Dick Hurts
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Pflege von pflanzlich gegerbtem Leder
Vorwort
Da ich bereits von einigen Usern auf das Thema Lederpflege angesprochen wurde, habe ich eine kleine Zusammenfassung geschrieben. Die, die nicht gerne lesen oder einfach kein Interesse an den Details haben, können sich den Artikel schenken und gleich zum letzten Abschnitt springen, da ist das Wichtigste in ein paar Zeilen zusammengefasst.
Lederpflege
Wie so oft gibt es auch bei der Pflege von pflanzlich gegerbtem Leder keinen "einzig wahren" Weg, keine ultimative Methode. Würde man 10 Gerber, Sattler oder Schuhmacher nach der besten Pflegeroutine fragen, man würde wahrscheinlich 12 verschiedene Antworten erhalten. Trotzdem gibt es einige Punkte, bei denen sich die meisten einig sind. Diese gemeinsame Schnittmenge möchte ich hier kurz erläutern und ein paar Tipps geben, wie man die Lebensdauer seiner Lederartikel beträchtlich verlängern und dabei den Pflegeaufwand in überschaubaren Grenzen halten kann.
Der folgende Text bezieht sich nur auf pflanzlich/vegetabil gegerbtes Leder von Nutzvieh wie Kuh, Pferd oder Ziege. Der englische Begriff dafür ist "vegetable tanned leather" oder kurz "veg tan". Die meisten Leder in der Bekleidungsindustrie (Jacken, Schuhe) sind aber chromgegerbt und bedürfen anderer Behandlung.
Reinigung
Die einfachste und effektivste lebensverlängernde Massnahme ist die regelmässige Reinigung des Leders. Im einfachsten Fall ist das das Abbürsten mit einer Rosshaarbürste. Wer will, kann das Leder danach noch mit einem feuchten (nicht nassen!) Lappen kurz abwischen, bei Raumtemperatur trocknen lassen, fertig.
Was das bringt? Schmutzpartikel auf dem Leder haben eine abrasive Wirkung und beschädigen das Leder, dem wird so vorgebeugt.
Theoretisch wäre es am besten, man würde das täglich oder nach jedem Benützen des Gegenstands machen, was in der Praxis wohl niemand wirklich tut. Ich persönlich habe vor dem Computer eine Rosshaarbürste rumliegen die ich dann bei längeren Ladezeiten oder dergleichen kurz benütze. Bürsten und feucht abwischen ist etwas, das man auch prima während dem Fernsehen erledigen kann. Im Schnitt führe ich diese beiden Schritte wohl so ein mal pro Woche durch und alles in allem dauert der Vorgang nicht länger als fünf Minuten für all meine Ledersachen.
Rückfettung & Pflege
Als gut informierte iGents sind wir uns eine ziemlich exzessive Pflegeroutine für unser Schuhwerk gewohnt. Ich kenne nicht wenige Leute, die ihre Schuhe nach jedem Tragen der kompletten Prozedur mit Reinigung und Wachsen unterziehen. So ein Enthusiasmus ist zwar lobenswert, wäre bei pflanzlich gegerbtem Leder aber nicht nur übertrieben, sondern sogar kontraproduktiv.
Fakt ist, dass das Leder mit der Benützung Fette und Öle und somit seine Flexibilität verliert. Fakt ist auch, dass man dem Material mit Lederpflegemitteln oder Lederbalsam diese wieder zuführen kann und sollte. Zu viel davon kann allerdings die Struktur des Leder verändern und dieses nachhaltig beschädigen. Es ist also ein schmaler Grat zwischen "zu viel" und "zu wenig", im Zweifelsfall ist "zu wenig" aber immer besser. Nachfetten geht immer, Entfetten nicht.
Zu der Frequenz der Anwendung von Pflegemitteln gehen die Meinungen ziemlich weit auseinander. Von "1 mal pro Monat" bis "1 mal pro Jahr" habe ich schon alles gehört. Grundsätzlich kommt es natürlich auf die Art und Häufigkeit der Nutzung an. Eine täglich in der Jeanstasche getragene Brieftasche benötigt selbstverständlich mehr Pflege als ein Gürtel, der 1 mal pro Monat zum Einsatz kommt. Meine eigene Richtlinie lautet: Nach drei Monaten effektiver Benützung wird gepflegt. Sprich: Ein Gürtel, den ich jeden zweiten Tag trage, kriegt nach 6 Monaten eine Behandlung mit dem Conditioner meiner Wahl, womit wir beim nächsten Thema wären.
