Görtz schließt viele Filialen - Meinungen?

Guenter

Well-Known Member
Hallo,

als ich die Meldung sah, habe ich kurz darüber nachgedacht, wann ich das letzte Mal bei Görtz war und wann ich das letzte Mal etwas dort gekauft habe.

2008 - 2012 habe ich sehr häufig Schuhe bei Görtz gekauft, da das Angebot an Rahmengenähten in "extraweit" sehr gut war.
Ich bin gern zu Görtz gegangen, weil ich immer etwas finden konnte. Insbesondere von deren Eigenmarke "Ludwig Görtz". Dann hat man sich offensichtlich von "extraweit" verabschiedet und somit gab es für mich dort nichts mehr anzuprobieren bzw. zu kaufen.

Ein letzter Versuch, einen "AllenEdmonds" in "EEE" zu kaufen, wurde ca. 14 Monate nach der Bestellung und dem damit verbunden Warten abgebrochen. An einer Neubestellung bzw. Ersatzlieferung von "AllenEdmonds" oder dem Verkauf einer Alternative hatte Görtz kein Interesse. Gut, einen "Dinkelacker Janosh K" hätte man nehmen können, war aber für mich kein Thema, da ich schon 3 Dinkelacker besaß.

Seit ein paar Jahren gibt es für mich überhaupt keinen Grund mehr, einen Görtz aufzusuchen. Eine große "Lloyd"-Auswahl finde ich an jeder Straßenecke. Deswegen muss ich nicht einen weiteren Weg zu einem Görtz auf mich nehmen.

Ich frage mich, warum Görtz das höherpreisige Segment, also Herrenschuhe ab ca. 250 € aufwärts, so schlecht behandelt hat und in dem Bereich ausschließlich auf "extraschmale Santoni" gesetzt hat? In einem anderen Thread habe ich schon mal dargelegt, dass die meisten Männer nur deshalb Turnschuhe/Wanderschuhe tragen, weil sie dort weite Exemplare finden. Aus irgendwelchen Gründen bekommt das der Schuhhandel mit weit oder extraweit nicht auf die Reihe. Selbst bei Langner-Messmer ist es mir in ca. 10 Jahren nicht gelungen, einen extraweit zu erhaschen, da die immer sofort in meiner Größe (44/45) vergriffen waren.

Gewinner dieser Situation ist der Hersteller "Handmacher", der neben 3 Weiten auch 2 Ristvarianten bietet. Ferner sind über Jahre auch die gleichen Schuhe kontinuierlich im Programm und ich empfinde es als sehr angenehm, den identischen Schuh, evtl. in einer anderen Farbe nachkaufen zu können.

Gruß
Günter
 
Ich frage mich, warum Görtz das höherpreisige Segment, also Herrenschuhe ab ca. 250 € aufwärts, so schlecht behandelt hat und in dem Bereich ausschließlich auf "extraschmale Santoni" gesetzt hat?
Vielleicht liegt das daran, daß klassische Herrenschuhe außerhalb solcher Foren tatsächlich (leider) nicht mehr so häufig getragen und gekauft werden. Vor allem im höherpreisigen Segment kann ich mir gut vorstellen, dass das nicht so einfach ist.
Ob Sneaker/Turnschuhe nur getragen werden, weil es keine weiten Modelle der klassischen Modelle gibt? Das wage ich zu bezweifeln. Der Casualttrend macht sich ja auch bei Schuhen breit. Zum Jersey-Suit wird eben auch gerne der Sneaker getragen und nicht der Oxford.
 
Vielleicht liegt das daran, daß klassische Herrenschuhe außerhalb solcher Foren tatsächlich (leider) nicht mehr so häufig getragen und gekauft werden. Vor allem im höherpreisigen Segment kann ich mir gut vorstellen, dass das nicht so einfach ist.
Ob Sneaker/Turnschuhe nur getragen werden, weil es keine weiten Modelle der klassischen Modelle gibt? Das wage ich zu bezweifeln. Der Casualttrend macht sich ja auch bei Schuhen breit. Zum Jersey-Suit wird eben auch gerne der Sneaker getragen und nicht der Oxford.
Nicht nur die klassischen Herrenschuhe haben ihre herrschende Stellung längst verloren und sind zum Nischenprodukt degradiert worden. Dies trifft, man mag es bedauern, wohl auch auf „klassische Bekleidung“ im Allgemeinen zu. Alles hat eben seine Zeit, wohl oder übel. Allerdings, und das mag für den Connoisseur ein kleiner Trost sein, werden Fragmente dieser Art Kultur weiter fortexistieren, wenn auch fern des Mainstreams. Das Angebot dahingehend dürfte sich jedoch weiter dem Trend folgend mehr und mehr ausdünnen.

