Euer liebstes Smart Casual Outfit

Da soweit ich die Kommentare verstehe, an der ein oder anderen Stelle mittlere bis große Verständnisprobleme bzgl. des von mir verlinkten Artikels vorliegen, eine kurze Zusammenfassung:

Der Mensch hat nur begrenzte Energie/Kapazität für Entscheidungen. Routinen sind daher notwendig und sinnvoll. Jeden Tag identische Kleidung zu tragen ist langweilig, aber an anderen Stellen kann man gut sparen mit Entscheidungen. Und auch bei Kleidung kann es sinnvoll sein drüber nachzudenken, sich auf wenige, hochwertige, gut kombinierbare Stücke zu beschränken (das gilt auch gerade für uns hier im Forum!).

Soweit der Artikel. Da wird nicht empfohlen eine Uniform zu tragen, im Gegenteil. Kann man auch drauf kommen ohne den Artikel zu lesen, der steht im Esquire. Duh.

Zwei weitere Erläuterungen/Kommenare meinerseits:

Zur Wichtigkeit von Routinen: Wer nicht glaubt, wie immens wichtig Routinen für den Menschen sind, der möge heute Abend ein paar Minuten vor seiner Frau ins Bett gehen und sich auf ihre Bettseite legen. Er wird verstehen.

Zur Wichtigkeit, seine Kleidung auswählen zu können: Stellt Euch eine Person vor, die einen dieser unzähligen bullshit jobs bei einem großen Konzern hat (siehe On the Phenomenon of Bullshit Jobs). Kann sein im Controlling, kann sein in der IT, kann sein im Einkauf, selbst in der Entwicklung - völlig egal, die gibt es überall. Dieses wandelnde Rationalisierungspotenzial muss jeden Tag 6-10 Stunden so tun, als wäre er beschäftigt und produktiv. Hat dabei keinen nennenswerten Gestaltungsspielraum, keine echte Entscheidungskompetenz, keine Möglichkeit der Selbstverwirklichung. Die Person ist aber natürlich nicht dumm und weiß um ihre missliche Lage. Kann aber auch nicht raus aus der Situation. Bezahlung ist anständig, Arbeit nicht anstrengend, viel Urlaub und überhaupt, was würden die Nachbarn sagen. Was geschieht in dieser Situation?
Wer großes Pech hat wird süchtig, Drogen, Sex, Spiel/Sport, alles dabei, alles schon persönlich gesehen. Oder sonstige Krankheiten. Glücklicherweise ist das die Ausnahme. Bei den anderen sucht sich die jedem Menschen innewohnende Kreativität ein Ventil. Der etwas introvertiertere bastelt dann vielleicht bei sich im Keller aus Zahnstochern sämtliche Schlachten aus Herr der Ringe nach und gewinnt so das Gefühl von Kontrolle und Bedeutung wieder. Der etwas extrovertiertere stopft sich die Wohnung mit Klamotten voll, geniesst das Gefühl jeden Tag auf's Neue aus 20 Brauntönen den Schuh des Tages auszuwählen, freut sich darüber, mit die Wahl seiner Kleidung ein Stück Kontrolle und Individualität in seinen Tag zu bringen und hat vielleicht auch noch das befriedigende Gefühl des sticking it to the man, da er bei der Kleidung ohne die Gefahr von Konsequenzen Regeln brechen darf.
Natürlich hat diese Person eine riesige Abneigung gegen Uniformen, denn die sind einerseits nach oben Symbol seiner Gebieter im Top-Management, andererseits nach unten Symbol der Service-Drohnen bei McDonalds etc. Aber habt Ihr schon mal einen Arzt gesehen, der das ständige Tragen von weißer Kleidung für belastenden Zwang hält? Wohl kaum, dem ist das völlig egal, weil er in der Uniform eine sinnvolle und befriedigende Tätigkeit ausüben und dafür gerne auf die Wahl der Kleidung als Lebensmittelpunkt/-ankerpunkt verzichtet.
 
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Kann ich Dir sagen, weil es gerade aufgrund der Unbeantwortbarkeit eine interessante Frage ist, die nahezu unbegrenzt Möglichkeit zur Diskussion unterschiedlichster Kleidungsstücke bietet und daher in einem Kleidungsforum bestens aufgehoben ist. So wie die Frage nach dem besten Auto im Autoforum. Vermutlich nicht abschließend zu beantworten, aber im besten Fall unterhaltsam zu diskutieren. :)
 
Nun ja, das Thema Entscheidungsmüdigkeit ist seit einiger Zeit in Mode. Dabei geht man von einigen gut belegten Fällen aus, wie z.B. dem, dass Richter abends anders als morgens entscheiden, und verallgemeinert allzu sehr. Das Kernproblem besteht darin, dass Entscheidungen als eine Ressource modelliert werden: Entscheidet man zu viel, ist das Fass irgendwann leer. Aber vielleicht ist Entscheiden eher eine Fähigkeit, wie z.B. das Sprechen einer Fremdsprache: Ich habe heute Abend einen Termin, bei dem ich Englisch sprechen muss. Morgens werde ich also nur Deutsch sprechen, da sonst mein Englischvorrat verbraucht ist. :D

Entscheiden ist ein komplexer mentaler Vorgang, und es gibt sehr unterschiedliche Formen von Entscheidungen. Dass begründet zu entscheiden eine Fähigkeit ist, die (auch) gelernt und geübt werden muss, darf man dabei nicht übersehen.

