"Freiwillige vor"

Um es wie Anton Moonen zu sagen:"Ich zöge es vor, arbeiten zu lassen als selbst zu arbeiten"
Will heißen: Wenn man sich dem Druck der Perfektion, den die Kunden mit Sicherheit verlangen, unterwirft denke ich verblasst mit der Zeit die Faszination an der Mode ans sich, meiner Ansicht nach wird es nach wenigen Jahren nur der Mittel zum Zweck Geld zu verdienen, ausser man hat ausserordentliche Skills darin sich selbst zu motivieren...

Nun, ich denke, es gibt einige Berufe, auf die das von dir gesagte zutrifft. Allerdings denke ich, dass es bei Maßschneidern eben nicht so ist, dass Beruf irgendwann auf das reine Geld-verdienen "abgewertet" wird. Denn der Maßschneider ist doch mehr ein Beruf den man wirklich aus Berufung ergreift. Oder nicht? Und genau deswegen hat man doch wahrscheinlich immer einen "flow"? Interessant wäre es mal, dazu Maßschneider zu befragen?

@Arbeiten lassen: Du kannst es dir also leisten, arbeiten zu lassen und davon zu leben? Dann hast du es in deinem Alter weitgebracht....;)

"Vielleicht kennt das jemand von euch, es wird in der Psychologie von einem "flow" gesprochen, wenn es um die Ausführung von Tätigkeiten geht."

Den "flow" gibt es in vielen Bereichen...ich kenne ihn vorallem aus dem Schulbilliard...*g*

Letze Änderung: Freut mich, dass eine rege Diskussion in Gang kommt.

Wobei man sich auch fragen könnte...warum hat Hr. Roetzel nicht den Beruf des Maßschneiders ergriffen? ;)
 
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Ich meinte damit eher, dass ich es vorzöge mir ein Hemd machen zu lassen mir selbst ein Hemd zu scheidern...
 
Ich glaube der Bedarf ist in Deutschland schlicht und ergreifend nicht vorhanden. Seien wir mal ehrlich: Wer braucht Maßkleidung? Von brauchen kann im engeren Sinne ja nur bei denen die Rede sein, die aufgrund von stark abweichenden Körpermaßen partout nicht mit Kleidung von der Stange plus Änderungen oder Maßkonfektion klarkommen und gleichzeitig auf entsprechende Kleidung angewiesen sind. Damit ist der Kreis schon sehr, sehr klein. Und diejenigen, die diesem kleinen Kreis angehören, müssen es sich dann auch noch leisten können. Somit wird die Zahl derjenigen, die Maßkleidung brauchen und die entsprechenden Dienste auch in Anspruch nehmen (können) verschwindend gering.

Es bleiben noch diejenigen, die Maßkleidung zwar nicht aus oben genannten Gründen brauchen, aber dennoch schätzen und bereit sind, entsprechend Geld in die Hand zu nehmen. In einer Gesellschaft, in der Kleidungskultur generell nicht hoch geschätzt wird, im Gegenteil, zu gut gekleideten Menschen sehr schnell das Etikett oberflächlich, verschwenderisch oder arrogant, im Falle von Politikern und Wirtschaftsbossen auch gern abgehoben oder volksfremd angeheftet wird und in der Neid auf alle Bessergestellten an der Tagesordnung ist, wird die intensive Beschäftigung mit guter und teurer Kleidung zum Hobby von einigen Wenigen. Zumal wenn man bedenkt, dass man schon mit Maßkonfektion zu einer Minderheit im Straßenbild gehört und es nicht schwer sein dürfte im beruflichen oder gesellschaftlichen Umfeld zu den Bestgekleideten zu gehören. Insofern wird der Schritt zur Maßschneiderei zu einer sehr persönlichen, in gewissen Sinne selbstverliebten Angelegenheit, von der die meisten, mit denen man in Kontakt kommt, weder die Notwendigkeit noch den Nutzen erkennen.

