pierino
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Ist es denn nicht so? Wer will ernsthaft Fertigprodukte mit zig unnützen Stabilisatoren, Emulgatoren, Geschmacksverstärkern und Farbstoffen in sich hineinschaufeln? Trotzdem sehe ich an der Lebensmittelmarktkasse in den Körben der Kunden vor mir meist mehr solches Zeug als Gemüse, Obst oder auch einmal einen Rehrücken. Warum? Wir sagen: Weil es nichts anderes mehr gebe und weil in der Werbung gesagt werde, es schmeckte besser und sei schneller zuzubereiten. Die Industrie sagt: Weil der Kunde solche Produkte haben wolle.
Ich habe zwar ebenfalls eine große Skepsis gegenüber der Industrie und ihren Versprechungen. Gleichwohl weiß ich auch, dass die Industrie auch (sicher nicht nur) tatsächlich vorhandene Bedürfnisse befriedigt. Dass dem so ist, ist die Daseinsberechtigung für die Industrie.
Ohne eine indurstrielle Fertigung wäre unser Lebensstandard heute sicher ein anderer. Vielleicht hätten wir ohne Industrie alle noch Maßkleidung (was ich jedoch zu bezweifeln wage). Dafür könnte sich ein Arbeiter oder Angestellter immer noch kein Auto leisten und du hättest keinen PC um hier mitzudiskutieren.
Zudem, leben auch viele von und mit der Industrie. Nicht die gesamte Menscheit kann von den Errungenschaften der Geisteswissenschaften, ohne die unser Leben allerdings unvergleichlich ärmer wäre, leben.
Daß ich mir den "Luxus" guter Kleidung leisten kann ist keine Frage der grundsätzlichen finanziellen Dispostition, vielmehr bin ich der Meinung, daß jeder, der will auch kann. Rauch' und sauf' ich eben nicht bis zum Exzess und denke beim Einkauf im Supermarkt (Beispiel läßt grüßen) etwas mit, fertig ist die Lauge. Die Frage des Leistenkönnens spielt höchstens beim "Wie schnell?" eine Rolle und gerade da ist weniger oft wesentlich nachhaltiger.
Wenn ich richtig informiert bin, liegt der durchschnittliche Bruttoverdienst in Deutschland, einem außerordentlich reichen Land, bei ca. 3.000 €. Das werden netto, je nach familiärer Situation, etwas mehr als 2.000 € sein. Der von dir Jedermann empfohlene Maßanzug ist in Deutschland also für das ca. 1,5 bis 2-fache des durchschnittlichen Monatseinkommens zu bekommen.
Vor diesem faktischen Hintergrund finde ich deine Aussage, "jeder der will auch kann" nicht nur falsch sondern auch reichlich abgehoben.
Grundsätzlich bin ich zwar durchaus, deiner Meinung, dass eine Ausgabe nachhaltig sein sollte und sich eine Kaufentscheidung vor allem am Gedanken der Nachhaltigkeit orientieren sollte. Spätestens wenn zwei und mehr Käufe zu tätigen sind, geht es bei beschränkten Ressourcen aber um Prioritäten.
Wenn sich also ein Familienvater, vor dem oben beschriebenen Hintergrund für einen Konfektionsanzug, also einen Anzug, der wegen der industriellen Fertigung (absolut betrachtet) günstiger angeboten werden kann, entscheidet, ist das nicht nur plausibel, sondern aus seiner Perspektive u.U. vernünftig und richtig.
Rauch' und sauf' ich eben nicht bis zum Exzess und denke beim Einkauf im Supermarkt (Beispiel läßt grüßen) etwas mit, fertig ist die Lauge.
Kommt bei jedem Stammtisch sicher gut an.
Gruß
p