Ansonsten denke ich auch nicht, dass die nicht mehr vorhandene Verfügbarkeit eines breiten Leistenspektrum ursächlich für den Siegeszug des Sneakers ist, beschleunigt dürfte sie diese Entwicklung aber durchaus haben.
 
Nicht nur die klassischen Herrenschuhe haben ihre herrschende Stellung längst verloren und sind zum Nischenprodukt degradiert worden. Dies trifft ... wohl auch auf „klassische Bekleidung“ im Allgemeinen zu. Alles hat eben seine Zeit ...

Es kommt aber auch "klassisches" wieder. Wie z.B. mechanische Uhren und der aktuelle Hype um Rolex/Tudor. Oder der Trend zu haltbarer und nachhaltiger englisch-, schottisch-, irisch- oder bayrischer Landmode.

Der klassische Herrenschuh ist m.E. aber auch fehlenden Preiserhöhungen zum Opfer gefallen. Hier hätten Handel und Hersteller stärker zulangen müssen. Es kann wirtschaftlich nicht funktionieren, dass z.B. ein Dinkelacker in 2023 noch genau so viel kostet wie vor 15 Jahren in 2008.

Warum haben irgendwelche kurzlebenden "Weg-Werf-Turnschlappen" den ursprünglichen Preisrahmen vollkommen in Richtung High End verlassen können, was deren Nachfrage nicht geschadet hat?
Warum werden nachhaltige, Jahrzehnte haltendende, reparierbare, klassische Herren-Premium-Lederschuhe vom Markt - gegen den Trend - nicht angenommen?
 
Ich war 2-3 Mal im Flagship Store von görtz, in dem man eine große Auswahl an schönen Schuhen hatte. Jedesmal hat mir ein Paar sehr gut gefallen, welches es dann nicht in meiner Größe gab. Ich hab also leider nicht meinen Beitrag zum Erhalt beitragen können.
 
Natürlich kann man immer das begrenzte Warenangebot anführen, das zum Niedergang geführt hat, wobei die Leser dieses Forums und Gleichgesinnte mit ihren Bekleidungsinteressen nie einen grossen Anbieter alleine stützen werden können.

Der wesentliche Grund ist, dass das Konzept (grosser) stationärer Lokationen seinem Ende zu geht. Bereits vor Corona ging der Trend klar Richtung online. Corona hat den Effekt massiv verstärkt.

Viele Kunden haben festgestellt, dass online kaufen 1. funktioniert und 2. bequem ist. Keine lange Fahrt in die Stadt entweder im überfüllten ÖPNV oder auf überfüllten Straßen und teuren Parkplätzen im eigenen PKW, um letztlich festzustellen, dass das ersehnte Produkt nicht vorrätig ist, aber natürlich gerne bestellt werden kann, wenn der Kunde den Kauf garantiert. Ganz zu schweigen von Geschäften, die samstags um 14 oder 16 Uhr schließen (um einen Beitrag zum Energiesparen zu leisten ...).
Jedes Jahr wird der stationäre Handel in der heutigen Form unattraktiver.

Was es bräuchte, um das zu ändern wären Erlebniswelten, in denen Einkaufen zum Event wird mit intelligenter Verknüpfung von stationären Erlebnis und online Kauf und Lieferung. Wir werden das in nicht allzu langer Zukunft bei Autohändlern erleben.

Hier sind auch die Städte gefordert, ansonsten gibt es in den Innenstädten in einigen Jahren nur noch Dönerbuden und Ramschläden (dazu zähle ich auch TKMAXX) und vielleicht noch das ein oder andere alteingesessene Geschäft, wobei die auch immer weniger werden.

Görtz ist also nur der aktuellste Fall, bin gespannt, wer als nächstes folgt.
 
Warum haben irgendwelche kurzlebenden "Weg-Werf-Turnschlappen" den ursprünglichen Preisrahmen vollkommen in Richtung High End verlassen können, was deren Nachfrage nicht geschadet hat?
Warum werden nachhaltige, Jahrzehnte haltendende, reparierbare, klassische Herren-Premium-Lederschuhe vom Markt - gegen den Trend - nicht angenommen?

Unterschiedliches Produkt, unterschiedliche Zielgruppen, unterschiedliche Kaufklientel, gesellschaftlicher Wandel, Wirkung der Preispolitik innerhalb der Käuferschaft etc.

