bluesman528
Ruhrpotthanseat
Der Gedankengang hat eine große abendländische Tradition, er ist sehr christlich geprägt, wir verstoßen eklatant gegen das Gebot der Askese, also müssen wir zwangsläufig Sünder sein. Wir suchen in einem dynamischen System nach einem statischen Schuldigen und halten das für die Lösung.Dass die steigende Weltbevölkerung ein Problem darstellt ist richtig. Richtig ist jedoch auch, dass wir, also die Einwohner der reichsten Länder, es uns zu gut gehen lassen. Wir wissen, dass wir über unseren Verhältnissen leben. Wir wissen, dass wir den Großteil der Weltressourcen verbrauchen und es kümmert uns nur oberflächlich. Ich schließe mich da voll mit ein. Wäre 2020 ein normales Jahr gewesen, wären wir sicher noch dreimal irgendwo hin geflogen. Ich mag Rindersteaks aus Argentinien, liebe Wein aus Übersee, esse gerne exotische Früchte und insbesondere Nutella mit seinem ganzen Palmöl, fahre ein viel zu großes Auto, wohne in einem viel zu großen Haus und und und.
Bin ich bereit auf all das zu verzichten? Nein! Wir leisten einen Beitrag, aber der ist viel zu klein. Im Übrigen ist der Beitrag von 99,9% der Menschen in Deutschland zu klein.
Das Argument mit der zunehmenden Weltbevölkerung ist richtig, aber wo wächst diese Weltbevölkerung. Vor allem dort, wo die Menschen von wenig leben. Das größte Problem sind wir. Das würde sich nur im Fall einer Weltregierung ändern, das aber ist Utopie und würde selbst wenn, nur zu neuen Priviligierten führen.
Tut mir leid, aber ich sehe da echt schwarz für die nächsten Jahrzehnte. Da muss es erst noch viel schlimmer werden, das werde ich aber so Gott will, nicht mehr erleben.
Was Du beschreibst, ist die Globalisierung aus der Position der derzeitigen Gewinner. Du hast noch unzählige Grundprodukte vergessen, die in den Dingen stecken, die Du nutzt, und die aus Fernost stammen, meist aus China. Wenn wir darauf von heute auf morgen verzichten (was tatsächlich utopisch wäre, weil es uns auf das Niveau der 1950er zurückwerfen würde) und den globalen Handel einstellen, würden sich auch große Teile der wirtschaftlichen Entwicklung in Asien, die viele Milliarden Menschen ernährt, wieder in Luft auflösen und zu Armut und Hungerkatastrophen mutieren. Wollen wir das?
Wir balancieren bei diesem Problem zwischen sozialen und ökologischen Aspekten, bedenken dabei aber immer nur das eine oder das andere, in unserem Land, wo längst nicht jeder so lebt, wie Du es beschreibst, genauso wie in der globalen Sicht. Es ist nicht böse, gut leben zu wollen, das ist ein Grundbedürfnis des Menschen, deswegen können wir das in einer Makroperspektive auch nicht abschalten. Ich denke, dass wir in Europa und den USA/Kanada die Weichen hin zu einer energetisch nachhaltigen Wirtschaft längst gestellt haben. Ob das jetzt noch zehn oder dreißig Jahre dauert, bis es abgeschlossen ist, halte ich angesichts der globalen Entwicklungen für wenig relevant. Der Punkt ist aber: Wir sind die einzigen, die sich das im Moment leisten und dabei immer noch gut leben können. Die anderen müssen erst mal dahin kommen, bis sie sich das leisten können. Und sie sind heute schon sechs Mal mehr als wir und erzeugen 70% der aktuellen Treibhausgase. Mit steigender Wirtschaftsentwicklung und gleichzeitigem Rückgang des Ausstoßes in Europa und den USA/Kanada wird das bis 2050 zu einem Vielfachen ansteigen. Deswegen leben wir in einer Zeit, in der 1400 neue Kohlekraftwerke weltweit gebaut werden, weil fossile Brennstoffe am schnellsten und billigsten den Energiebedarf einer dynamisch wachsenden Bevölkerung decken können. Dagegen werden wir auch nichts tun können, ebenso wenig, wie wir einen drastisch steigenden Energiebedarf der sich entwickelnden Länder mit dynamisch wachsender Bevölkerung verhindern können. Deswegen ist es gut, dass wir energetisch nachhaltig werden, weil uns das auch Technologien gibt, die wir weltweit populär machen müssen, aber es wird bis 2100 das Problem nicht lösen. Da helfen keine Trauergesänge und keine christlichen Selbstgeißelungen.