjunker zu kostümieren (bzw. wie sich deutsche Mittelklässler britische Landjunker vorstellen

Ich finde, man sollte sich davor hüten, das in dieser Art abzuwerten.

Mir zum Beispiel ist jemand, der sich "als britischer Landjunker verkleidet" allemal ein angenehmerer Anblick als das allgegenwärtige, triste Einerlei der ewigen "Jeans-Sneakers-Kapuzenpullover"-Fraktion oder das ebenso (in meinen Augen) triste Einerlei der "Geschäftsmann-oder Banker-im-dunklen-Boss-Anzug"-Truppe.
Aber das ist nur meine ganz persönliche Meinung.

Ich finde nun mal, daß sich jemand, der sich als "britischer Landjunker verkleidet" oder zumindest Kleidung trät, von der er meint, sie sei eines "britischen Landjunkers" würdig, wenigstens noch Gedanken darum macht, was er trägt.
Ich gehe davon aus, daß er seine Kleidung mit einiger Sorgfalt zusammenstellt, um seinem Ideal ("britischer Landjunker") nahezukommen.

Was ist daran nun schlechter als an all denen, die sich als "internationaler Topmanager im blauen/grauen Anzug mit unpassender Krawatte" verkleiden? Oder es zumindest versuchen?
;)

Möglich, daß mancher die "Verkleidung als britischer Landjunker" etwas affektiert findet.
Aber ...
De gustibus non disputandum!


Wer es kleidsam findet, einen so ... nun ja: traditionellen Stoff wie Harris Tweed mit Jeans und Turnschuhen "modern"zu kombinieren, dem sei das unbenommen.
Mir gefällt es nicht, das sage ich ganz deutlich, aber ich würde mir darüber kein Urteil anmaßen.
Es wäre einfach schön, wenn jene, die es nicht so "altmodisch" mögen, sich wertender Bemerkungen wie "altbacken" einfach enthalten könnten.
:)

Jeder wie er mag.
Es steht jedem frei, einen ganz bestimmten Kleidungsstil zu bevorzugen.
Ich fände es nur gut, wenn dieser persönliche Kleidungsstil (auch wenn er von vielen geteilt wird) nicht zum Maßstab erhoben würde.
:)

Und daß man Tweed besser "mit kernigen Jeans und Boots" tragen sollte, um "nicht nach Altersklasse 60+ auszusehen", ist für meine Begriffe ein Vorurteil.

Ich denke, wir sollten hier im Forum auch weiterhin versuchen, solche Vorurteile zu vermeiden.
:)
 
Zuletzt bearbeitet:
Selbstverständlich ist es ein Vorurteil, dass man in Tweed "altbacken" aussieht. Aber wie so oft, steckt in einem Vorurteil auch Wahrheit.

Was in diesem Fall (Thread) zählt, ist die kollektive Wahrnehmung (nämlich die der Damenwelt, um den Ersteller des Threads). Diese nimmt einen jungen Menschen im Tweed-Sakko definitiv überwiegend "unpassend" gekleidet wahr (altbacken, unmodern und 60+).

Ein Stilforum voller Herren die bereits mit mit Sinn fürs Thema bewaffnet sind, ist da eigentlich schon gleich der falsche Ansprechpartner. :)

Wie so schön geschrieben wurde: Über Geschmack lässt sich nicht streiten. Allerdings auch dann nicht, wenn er denkbar undifferenziert ist.

Der gern gemachte Versuch, die Kleidung der Wirkung auf andere zu entheben (da man sich ja nur "für sich" anzieht), ist weder in diesem Forum, noch irgendwo sonst gelungen. Man muss, wenn man von Kleidung spricht, aber auch über die Aussenwirkung sprechen. Denn wenig äußerliches beweist mehr Stil als situationsgerechte Kleidung. (Be)Kleidung im Kontext ist das Ideal.
 
Zuletzt bearbeitet:
Der gern gemachte Versuch, die Kleidung der Wirkung auf andere zu entheben (da man sich ja nur "für sich" anzieht), ist weder in diesem Forum, noch irgendwo sonst gelungen. Man muss, wenn man von Kleidung spricht, aber auch über die Aussenwirkung sprechen. Denn wenig äußerliches beweist mehr Stil als situationsgerechte Kleidung. (Be)Kleidung im Kontext ist das Ideal.
Dem stimme ich uneingeschränkt zu.
:)
 
Ich finde nun mal, daß sich jemand, der sich als "britischer Landjunker verkleidet" oder zumindest Kleidung trät, von der er meint, sie sei eines "britischen Landjunkers" würdig, wenigstens noch Gedanken darum macht, was er trägt.
Ich gehe davon aus, daß er seine Kleidung mit einiger Sorgfalt zusammenstellt, um seinem Ideal ("britischer Landjunker") nahezukommen.
Beim Kostüm steht nicht mehr die gekonnte Kombination von guter Kleidung im Vordergrund des Interesses, sondern die Nachahmung eines gut erkennbaren Klischee-Outfits, die damit verbundene vorgebliche Eigenschaften der Vorbildträger auf sich selbst projizieren will. Affektiert ist dafür schon das richtige Wort. Natürlich ist das ebenfalls nur meine Meinung, das muss ich ja nicht extra betonen. :)

Was ist daran nun schlechter als an all denen, die sich als "internationaler Topmanager im blauen/grauen Anzug mit unpassender Krawatte" verkleiden? Oder es zumindest versuchen?
;)
Das ist ja weniger monolithisch und kann alles sein von Staubsaugervertreter über Bodyguard bis US-Präsident. :) Wenn man es nicht eindeutig zuordnen kann, weil es in allen möglichen Kontexten eingesetzt wird, ist es auch keine Verkleidung mehr.