Das Pflegemittel
Es gibt hunderte von Lederpflegemitteln. In Dosen, Tiegeln, Tuben oder Spraydosen, mit allerlei abenteuerlichen Zutaten.
Doch es gibt nur zwei Zutaten, die essentiell sind und sich über Jahrzehnte (wenn nicht Jahrhunderte) bewährt haben:
- tierisches Öl/Fett
- Wachs
Das Öl legt sich zwischen die Fasern des Leders und hält dieses geschmeidig und flexibel. Typische Vertreter aus der Sparte der tierischen Öle sind Klauenöl (Neatsfoot Oil), Nerzöl (Mink Oil) und Fischöle wie z.B. Dorschtran (Cod Oil) aber auch Talg (Tallow). Pflanzliche Öle wie Olivenöl werden auch ab und zu verwendet, die tierischen Öle sind aber zu bevorzugen.
Das Öl sollte der Hauptbestandteil des Pflegemittels sein.
Sinn und Zweck von Wachs ist die Bildung einer Schutzschicht, wie man das auch bei der Schuhpflege kennt. In den meisten Fällen handelt es sich um Bienenwachs, es gibt aber auch Conditioner die Palmen-/Carnaubawachs enthalten.
Meine persönlichen Favoriten in diesem Bereich sind:
- Sedgwicks Leather Care
- Obenauf's heavy duty LP
Weitere Produkte, die ich bereits verwendet habe und empfehlen kann:
- Obenauf's Leather Oil
- Skidmores Leather Cream
- Bense & Eicke Lederbalsam
Pflegemittel, die ich selbst noch nie probiert habe, die aber gemeinhin als "gut" gelten:
- Montana Pitch Blend
- Fiebings Aussie Conditioner
Ich weiss, das ganze ist etwas Ami-lastig, aber mit Hilfe der Inhaltsangaben auf einem Conditioner sind die guten Produkte relativ einfach zu erkennen. Es gibt auch im deutschsprachigen Raum neben Bense & Eicke noch etliche andere Anbieter und ich bin überzeugt, dass die meisten davon ihren Zweck erfüllen.
Die Anwendung
Vor jeder Applikation eines Pflegemittels wird das Leder wie bereits beschrieben gebürstet und mit einem feuchten Lappen abgewischt. Das öffnet die Poren und erlaubt eine gleichmässige Verteilung des Mittels im Leder. Das Aufbringen des Conditioners erfolgt entweder über einen Lappen oder - die von mir bevorzugte Methode - mit den Fingern. Bestimmte Produkte wie z.B. Obenauf's heavy duty LP oder Sedgwicks haben eine ziemlich feste Konsistenz und werden durch die Körperwärme etwas aufgewärmt und somit leichter zu applizieren. Falls nötig, kann man das ganze auch mit einem Haartrockner erwärmen, bis die gewünschte Konsistenz erreicht ist. Wie auch bei der Schuhpflege ist auch hier weniger mehr. Eine dünne Schicht ist in der Regel ausreichend.
ACHTUNG! Nicht erschrecken, wenn sich das Leder beim Auftragen verdunkelt und eine fleckige, unregelmässige Optik annimmt. Das Öl braucht eine gewisse Zeit, um sich im Leder gleichmässig zu verteilen. Nach ein paar Stunden sollte der Ursprungszustand wieder erreicht sein, mit der Einschränkung, dass eine leichte, permanente Verdunkelung des Leders bleiben wird, das muss man sich bewusst sein. Das betrifft hauptsächlich ungefärbtes Leder und die Änderung ist nur minimal. Bei einem mittel- oder gar dunkelbraunen Leder wird man die Veränderung kaum bemerken. Ausserdem ist dieser Effekt oft sogar erwünscht und geht bereits in Richtung "Patina".
Idealerweise lässt man das Teil dann über Nacht ruhen und geht am nächsten Tag noch einmal mit der Rosshaarbürste drüber. Je nach Wachsgehalt ist oftmals sogar ein ganz ordentlicher Glanz möglich.
Ganz kurz zusammengefasst:
Vorwort
Da ich bereits von einigen Usern auf das Thema Lederpflege angesprochen wurde, habe ich eine kleine Zusammenfassung geschrieben. Die, die nicht gerne lesen oder einfach kein Interesse an den Details haben, können sich den Artikel schenken und gleich zum letzten Abschnitt springen, da ist das Wichtigste in ein paar Zeilen zusammengefasst.