Ein Beispiel sind die einschlägigen Internetforen, in denen überall nur ein ganz kleiner Kern der immer selben Leute Kleidung, Stil und Maßschneiderei als das Nonplusultra betrachtet. Man sollte fairerweise aber auch bedenken, dass die allermeisten mit wirklich guten Stil und den entsprechenden finanziellen Mitteln, sich niemals an diesen Internetplattformen beteiligen, sei es, weil sie es nicht nötig haben, Ratschläge zu empfangen, sei es weil sie weit bessere Möglichkeiten besitzen, ihren Stil zu kommunizieren oder sei es schlicht, weil sie das leider immer präsente "circle jerking" der immer gleichen Leute schlichtweg anwidert. In keinem Falle sollten die Wenigen, die sich über das Internet über Maßkleidung und Stil austauschen, den Fehler machen, zu glauben, dass sie auch nur im Geringsten repräsentativ für die eigentliche Zielgruppe von Maßkleidung sind. Auch wenn man also annehmen
kann, dass das eigentliche Potential von Maßkleidung außerhalb der Internetforen liegt, kann man ebenso davon ausgehen, dass in Deutschland die Dichte an Schneidern für die tatsächliche, potentielle Käuferschicht von Maßkleidung vollkommen ausreicht.

Weiterhin können die paar Wenigen, die Maßkleidung zu schätzen wissen und für sich als unabdingbar betrachten, es sich in der Regel leisten auf ausländische Schneider zurückzugreifen. Im Rahmen eines Hobbys ist es ja auch viel spannender, cooler und für das persönliche Umfeld beeindruckender, wenn man zu "seinem Schneider" nach London, Mailand oder Neapel jettet, anstatt nach Bielefeld oder Hannover zu fahren. Von denjenigen, die Maßschneiderei nicht als Hobby, sondern als selbstverständlichen, traditionellen Luxus betrachten, kann man ohnehin einen entsprechenden finanziellen Hintergrund und entsprechend viel frei zur Verfügung stehende Zeit erwarten, so dass internationales Shopping hier eine Selbstverständlichkeit darstellt.

Weder in den Medien, noch in der Politik oder in den oberen Wirtschaftskreisen ist in Deutschland (sehr) gute (Maß-)Kleidung erforderlich. Auch der Grundsatz man solle sich nicht seiner jetzigen Position entsprechend kleiden, sondern der, die man zu erreichen versucht, ist in Deutschland in den allermeisten Fällen nicht angebracht, sondern kontraproduktiv. Beherzigt man nämlich diesen Grundsatz, ist man unversehens besser gekleidet, als sein Boss, was in jedem Falle zu vermeiden ist. "Dress for success", wie es die Amerikaner betreiben, ist in Deutschland in der Regel nicht nötig und in nicht wenigen Fällen sogar karriereschädlich. Wer sich durch die Hierarchie nach oben arbeiten will, sollte eher darauf achten, nirgends und bei niemandem unangenehm aufzufallen. Da die entsprechenden Vorgesetzten einst ebenso gehandelt haben, und selbst der Vorstand es in den meisten Fällen an Eleganz und Stil mangeln lässt, ist die Skala nach oben in der Regel sehr begrenzt.

Im beruflichen Umfeld bleibt für Stil und Eleganz fast nur noch die unternehmerische Selbständigkeit als Refugium, aber solange man es mit Normalbürgern als Kunden zu tun hat, sollte man auch hier tunlichst darauf achten, es nicht zu übertreiben um nicht als arrogant und oberflächlich zu erscheinen, es sei denn man verkauft Adelstitel an Möchtegerne. Dass man dann allerdings von Bevölkerungsschichten außerhalb seiner Klientel beargwöhnt wird, sollte man einkalkulieren.

