Machen Studienabgänger die Löhne kaputt?

In letzter Zeit beschäftige ich mich mehr mit Einstellungen bei uns im Betrieb bzw. bekomme viele HR Vorgänge mit. Dabei habe ich auch Einblick in die Arbeitsverträge und könnte manchmal wirklich mit dem Kopf schütteln was da so unterschrieben wird.

Ich frage mich warum sich die Bachelor / Master - Absolventen sich so günstig verkaufen? Ist es Verzweiflung oder einfach auch die Tatsache weil man eventuell eine schlechte Ausbildung hat? Oder null Selbstbewusstsein?

Hat sich dieser Personenkreis eigentlich schon einmal Gedanken dazu gemacht wie er sich selbst durch das Lohndumping ruiniert und auch anderen das Leben schwer macht?

Am schlimmsten ist für mich der Wahnsinn mit Arbeit im Ausland. Vor zehn Jahren wäre niemand von uns in eine ausländische Niederlassung gegangen ohne ordentliches Gehalt welches einen Ausgleich schafft für die Abwesenheit von der Familie. Dazu waren hohe Unterkunftspauschalen und zwei Freiflüge im Jahr normal. Alles basierend auf einem deutschen Arbeitsvertrag mit Garantie der Weiterbeschäftigung nach Rückkehr.

Heute werden dubiose Verträge direkt mit den ausländischen Agenturen unterzeichnet auf Basis ausländischer Gesetzmäßigkeiten. Housing wird meist mit einem minimalen Basisbetrag abgegolten der für ein WG-Zimmer reicht und Flüge gibt es einen zum Berufsstart und einen bei Berufsende umsonst.

Mich persönlich wird es nicht mehr tangieren. Nur trotzdem interessant wie sich eine Generation selbst kaputt macht aufgrund fehlender Solidarisierung untereinander.
 
Von welchen Absolventen reden wir hier? Können mE nur Verlegenheitsstudenten BWL/Jura ohne gute Noten oder Studenten der Orchideenfächer sein. Ansonsten sah es mE für Absolventen nie so gut aus wie heute.
 
Bitte nenne mal die Branche?

Bei uns im IT Bereich sind sowohl Absolventen wie auch Erfahrene Kräfte sehr gefragt.

Meine Schwester hat vor einem Jahr BWL erfolgreich mit dem Bachelor beendet und arbeitet jetzt für rund 40 tsd pro Jahr. Das finde ich voll ok
 
40? Guter Monatslohn.

Willkommen in der globalisierten Welt.

Das Problem, gerade deutscher Absolventen, ist mangelnde Auslandserfahrung, regionales Festsitzen, Faulheit und mangelnde Sprachkenntnisse.

Im internationalen Vergleich ist die Kompetenz deutscher Studenten - Wissen, Basisskills, Vertiefung - gut. Interessiert aber wenig, weil die meisten Unternehmen heute die Leute selbst "schleifen". Wichtiger ist Flexibilität, Sprachen, Internationalität, Reisefähigkeit. Und da sind die Deutschen vielfach in den 70ern stehen geblieben. Oder schon zum Studium ins Ausland gegangen.

Ich habe mit 25 schon ein vielfaches des genannten Jahressalärs verdient, dafür war ich aber 300 Tage im Jahr im Ausland unterwegs, hatte mindesten 12 Stunden Tage und permanente Grabenkämpfe. Wem das nicht gefällt, der wird sich schwertun. Und ich denke, es wird eher noch schlimmer.
 
Die Branche ist Textil und es handelt sich um einen Konzern mit ein paar Tausend Angestellten. Studienrichtungen sind Engineering, MINT-Fächer und Marketing.

Übrigens 40000€ Jahresbrutto finde ich jetzt nicht so üppig für jemanden der Abi gemacht hat und ein paar Jahre ohne Verdienst ein Studium. Da sind nämlich schon mal die ersten 100000€ drauf gegangen die man zusätzlich verdienen muss.
 
40000? Halte ich für die Textilbranche für durchaus üblich. Wer als Anfänger mehr erwartet, muss sich eine andere Branche suchen, aber auch bereit sein, den Preis zu zahlen, siehe oben, dann ist auch mehr drin.
 
Da sind nämlich schon mal die ersten 100000€ drauf gegangen die man zusätzlich verdienen muss.


Mit Verlaub, ich halte diese Einstellung für ziemlich arrogant:

Was verdient denn ein einfacher Arbeiter in der Textilindustrie? Sicher kaum mehr als 25.000.