Obama springt auf den Zug auf? Gäbe er weniger Drohnenangriffe frei, wenn er seine Anzüge selbst aussuchen müsste? Gibt es irgendwelche emprischen Belege, dass Politiker, die in Bezug auf ihre Kleidung eitel und abwechlungsreich waren (John F. Kennedy, Helmut Schmidt oder George Bush sen.) entscheidungsschwach waren?
 
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Denke begrenzte Ressource widerspricht sich nicht mit (trainierbarer) Fähigkeit. Kann ja beides sein. Evidence gibt es massig, ist bei Psychologie ja grundsätzlich schon schwierig, hier wahrscheinlich noch schwieriger. ego depletion
Kann ja auch jeder bei sich selbst beobachten, ob und wie das individuell zutrifft. Bei mir ist es zum Beispiel so, dass ich bei hoher Belastung teilweise wochenlang das selbe frühstücke, trotz (oder wegen) riesiger Auswahl am Frühstücksbuffet. Das ist nie bewusst um Entscheidungen einzusparen, sondern völlig automatisch. Bestimmt auch, weil mir Frühstück grundsätzlich schon nichts bedeutet. Hat aber vermutlich auch was mit o.g. Thema zu tun.

E. (Helmut Schmidt? Hab ich was verpasst? G.W. Bush, während er im Amt war?)
 
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Denke begrenzte Ressource widerspricht sich nicht mit (trainierbarer) Fähigkeit. Kann ja beides sein. Evidence gibt es massig, ist bei Psychologie ja grundsätzlich schon schwierig, hier wahrscheinlich noch schwieriger. ego depletion
Kann ja auch jeder bei sich selbst beobachten, ob und wie das individuell zutrifft. Bei mir ist es zum Beispiel so, dass ich bei hoher Belastung teilweise wochenlang das selbe frühstücke, trotz (oder wegen) riesiger Auswahl am Frühstücksbuffet. Das ist nie bewusst um Entscheidungen einzusparen, sondern völlig automatisch. Bestimmt auch, weil mir Frühstück grundsätzlich schon nichts bedeutet. Hat aber vermutlich auch was mit o.g. Thema zu tun.

E. (Helmut Schmidt? Hab ich was verpasst? G.W. Bush, während er im Amt war?)

In dieser Richtung wollte ich argumentieren: Für reale Entscheidungsprozesse sind Ressourcen, Fähigkeiten und noch einiges mehr nötig. Viele der zurzeit modischen Zeitungsartikel sind zu einseitig, da sie auf psychologischen Experimenten aufbauen, in deren Versuchsaufbau allein der Ressourcenaspekt wichtig war. Dein persönliches Beispiel kann ich nachvollziehen, kenne von mir aber auch den Fall, dass es, wenn es auf der Arbeit gut und produktiv (und manchmal durchaus auch stressig) läuft, ich auch in anderen Lebensbereichen sehr produktiv und entscheidungsfroh bin. Das menschliche Leben ist halt vielseitiger, als psychologische Modelle sich träumen lassen.

Nach dem Tod von Schmidt sind einige Bildserien in Zeitungen erschienen, die erkennen lassen, dass er sehr auf sein auftreten geachtet hat. Hier ein Beispiel: http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/helmut-schmidt-ein-aesthet-der-macht-12724783.html oder hier http://www.sueddeutsche.de/politik/politiker-im-urlaub-mit-bambi-und-brusthaar-1.947013-4 fast wie Kennedy.

Bush sen. (nicht George W. jun.) war ein typischer Ostküstenamerikaner, auch sartorial. Hier http://www.ivy-style.com/by-george-hes-got-it-bush-41-was-preppiest-prez.html finden sich Beispiele.
 
Wegen mir, ich bin aber auch ein Fan schwarzer Schuhe, kannst du zur grauen Tuchhose auch schon "früher" schwarze Schuhe tragen. Zur Chino würde ich es aber nicht tun.

Ist die Aussage allgemein zu verstehen, dass keine schwarzen Lederschuhe zu einer Chino getragen werden sollten oder bezieht sich dies explizit auf die Captoes?

Ich verstehe überhaupt nicht, weshalb diese eigenartige Frage hier diskutiert wird.