Ich behaupte nicht, dass der Deutsche per se stillos ist, aber äußere Erscheinung ist nicht das, worüber sich Deutsche definieren. Von Deutschen wird, auch im Ausland, nicht erwartet, dass sie in Maßanzügen daherkommen, sondern dass sie effektiv, fleißig und genau, gewissenhaft und organisiert, erfinderisch und innovativ sind. Und eben auch nach außen diese Werte verkörpern und nicht durch Eleganz und Wertigkeit ihrer Kleidung beeindrucken. Dem Italiener, Franzosen oder Spanier nimmt man das nicht übel und erfreut sich an seinem Charme und seiner Eleganz, während man im geschäftlichen Umgang mit ihm eine gewisse chaotische Arbeitsweise einkalkuliert und toleriert. In England sieht es noch wieder anders aus, dort werden zum einen Traditionen hochgehalten, zum anderen geht es nicht in erster Linie um Eleganz, sondern darum möglichst nicht negativ aufzufallen. Insofern dürfte England das ideale Umfeld für Maßkleidung bieten. Amerika und neuerdings auch Asien sind eher durch oberflächliche Zurschaustellung von Reichtum und Statussymbolen geprägt, als von selbstverständlicher Eleganz und Tradition.

Vor diesem Hintergrund ist es natürlich schwer Nachwuchs zu begeistern und zu versuchen einem Handwerk wieder den Stellenwert zu verschaffen, den es auch in Deutschland einmal hatte. Gäbe es jedoch einen entsprechenden Bedarf, würde sich die Lage von alleine in die dann gewünschte Richtung entwickeln.
 
Ein Beispiel sind die einschlägigen Internetforen, in denen überall nur ein ganz kleiner Kern der immer selben Leute Kleidung, Stil und Maßschneiderei als das Nonplusultra betrachtet. Man sollte fairerweise aber auch bedenken, dass die allermeisten mit wirklich guten Stil und den entsprechenden finanziellen Mitteln, sich niemals an diesen Internetplattformen beteiligen, sei es, weil sie es nicht nötig haben, Ratschläge zu empfangen, sei es weil sie weit bessere Möglichkeiten besitzen, ihren Stil zu kommunizieren oder sei es schlicht, weil sie das leider immer präsente "circle jerking" der immer gleichen Leute schlichtweg anwidert.

Interessante Sicht, zum Großteil wird es auch so sein ein aber möchte ich hier einmal fragen ob es nicht zu pauschal ist, die Behauptung aufzustellen das Menschen (Männer) mit wirklich guten Stil sich nicht in Foren austauschen. Ergo: Guter Stil = Kein (Interesse am) Austausch darüber, weil alle Kenntnisse bereits vorhanden sind?
 
Ergo: Guter Stil = Kein (Interesse am) Austausch darüber, weil alle Kenntnisse bereits vorhanden sind?
Oder gar: Guter Stil = Neuzeitliche Verschließung?

Man sollte fairerweise aber auch bedenken, dass die allermeisten mit wirklich guten Stil und den entsprechenden finanziellen Mitteln, sich niemals an diesen Internetplattformen beteiligen(...).
Dieses Argument halte ich für in etwa so haltbar wie das Vorurteil, Philologen bräuchten keine Computer.

Die Pauschalisierung das jeder gutbürgliche Jugendliche mindestens Abitur erwirbt (hat heute nicht mehr den Wert wie zu meiner Zeit) und dann höheres anstrebt ist schlicht und einfach falsch.
Ich sagte weder: jeder Sproß der Mittelschicht würde Abitur machen, noch: jeder Abiturient entspräche dieser Gesellschaftsschicht.

nur der Mittel zum Zweck Geld zu verdienen
Mein Schneider sagt: "Man muß sich von Anfang an bewußt darüber sein, daß man in diesem Beruf nicht reich wird."

Ein interessanter Aspekt, der bisher —eventuell aus mangelnder Einsicht ins Metier— nicht erwähnt wurde: Es gibt in Deutschland keinen gelernten "Herrenschneider" mehr, wie es früher der Fall war. "Herren- & Damenschneider" —vulgo: Stepper und Kleber— gibt es, sonst nichts. Anders steht es da in Österreich, England, Italien usf.
 