Zudem halt ich einen Kapitalbedarf von 100k über 7 - 9 Jahre von der mittleren Reife bis Studienende für doch recht üppig, vor allem wenn man unterstellt, dass der Kapitalbedarf bis zum Abitur überschaubar sein dürfte - gehen wir einmal von netto 10.000 Euro insgesamt aus.

Im Studium 800 Euro netto im Monat (zzgl. Kindergeld und Nebentätigkeit) sollten ausreichend sein, damit sich der Student auch mal ein paar rahmengenähte Schuhe und ein gutes Hemd leisten kann. Das wären dann rd. 60k für 6 Jahre. In Summe also 70k.

Geht man von einem Gehaltsunterschied von 12k im Jahr gegenüber einem einfachen Arbeiterverdienst aus, braucht es also rd. 6 Jahre, vermutlich sogar deutlich weniger, wenn man die Lohnspreizung über die Jahre berücksichtigt.

Hier kann ich proteus nur recht geben, deutsche Absolventen haben hohe Ansprüche für das was sie zu Beginn an Mehrwert einbringen können!
 
Von der Nutzlosigkeit der meisten Absolventen abgesehen: Wichtiger ist ja, wo die Gehaltsreise hingeht. Ich bin auch relativ niedrig eingestiegen und bin inzwischen etwa beim fünffachen des Einstiegs. Und das geht nur mit Studium, ohne ist da bei 60-80k idR Ende, egal welche Branche.
 
Es hängt davon ab, was man studiert hat.
BWLer/Juristen haben wir auf dem Arbeitsmarkt genug. Kein Wunder, dass die meisten Leute keinen "guten" Job bekommen.
Gute BWler/Juristen gibt es wie Sand am Meer, deshalb ist es für sie besonders schwierig, einen Job zu finden, der ihren Ansprüchen/Erwartungen entspricht.

Ich bin eig. der anderen Meinung, was mangelnde Auslandserfahrungen und Sprachkenntnisse betrifft.
Gerade BWLer/VWLer MÜSSEN verschiedene Sprachen beherrschen, Praktika und mind. ein Auslandssemester absolvieren. Im Vergleich zu anderen (europäischen) Ländern sind die meisten deutschen Studenten schon fleißig.
Bei Juristen mag es anders sein, aber wenn man Juristen in einer renommierten Anwaltskanzlei sieht, dann haben sie ebenfalls in UK oder den USA ein Jura-Studium hinter sich (Praktika sowieso).

Ich lasse mich besser belehren, wenn ich falsch informiert bin:

Soweit ich weiß, zahlt die Textilindustrie gerade sehr wenig im Vergleich zu anderen üblichen Branchen. Daher halte ich 40k EUR für hoch in der Textilindustrie.


Zu mir: Neben Gehalt ist Work-Life-Balance ebenfalls wichtig.
Ich habe sowohl Elektrotechnik als auch BWL studiert und während des Studiums habe ich Praktika als White Collar und als Ingenieur in verschiedenen Branchen gearbeitet.
Meine Entscheidung nach den Studiengängen war einfach: Lieber als Ingenieur in der Autoindustrie arbeiten als White Collar, wo ich als Ingenieur genauso viel mehr verdiene (Okay..Häufige Biztrips stehen immer an), aber trotzdem weniger arbeite. (Nichts gegen White Collar).
 
Auf die 100.000€ komme ich doch eher durch den Lohnverzicht der in den Jahren des Studiums vorhanden ist.

Also ein Standard - Geselle mit zum Beispiel 35.000€ Jahresbrutto über 3 Jahre in der Wirtschaft während der Student noch an der Uni sitzt.

Mal abgesehen von Bafög - Schulden über die man jammert. Wobei die sollten nach dem ersten Jahr in der Wirtschaft sowieso zurückgezahlt sein wenn wir uns an einem soliden 50k Einstiegsgehalt und normalem Lebensstandard ausrichten.

Bei uns steigt ein Master mit 36.000€ ein bzw. ist selbst schuld wenn er so ein niedriges Gehalt akzeptiert. Perspektive ist nach 8 Jahren ungefähr 60.000€ und mit viel Glück 80.000€ wenn er ins mittlere Management kommt.

Ein Maschinenführer kommt ohne Schichtarbeit auf 40.000 Jahresbrutto. Seine Perspektive liegt bei 48.000€ und als Techniker mit Personalverantwortung bei 68.000€.
 
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