Es gibt tausend Möglichkeiten, Tweed zu tragen (auch ohne Turnschuhe und Jeans), ohne auszusehen, als sei man All Creatures Great and Small entsprungen. :) Es heißt ja nicht, dass man in Tweed automatisch kostümiert ist. Ganze Tweed-Typen wie z.B. Donegal sind in dieser Beziehung völlig klischeefrei. Der monochromere Ivy-League-Style ist ein anderes moderneres Beispiel.

Möglich, daß mancher die "Verkleidung als britischer Landjunker" etwas affektiert findet.
Aber ...
De gustibus non disputandum!
Ich finde, über wenig wird hier so viel diskutiert wie über Geschmack und wo, wenn nicht hier, wäre der geeignetere Ort dafür? Natürlich ist dann eine substanzielle Auseinandersetzung damit auch häufig wertend und Ausdruck einer persönlichen Meinung, genau wie Meinungen über Jack-Wolfskin-Träger, La-Martina+Jeans-Träger und alle weiteren Klischees. Im Was-trage-ich-heute-Thread werden Outfit-Vorstellende abgewatscht, wenn sie das falsche Einstecktuch tragen. ;)

Und das ist völlig richtig so, hier sollte es thematisiert und - gerne auch kontrovers und aus verschiedenen Blickwinkeln - diskutiert werden. Ob man einen bestimmten Standpunkt dann für sich annimmt, ist eine persönliche Entscheidung und keine Verpflichtung, nur weil jemand anders seine Sicht der Dinge geäußert hat.
 
Selbstverständlich ist es ein Vorurteil, dass man in Tweed "altbacken" aussieht. Aber wie so oft, steckt in einem Vorurteil auch Wahrheit.

Was in diesem Fall (Thread) zählt, ist die kollektive Wahrnehmung (nämlich die der Damenwelt, um den Ersteller des Threads). Diese nimmt einen jungen Menschen im Tweed-Sakko definitiv überwiegend "unpassend" gekleidet wahr (altbacken, unmodern und 60+).

Ein Stilforum voller Herren die bereits mit mit Sinn fürs Thema bewaffnet sind, ist da eigentlich schon gleich der falsche Ansprechpartner. :)

Wie so schön geschrieben wurde: Über Geschmack lässt sich nicht streiten. Allerdings auch dann nicht, wenn er denkbar undifferenziert ist.

Der gern gemachte Versuch, die Kleidung der Wirkung auf andere zu entheben (da man sich ja nur "für sich" anzieht), ist weder in diesem Forum, noch irgendwo sonst gelungen. Man muss, wenn man von Kleidung spricht, aber auch über die Aussenwirkung sprechen. Denn wenig äußerliches beweist mehr Stil als situationsgerechte Kleidung. (Be)Kleidung im Kontext ist das Ideal.


Der Fragesteller ist 40. Sorry, aber mit 40 ist man kein "junger Mensch" mehr, das darf ich als 46-jähriger sagen. Zudem wüsste ich nicht, warum er sich den Fehlvorstellungen der ihn umgebenden Damenwelt ergeben müsste. Mit 40 sollte man erwachsen genug sein, sein Selbstwertgefühl nicht davon abhängig zu machen. Man ist mit 40 ja schließlich auch alt genug, Tweed zu tragen. :D
 
Ich stimme zu, dass der TE sich den Tweed ruhig zutrauen kann, wenn ihm der Stil gefällt. Wenn man mit 40 keinen Tweet tragen kann, dann kann man es gar nicht.

Allerdings muss RolandG widersprechen und mich uneingeschränkt lesam anschließen, der es in seinem Beitrag sehr schön formuliert hat.

Man kann sich zwar einreden, Kleidung nur für sich selbst zu tragen, aber sobald man vor die Haustür geht, zerbricht diese Vorstellung in meinen Augen. Andere Menschen nehmen einen auch durch die Kleidung wahr - ob sie einen bereits kennen oder nicht. Ohne hier ins Psychologische abzuschweifen: Kleidung ist immer auch ein bisschen Kommunikation. Und dies umso mehr, je eher sie von absolut praktischer Berufsbekleidung (Uniformen, Blaumann etc.) oder der vorherrschenden Mode (Jeans+T-Shirt/Polo) abweichen. Gerade für die Mitglieder dieses Forums ist das wahrscheinlich noch etwas wahrer. :)

In meinen Augen sollte man sich dieser Wirkung bewusst sein. Wie sehr man sich dadurch in der Kleidungswahl beeinflussen lässt, ist eine andere Frage...

Ich überlege übrigens gerade selber, ob ich ein Tweedjacket anschaffen sollte. Mit meinen bald 28 Jahren wohl noch etwas ungewöhnlicher als mit 40. Und obwohl ich derzeit an einer Uni arbeite und daher kein Problem mit einem eher intellektuellen Look habe, würde ich damit auffallen wie ein bunter Hund...

P.S. Mein erster Beitrag hier. Hallo und guten Abend. :)
 
SeeMyVest, da sind wir überhaupt nicht unterschiedlicher Ansicht. Du schreibst ja selbst: "Wie sehr man sich dadurch in der Kleidungswahl beeinflussen lässt, ist eine andere Frage..." Genau darauf kam es mir an.

lesam stellte auf die den TE umgebende Damenwelt ab. Was, wenn diese keinen sonderlichen Bezug zu Herrenoberbekleidung hat und auf Männer Mitte 20 in Jeans und T-Shirt steht? Muss man sich dann mit 40 auch so verunstalten? Ich meine nein.
 
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