Der Vergleich zwischen klassischem Herrenschuhwerk und - auch High-End - Sneakern geht halt fehl.
 
Grundsätzliche Zustimmung zu Deinem Beitrag, aber
Jedes Jahr wird der stationäre Handel in der heutigen Form unattraktiver.
greift noch viel zu kurz. Es sind die Innenstädte als solche, die immer unattraktiver werden. Das fängt mit den zahlreichen Maßnahmen zur Vergrämung des Autofahrers an. Und es hört damit auf, daß man sich in seiner eigenen Stadt nicht mehr zu Hause fühlt.
Die Zunahme an Stadtbeherrschern und anderen Tagesfreizeitlern schreckt mich vom Betreten der Innenstadt mehr ab, als daß vielleicht ein Artikel nicht vorrätig ist und bestellt werden muß.
Das finde ich auch nicht schlimm, denn der Mehrwert der Innenstadt besteht nicht im Einkaufen, sondern im Stöbern. Darin besteht auch der eigentliche Verlust!
ansonsten gibt es in den Innenstädten in einigen Jahren nur noch Dönerbuden und Ramschläden
Ist doch jetzt schon so. Der Markt paßt sich den neuen Publikumsbedürfnissen an. Normal. Aber ich bleibe dann eben weg. Ich brauche nunmal kein Wettbüro, kein Dönerladen und keine Shisha-Lounge. Und was ich am allerwenigsten brauche, ist ein Telefonladen, wo man billig in den Kongo telefonieren kann.

In bin zwar grundsätzlich konsumwillig, aber es mangelt an Gelegenheit und vor allem an der Freude daran.Deswegen lasse ich es. Und ich denke, so geht es vielen.
 
als ich die Meldung sah, habe ich kurz darüber nachgedacht, wann ich das letzte Mal bei Görtz war und wann ich das letzte Mal etwas dort gekauft habe.
Schuhgeschäfte wie Görtz leben nicht von Männern, die rahmengenähte Schuhe kaufen. Sie leben von Frauen und Damenschuhen, weil die in viel höherer Frequenz gekauft werden. Da auch das sich mehr und mehr von interessanter Kleidung zu irgendwas aus 'nem Billigladen plus Sneakers oder Plastiktreter reduziert, hat ein Laden wie Görtz strukturelle Umsatzeinbußen.

Es sind die Innenstädte als solche, die immer unattraktiver werden.
Grundsätzlich auch ohne Shoppingtempel sehenswerte Innenstädte wie Münster, Heidelberg, Freiburg oder Salzburg haben diesbezüglich kein Problem, weil sich dort Menschen von sich aus gerne aufhalten. Ein Problem haben hässliche Innenstädte, die nach dem WWII billig und unansehnlich wieder aufgebaut wurden und nun auch die Shoppingkomponente als einzigen Anziehungspunkt nach und nach verlieren. Sobald hochwertige Geschäfte dort nicht mehr rentabel betrieben werden können, springen Billigläden aller Art in die Bresche und ziehen ihre Klientel mit. Und schon ist es eine andere Innenstadt.

Meine Theorie ist ja auch, dass eine architektonisch interessantere Innenstadt auch von einem höheren Anteil besser gekleideter Menschen bevölkert wird. Das ergibt dann automatisch auch für Geschäfte dort eine anders gelagerte Nachfrage.
 
Es kommt aber auch "klassisches" wieder. Wie z.B. mechanische Uhren und der aktuelle Hype um Rolex/Tudor. Oder der Trend zu haltbarer und nachhaltiger englisch-, schottisch-, irisch- oder bayrischer Landmode.

Der klassische Herrenschuh ist m.E. aber auch fehlenden Preiserhöhungen zum Opfer gefallen. Hier hätten Handel und Hersteller stärker zulangen müssen. Es kann wirtschaftlich nicht funktionieren, dass z.B. ein Dinkelacker in 2023 noch genau so viel kostet wie vor 15 Jahren in 2008.

Warum haben irgendwelche kurzlebenden "Weg-Werf-Turnschlappen" den ursprünglichen Preisrahmen vollkommen in Richtung High End verlassen können, was deren Nachfrage nicht geschadet hat?
Warum werden nachhaltige, Jahrzehnte haltendende, reparierbare, klassische Herren-Premium-Lederschuhe vom Markt - gegen den Trend - nicht angenommen?
Also Dinkelacker hat nach meiner Beobachtung in letzter Zeit sehr deutliche Preiserhöhungen gehabt.
 
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