Hobbyschneiderei - Meine bisherige Entwicklung

So, endlich habe ich die letzten Projekte fotografiert...
Aus verschiedenen Gründen muss ich jetzt leider mal ein wenig spammen.

Wir schaffen erst einmal die beiden Teile beiseite, die während der Herstellung des Hopsack-Jacketts entstanden sind:

Das lief bei mir unter "popover shirt", Stoff ist Tencel/Lyocell, sehr angenehmes Material.
Tencina_oliv.jpg
Nicht so angenehm war der Moment, in dem ich bemerkte, dass ich bei dem Schlitz am Hals aus Versehen durch einen Denkfehler statt des Untertrittes den Übertritt weggeschnitten habe, sodass ich etwas tricksen musste, wodurch leider die unten sichtbaren Falten entstanden sind.
Nun sieht das Teil (weil schon einmal gewaschen und nicht gebügelt, und sicherlich auch durch die Hand-Staffuren an Schlitz und Ärmeln) insgesamt etwas wild aus, passt aber zumindest schlecht zum Charme des Teils.
Der Schnitt ist auch noch etwas weiter als es bei den kommenden Hemden der Fall sein wird, das ist aber gewollt, auch da ich es ja noch irgendwie über den Kopf kriegen muss, ohne das Teil beim dritten Überziehen versehentlich zu zerfetzen.

Noch ein Blick auf meine zeitlich komplett bescheuerten Übertreibungen in Sachen Handnähte, aber ich bin verdorben, ich kann kaum mehr anders. Klingt komisch, es kann aber tatsächlich sehr viel entspannter sein, das so zu machen als mit Maschine, dauert eben nur länger - das Teil hat insgesamt über 22 Stunden gefressen.
Tencina_oliv_Details_collage.jpg

Dann wollte ich noch eine Strickjacke machen, hier das Ergebnis:
(80% Schurwolle, 20% Lammwolle, Strickstoff aus Restbestand von Missoni, Knöpfe Kokos)

Die basiert tatsächlich auf demselben Schnitt wie das popover oben, ich habe nur Trick 17 angewendet und etwas weniger Nahtzugabe weggenäht als ich beim Zuschnitt zugegeben habe. Außerdem habe ich die Abnäher im Rücken weggelassen.
StrickjackeJeansblau_03.jpg
Die tiefen Ärmelnähte habe ich mal so in Kauf genommen, sie kommen zum einen natürlich ganz einfach dadurch zustande, dass die Jacke nicht bis oben hin geschlossen ist und dementsprechend auseinanderklafft, aber natürlich könnte man auch sagen, dass sie zur "bequemen" Optik passen.

StrickjackeJeansblau_02.jpg
Die Taschen hier sind die ersten, die ich blind aufgenäht habe, das war etwas fummelig und ist sagen wir mal mit guten 70 Prozent Zufriedenheit abgeschlossen worden.
Ansonsten habe ich alles was geht "unsichtbar" anstaffiert, sodass keine Steppnähte außen sichtbar sind.

Dabei geholfen hat der nächste Trick 17, nämlich, sich die Webkante, die man hier nicht versäubern muss, zunutze zu machen. Knopf- bzw. Knopflochleiste musste also nicht doppelt umgeschlagen werden (und ist dementsprechend nicht so dick geworden), die Taschen sind an der Öffnung garnicht umgeschlagen.
StrickjackeJeansblau_01.jpg

StrickjackeJeansblau_Details_01.jpg
DSC_0861.JPG
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Die Knopflöcher gingen an dem Stoff außergewöhnlich beschissen zu stechen. Mehr möchte ich dazu nicht sagen. Außer, dass sie entsprechend beschissen aussehen, wenn man genauer hinsieht. Und, dass der dicke, weiche Stoff zumindest optisch einiges "wegfrisst".

Ich scheine für diese Teile aktuell immer um die 20 Stunden zu brauchen, hier 19,5.
 
Gut, es folgt eine Flut an Bildern zum Hopsack-Jackett. Inkl. Schnitterstellung war das ja jetzt mit gut 100 Stunden mein aufwendigstes Projekt.

Nebenbei bemerkt konnte ich die Fotos jetzt schon machen, da ich zufällig second hand ein vanLaak-Seidenhemd auftreiben konnte, das sich halbwegs zum Tragen unterm Jackett eignet. Ich hatte es ursprünglich gekauft, um es komplett auseinanderzunehmen und neu zusammenzunähen, da es etwas zu groß ist, es stellte sich jedoch als nicht so viel zu groß heraus, dass sich das ansatzweise lohnen würde. Also habe ich lediglich die Knöpfe an den Manschetten versetzt, sodass diese verengt sind und die Mehrlänge an den Ärmeln nach oben geschoben ist, was ja nicht schlimm ist, wenn das Jackett darüber getragen wird, zumal der Seidenstoff ja sehr dünn ist und die Falten bzw. Mehrweite nicht wirklich aufträgt.