Lederpflege
Wie so oft gibt es auch bei der Pflege von pflanzlich gegerbtem Leder keinen "einzig wahren" Weg, keine ultimative Methode. Würde man 10 Gerber, Sattler oder Schuhmacher nach der besten Pflegeroutine fragen, man würde wahrscheinlich 12 verschiedene Antworten erhalten. Trotzdem gibt es einige Punkte, bei denen sich die meisten einig sind. Diese gemeinsame Schnittmenge möchte ich hier kurz erläutern und ein paar Tipps geben, wie man die Lebensdauer seiner Lederartikel beträchtlich verlängern und dabei den Pflegeaufwand in überschaubaren Grenzen halten kann.
Der folgende Text bezieht sich nur auf pflanzlich/vegetabil gegerbtes Leder von Nutzvieh wie Kuh, Pferd oder Ziege. Der englische Begriff dafür ist "vegetable tanned leather" oder kurz "veg tan". Die meisten Leder in der Bekleidungsindustrie (Jacken, Schuhe) sind aber chromgegerbt und bedürfen anderer Behandlung.
Reinigung
Die einfachste und effektivste lebensverlängernde Massnahme ist die regelmässige Reinigung des Leders. Im einfachsten Fall ist das das Abbürsten mit einer Rosshaarbürste. Wer will, kann das Leder danach noch mit einem feuchten (nicht nassen!) Lappen kurz abwischen, bei Raumtemperatur trocknen lassen, fertig.
Was das bringt? Schmutzpartikel auf dem Leder haben eine abrasive Wirkung und beschädigen das Leder, dem wird so vorgebeugt.
Theoretisch wäre es am besten, man würde das täglich oder nach jedem Benützen des Gegenstands machen, was in der Praxis wohl niemand wirklich tut. Ich persönlich habe vor dem Computer eine Rosshaarbürste rumliegen die ich dann bei längeren Ladezeiten oder dergleichen kurz benütze. Bürsten und feucht abwischen ist etwas, das man auch prima während dem Fernsehen erledigen kann. Im Schnitt führe ich diese beiden Schritte wohl so ein mal pro Woche durch und alles in allem dauert der Vorgang nicht länger als fünf Minuten für all meine Ledersachen.
Rückfettung & Pflege
Als gut informierte iGents sind wir uns eine ziemlich exzessive Pflegeroutine für unser Schuhwerk gewohnt. Ich kenne nicht wenige Leute, die ihre Schuhe nach jedem Tragen der kompletten Prozedur mit Reinigung und Wachsen unterziehen. So ein Enthusiasmus ist zwar lobenswert, wäre bei pflanzlich gegerbtem Leder aber nicht nur übertrieben, sondern sogar kontraproduktiv.
Fakt ist, dass das Leder mit der Benützung Fette und Öle und somit seine Flexibilität verliert. Fakt ist auch, dass man dem Material mit Lederpflegemitteln oder Lederbalsam diese wieder zuführen kann und sollte. Zu viel davon kann allerdings die Struktur des Leder verändern und dieses nachhaltig beschädigen. Es ist also ein schmaler Grat zwischen "zu viel" und "zu wenig", im Zweifelsfall ist "zu wenig" aber immer besser. Nachfetten geht immer, Entfetten nicht.
Zu der Frequenz der Anwendung von Pflegemitteln gehen die Meinungen ziemlich weit auseinander. Von "1 mal pro Monat" bis "1 mal pro Jahr" habe ich schon alles gehört. Grundsätzlich kommt es natürlich auf die Art und Häufigkeit der Nutzung an. Eine täglich in der Jeanstasche getragene Brieftasche benötigt selbstverständlich mehr Pflege als ein Gürtel, der 1 mal pro Monat zum Einsatz kommt. Meine eigene Richtlinie lautet: Nach drei Monaten effektiver Benützung wird gepflegt. Sprich: Ein Gürtel, den ich jeden zweiten Tag trage, kriegt nach 6 Monaten eine Behandlung mit dem Conditioner meiner Wahl, womit wir beim nächsten Thema wären.
Das Pflegemittel
Es gibt hunderte von Lederpflegemitteln. In Dosen, Tiegeln, Tuben oder Spraydosen, mit allerlei abenteuerlichen Zutaten.