Natürlich habe ich zum Ziel, meine Garderobe zu aktualisieren, gar größtenteils auszutauschen. Dabei soll die hypothetische Frage zur Festlegung auf ein einziges Outfit euch dazu anregen, ein Outfit zusammenzustellen, welches so interessant ist, dass ihr es jeden Tag tragen würdet, aber auch so schlicht ist, dass ihr es jeden Tag tragen könntet. Mir ist bewusst, dass die Mitglieder dieses Forums viel Wert auf ihre Kleidung legen. Dies bezieht sich nicht nur auf Qualität und Ästhetik, sondern vermutlich auch auf die Quantität. Da ich allgemein versuche einen minimalistischen Lebensstil zu pflegen, dennoch einen ästhetischen Grundanspruch habe, kam mir diese Thematik der "Uniform" als gute Diskussionsgrundlage vor. Mein Ziel ist es nicht, zwanghaft gleich auszusehen jeden Tag. Auch sehe ich noch keine Ressourcenknappheit bezüglich meiner Entscheidungskompetenz. Nichtsdestotrotz kann eine künstliche Knappheit der Kleidungsauswahl in meinen Augen dazu führen, sich auf das Wesentliche und damit auf eine höhere Qualität zu fokussieren.
 
Das ist so eine typische Frage wie: welches Bier ist das Beste.

Regelmässig führen diese Fragen, die häufig gestellt werden, zur Vermischung von ideologischen, gesellschaftlichen, politischen und sartorialen Ansichten. Solch eine Frage kann man nicht beantworten, weil Sie keine Frage darstellt, sondern letztlich eine Gebrauchsanweisung für den persönlichen Lebensstil.

Wenn ich Genussmensch bin und regelmässig Gourmetrestaurants aufsuche, brauche ich einen Smoking. Bin ich Asket brauche ich keinen. Nun kann ich aber auch in Jeans und Turnschuhen ein Essen im 3Sterne Restaurant geniessen und benötige auch als Weizenkeimmümmler einen Smoking, weil ich regelmässig in die Oper gehe. Die kann ich jedoch auch in Chinos und Hemd besuchen.

Merkst du etwas? Selbst diese Diskussion ist binnen drei Seiten von der Frage: "Welche Klamotten brauche ich, damit ich möglichst wenig brauche" zu einem pseudopsychologischen Diskurs über die Motivation und Charakterfestigkeit der unterschiedlichen Träger dieses Kleidungsstils geworden.

Es gibt nicht DIE richtige Kleidung. Es gibt Kleidung, die man aufgrund seines Lebensmodells zwingend braucht, benötigt und eventuell gerne hätte.
Als Maurer benötige ich zwingend Arbeitskleidung. Als Anwalt auch, die sieht aber anders aus. Bin ich Anwalt in einer großen Wirtschaftskanzlei, wird mir der Zahn der individuellen Verwirklichung recht schnell gezogen.

Dazu kommt: warum sollen wir hier jemanden bekehren, und wenn ja, wozu.
Wenn du diesem minimalistischen Stil frönen möchtest, ist das deine Sache. Dann wäre es aber an dir, uns nahezubringen, wie du das machst, als Anregung für die Anderen. Woher sollen wir wissen, WAS du WIE WO machst?

Es gibt nicht DIE Kleidung für DEN Anlass. Ich trage bsp. keine Jeans, folglich habe ich auch keine. Ich habe keine Monkstraps, keine Raublederschuhe und keine Strickkrawatte. Ausserdem keine Cordjacketts oder braune Anzüge.
Shit, und jetzt?
Kleidung ist natürlich immer auch Uniform und soll ( hoffentlich ) etwas ausdrücken über den persönlichen Lebensstil. Auch der Punk hat eine Uniform, die ihn als der Gruppe zugehörig zeigt, gleichzeitig damit aber auch eine gewisse Geisteshaltung, Lebensweise und Weltsicht ausdrückt ( im besten Fall )

Es ist schon kurios, das in der Weltzentrale des Egalitarismus, in der keiner auffallen möchte, immer wieder die Individualität so wichtig zu sein scheint - aber nicht zu viel, was sollen denn die Nachbarn sagen. Also konstruiert man irgendwelche Vehikel, um das zu legitimieren.

Im satorialen Kanon sind bsp. schwarze Schuhe zur Chino natürlich ein NoGo. Eine Chino ist Freizeitkleidung, der schwarze Schuh der Businessschuh par excellence. Kein Mensch käme auf die Idee, im Geschäft eine Chino zu tragen und am Wochenende schwarze Oxfords ( ausser zu einer gesellschaftlichen Abendveranstaltung ) Das gilt aber am ehesten für angelsächsische Länder, in Italien sieht das anders aus.
Heute spielt das kaum noch eine Rolle, in Deutschland sowieso nicht. Hier bist du schon gut gekleidet, wenn du im Sommer überhaupt geschlossene Schuhe trägst.

Im ideologischen Kanon gehört der Creeper vielleicht zur Uniform, oder die Lederjacke oder das Hanfhemd. Was willst du dazu hören?

Dann kommen noch die persönlichen Vorlieben dazu. Der Klassiker ist immer:
"Wie bin ich richtig für einen Opernbesuch gekleidet?" "Smoking" "Ist mir aber zu spiessig / auffällig / teuer / meine Kumpels tragen auch keinen" "Dann blauer Anzug" "Bäh, braucht doch keiner" "Dann frag auch nicht"

Die richtige Frage wäre also nicht: Ist ein schwarzer Schuh besser als ein brauner, sondern: Brauche ich einen schwarzen Schuh in meinem Lebensumfeld und wenn, ist ein Alden besser als ein Lloyd. DAS ist eine Frage, die zu beantworten ist.
 
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