Noch ein Disclaimer: Ja, das Hemd ist ungebügelt, nein, ich schäme mich nicht, ja, der Kragensteg ist auf allen Fotos komisch verrutscht, nein, das nervt mich nicht, ja, ich tue nur so, als würde es mich nicht nerven.

HopsackJ_fertig_01.jpg

Und noch ein kurzer freudiger Einwurf:
Ich habe die Beinlänger bei der Hose gefixt, indem ich einen Umschlag rangeklatscht habe. So ists ein gutes Stück besser.
DSC_0860.JPG

Kurz den Schnitt abgehakt: Durch die aufgesetzen Front-Taschen hatte ich ja die Front-Abnäher weggelassen bzw. an den Seitennähten vertan, ob das mit zu den Schrägzügen am Schließknopf geführt hat weiß ich nicht so recht, gefühlt ist da genug Weite, werden wir beim nächsten auf diesem Schnitt basierenden Jackett sehen.
HopsackJ_fertig_02.jpg
Insgesamt bin ich mit der Passform ganz zufrieden, man bedenke, dass ich hier ja noch nicht erst geheftet und direkt am Teil angepasst habe, also nur etwas mit Nesselprobe gearbeitet habe, da das hier ja das erste Teil von diesem Schnitt ist, den ich neu nach Müller konstruiert hatte.

HopsackJ_fertig_03.jpg
HopsackJ_fertig_04.jpg
HopsackJ_fertig_05.jpg
HopsackJ_fertig_06.jpg
HopsackJ_fertig_08.jpg
Der Rücken wirft zwar ein paar Falten...

...ich bin mir aber garnicht so sicher, ob man da noch viel von hätte wegnehmen können, ohne Bewegungsfreiheit/Komfort einzuschränken:
HopsackJ_fertig_09.jpg
 
DSC_0919.JPGDSC_0920.JPG
Auch hier hat mich besagte Gimpe geärgert, deswegen sind die Front-Knopflöcher leider nicht so toll geworden, wie sie hätten werden können.
Die Ärmelknopflöcher sind sehr viel besser:
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DSC_0898.JPG

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Die Waffestreifen in der Armkugel sieht man eben, da es kein Ärmelfutter gibt, man kann nicht alles haben.
 
Was genau denn? Passform? Schnitt? Und vor allem: Warum genau? Ich poste das hier, weil mich interessiert, warum dieses oder jenes eurer Meinung nach nicht funktioniert, nicht, was.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Was genau denn? Passform? Schnitt? Und vor allem: Warum genau? Ich poste das hier, weil mich interessiert, warum dieses oder jenes eurer Meinung nach nicht funktioniert, nicht, was.
Das Sakko ist für mich das erste Kleidungsstück, was ernsthaft tragbar sein könnte. Die Taschen außen sind etwas eigenwillig, ich hätte drei oder vier Knöpfe gewählt und die Innentasche finde ich auch ulkig. Der Schnitt könnte der Mehrheit zu sportlich sein, mir gefällt es aber - zumindest an Dir.

Aber nun zum großen Ganzen, auf welches vielleicht auch der Professor hinaus möchte: Mir kommt es vor, als wenn viele Sachen nicht zu 100% zu Ende gedacht sind bzw. in einem sehr experimentellen Stadium verbleiben, zB das letzte „Hemd“ in dieser olivgrünen Kunstfaser. Kurze Ärmel, stark deckende Unifarbe, Kunstfaser. Damit arbeitest Du zumindest am Geschmack des Forums völlig vorbei und wirst Deinem (von mir so wahrgenommenen) eigenen Anspruch an die Fertigung klassischer Herrenkleidung nicht gerecht.

Andere Beispiele wären das weiße Hemd mit diesen „Blüten“ im Stoff, die Jeans mit den skurrilen Taschen oder die Strickjacke als aktuellstes Beispiel.

Trotzdem finde ich die Entwicklung - mit dem Sakko als für mich vorläufigen Höhepunkt - wirklich beeindruckend und ich könnte mir vorstellen, dass Reise durchaus in die richtige Richtung geht. Und vor allem hoffentlich noch lange weiter.

Bei aller Bewertung bitte nicht vergessen: Geschmäcker sind verschieden und nicht jedem müssen Deine Werke gefallen. Bitte weiter so!

Ich bleibe gespannt.
 
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