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Bonsoir,
also für mich hat es K.L.S. auf den Punkt gebracht. Es ist nunmal so in Deutschland und wenn sich die Nachfrage ändert wird sich auch dan Angebot (welches ja soo schlecht gar nicht ist) ändern.

In Frankreich gibt es bei jedem Dorfmetzger, Wachteln, Tauben, Fasane und in der Saison auch Schnepfen. In Deutschland ist das eine Rarität selbst in den Großstädten. Es fehlt einfach die Nachfrage nach solchen Produkten.

salut Grimod
 
Zitat von der Hanseat:

Interessante Sicht, zum Großteil wird es auch so sein ein aber möchte ich hier einmal fragen ob es nicht zu pauschal ist, die Behauptung aufzustellen das Menschen (Männer) mit wirklich guten Stil sich nicht in Foren austauschen. Ergo: Guter Stil = Kein (Interesse am) Austausch darüber, weil alle Kenntnisse bereits vorhanden sind?


Das habe ich ja nur als einen unter mehreren Aspekten angeführt und keineswegs pauschalisiert.

Es gibt ganz sicher sehr stilvolle Forenmitglieder, aber schon die absolute Anzahl derjenigen, die sich an Foren beteiligen, ist doch sehr gering, so dass man wohl zu recht annehmen darf, dass die überwiegende Mehrheit der stilbewußten und stilaffinen Menschen nicht im WWW in Erscheinung treten.


Zitat von Florian S. Kueblbeck:

oder gar: Guter stil = neuzeitliche verschließung?


Das glaube ich nicht.


Zitat von Florian S. Kueblbeck:

Dieses argument halte ich für in etwa so haltbar wie das vorurteil, philologen bräuchten keine computer.


Siehe oben erste Antwort auf das Zitat von der Hanseat. Es wäre wirklich traurig um unser Land bestellt, wenn es anders wäre. Wenn diejenigen, die sich in den einschlägigen Foren tummeln schon die Mehrheit der Stilaffinen wäre, oder auch nur einen beträchtlichen Anteil derer darstellten, wäre die Gesamtanzahl gemessen an der Bevölkerung doch arg klein.
Wer macht das Experiment und spricht stilvolle Leute auf der Straße an und fragt, ob sie einen Forenaccount haben? Oder macht eine entsprechende Umfrage unter stilvollen Leuten aus der gehobenen Gesellschaftsschicht oder der Wirtschaftselite oder des Adels oder, oder, oder?



Ich hatte schon einmal in Erwägung gezogen, einen Beitrag zu schreiben mit etwa dem Titel: "Ist das diskutieren über Stil im Internet stillos?" Auf jeden Fall käme ich zu einer recht differenzierten Sichtweise. Aber als bewußt provozierende Eingangsthese könnte ich mir folgende Aussage vorstellen: "Mit Stil ist es wie mit Geld. Entweder man hat ihn oder nicht. Und nur die, die ihn nicht haben, reden darüber."


Ich wünsche allen ein schönes Restwochenende und einen guten Start in die nächste Woche.

Gruß, Kai
 
"Mit Stil ist es wie mit Geld. Entweder man hat ihn oder nicht. Und nur die, die ihn nicht haben, reden darüber."

Nun, das sehe ich ganz anders.Stil hat erstmal kein Mensch auf der Welt.Stil entwickelt man, im Laufe seines Lebens, niemand bekommt Stil in die Wiege gelegt.Geld aber schon.

Seien wir doch alle mal ehrlich, wer kann von sich behaupten er ist sein ganzes Leben lang stilvoll durch's Leben marschiert?

Meiner Meinung nach, ist das mit dem Stil so eine Sache.Geschmäcker sind sehr sehr verschieden, was der eine Stilvoll findet, mag dem anderen lächerlich vorkommen oder stillos.
 
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