Doch es gibt nur zwei Zutaten, die essentiell sind und sich über Jahrzehnte (wenn nicht Jahrhunderte) bewährt haben:
- tierisches Öl/Fett
- Wachs
Das Öl legt sich zwischen die Fasern des Leders und hält dieses geschmeidig und flexibel. Typische Vertreter aus der Sparte der tierischen Öle sind Klauenöl (Neatsfoot Oil), Nerzöl (Mink Oil) und Fischöle wie z.B. Dorschtran (Cod Oil) aber auch Talg (Tallow). Pflanzliche Öle wie Olivenöl werden auch ab und zu verwendet, die tierischen Öle sind aber zu bevorzugen.
Das Öl sollte der Hauptbestandteil des Pflegemittels sein.
Sinn und Zweck von Wachs ist die Bildung einer Schutzschicht, wie man das auch bei der Schuhpflege kennt. In den meisten Fällen handelt es sich um Bienenwachs, es gibt aber auch Conditioner die Palmen-/Carnaubawachs enthalten.
Meine persönlichen Favoriten in diesem Bereich sind:
- Sedgwicks Leather Care
- Obenauf's heavy duty LP
Weitere Produkte, die ich bereits verwendet habe und empfehlen kann:
- Obenauf's Leather Oil
- Skidmores Leather Cream
- Bense & Eicke Lederbalsam
Pflegemittel, die ich selbst noch nie probiert habe, die aber gemeinhin als "gut" gelten:
- Montana Pitch Blend
- Fiebings Aussie Conditioner
Ich weiss, das ganze ist etwas Ami-lastig, aber mit Hilfe der Inhaltsangaben auf einem Conditioner sind die guten Produkte relativ einfach zu erkennen. Es gibt auch im deutschsprachigen Raum neben Bense & Eicke noch etliche andere Anbieter und ich bin überzeugt, dass die meisten davon ihren Zweck erfüllen.
Die Anwendung
Vor jeder Applikation eines Pflegemittels wird das Leder wie bereits beschrieben gebürstet und mit einem feuchten Lappen abgewischt. Das öffnet die Poren und erlaubt eine gleichmässige Verteilung des Mittels im Leder. Das Aufbringen des Conditioners erfolgt entweder über einen Lappen oder - die von mir bevorzugte Methode - mit den Fingern. Bestimmte Produkte wie z.B. Obenauf's heavy duty LP oder Sedgwicks haben eine ziemlich feste Konsistenz und werden durch die Körperwärme etwas aufgewärmt und somit leichter zu applizieren. Falls nötig, kann man das ganze auch mit einem Haartrockner erwärmen, bis die gewünschte Konsistenz erreicht ist. Wie auch bei der Schuhpflege ist auch hier weniger mehr. Eine dünne Schicht ist in der Regel ausreichend.
ACHTUNG! Nicht erschrecken, wenn sich das Leder beim Auftragen verdunkelt und eine fleckige, unregelmässige Optik annimmt. Das Öl braucht eine gewisse Zeit, um sich im Leder gleichmässig zu verteilen. Nach ein paar Stunden sollte der Ursprungszustand wieder erreicht sein, mit der Einschränkung, dass eine leichte, permanente Verdunkelung des Leders bleiben wird, das muss man sich bewusst sein. Das betrifft hauptsächlich ungefärbtes Leder und die Änderung ist nur minimal. Bei einem mittel- oder gar dunkelbraunen Leder wird man die Veränderung kaum bemerken. Ausserdem ist dieser Effekt oft sogar erwünscht und geht bereits in Richtung "Patina".
Idealerweise lässt man das Teil dann über Nacht ruhen und geht am nächsten Tag noch einmal mit der Rosshaarbürste drüber. Je nach Wachsgehalt ist oftmals sogar ein ganz ordentlicher Glanz möglich.
Ganz kurz zusammengefasst:
- Abbürsten und feucht abwischen so oft wie möglich
- Behandlung mit Pflegemittel alle 3 Monate (90 Tage effektiver Nutzung)
- Das Pflegemittel sollte hauptsächlich aus tierischen Fetten/Ölen bestehen und Wachs (Bienenwachs) enthalten.
- Vor der Pflege Abbürsten und feucht abwischen.
- Mittel sparsam auftragen, über Nacht ruhen lassen, am nächsten Tag abbürsten.
- Alternative: Pflege weglassen, sich am "stilvollen altern" erfreuen und dann neu kaufen