Natürlich darf man alles. Ich möchte zwei Aspekte in die Diskussion einführen, die eher theoretischer Natur sind, aber eine Bedeutung haben, wenn man die Rolle bedenkt, die ein Anzug hat, für seinen Träger und seine Umwelt hat.
Zum Einen ist Bekleidung immer ein soziales Phänomen, dessen Codices von der Zeit und von der sozialen Gruppe, der man sich zugehörig fühlt, festgelegt werden. Kleidung ist demnach ein soziales Signal, dessen Missverstehen der «Sender» berücksichtigen sollte. Den wichtigsten Satz, den ich bei meinem Schneider in London bei der Wahl eines Stoffes gehört habe war: «you don't want to be too explicit, Sir». Nicht weil es nicht zu meiner Persönlichkeit gepasst, sondern von ihr abgelenkt hätte. Sich im Rahmen zu bewegen ist wichtig - Angepasstheit, um hier dem Widerspruchsreflex entgegenzutreten, ist etwas anderes. Ich kann mit ungewöhnlicher Kleidung vom Wesentlichen ablenken - nämlich von mir. Ich versuche das zu vermeiden, denn ich halte mich für zu wichtig.
Zum Anderen hat der Anzug eine sexuelle Konnotation - das Buch von Anne Hollander Sex and Suits: The Evolution of Modern Dress leitet die These ausführlich her. Ich vermag die Virilität, die ein Einreiher hat, nicht mit derjenigen gleichsetzen, die etwa ein Blazer oder Zweireiher hat und die weit dahinter zurück bleibt. Mountbatten als Blazer Typ, Prince Charles als Zweireiher-Typ gehören in Sachen erotischer Ausstrahlung nicht zu den Rollenmodellen, die ich mir mit Mitte zwanzig gesucht hätte. «Every girl likes a sharp dressed man», meinten ZZ Top. Ich habe das Gefühl, ich weiss, was sie damit meinten.