Der Jammer-Faden

Ernstlich bezahlen wollen wir unsere Politiker aber auch nicht. Schon beim Sparkassendirektor vor Ort entsteht ein Gehaltsverlust, würde er Politiker. Dafür bekommt ein Studienabbrecher auf einer parlamentarischen Hinterbank ein für seine Verhältnisse so extraorbitantes Entgelt, dass wir absolut sicher sein können, dass der nie sagen wird, was gut wäre, sondern ausschließlich, was Wiederwahl erwarten lässt.
 
Mir erschließt sich derweil nicht logisch, was die Beweggründe für viele Handlungen sind. Die Politik hat wahnsinnig viele Hilfsangebote bekommen. IdR wird das recht grundlos abgekanzelt. Quereinsteiger würden so manchen Parteiapparat mit dringend nötigem Know How bereichern.

Natürlich fallen dann Pöstchen "verdienter Mitglieder" weg aber es gäbe - neben verbesserter Entscheidungsqualität - auch eine viel bessere Substanz, Volksnähe, Wirtschaftsnähe, Stärkung des Landes. Ich beobachte schlichtweg geistige Inzucht im politischen Leben. Bevor man halbwegs etwas einbringen kann, muss man jahrelang "der Partei" in Form von Begünstigung der gerade Leitenden dienen. Auch, wenn die auf einem konfusen Trip sind.

Symptomatisch ist ebenfalls die Medienresonanz. Dort wird liebend gerne und lange berichtet, wie die Stimmung in den Parteien oder die Verhältnisse untereinander sind. Warum fragen die nicht einfach mal nach konkreten Lösungen? Dann können sich Politiker nicht mehr auf Allgemeinplätze und Schlagworte zurückziehen. Zumindest eine grobe Skizzierung mit ein paar Details wären doch schon interessant. Nö. Wir müssen blablabla und nun fragen wir Parteigenosse X, was er vom Parteigenossen Y hält. Wenn gar nichts mehr hilft, kommt der Untersuchungsausschuss, welcher selbst längst zur Politshow verkommen ist. Kein Wunder, dass man normale Menschen und erst recht Leistungsträger abschreckt.

Ich beobachte positiv, dass öfter jüngere Politiker aufmurren und selbst anpacken, hinterfragen. Bis die jedoch an maßgebliche Positionen kommen, wird es noch lange dauern.
 
Nimms mir nicht übel, ich weiß Du bist Lehrer, und ich meine es nicht böse, habe selber kiloweise institutionelle Bildung inklusive eines Lehrauftrags an einer Exzellenzuni, aber es gilt immer noch die alte Regel: "those who can, do, those who can't, teach". Und was man gerade in den Politikwissenschaften relevantes lernt außer anderer Leute Texte zusammenfassen, wäre auch noch zu klären...

no offense taken, da ich mich auch nicht drin wiederfinde

passen dazu:
https://www.nytimes.com/2018/08/25/opinion/sunday/college-professors-experts-advice.html

es ist indes auch recht zynisch und arrogant ein studium der politikwissenschaft nur als zusammenfassung und wiedergabe von erzeugnissen anderer herabzuwürdigen

es lässt sich doch immer viel zu leicht irgendein klischee konstruieren über eine branche bzw. wissenschaft, sehr leidiges thema
 
Mir erschließt sich derweil nicht logisch, was die Beweggründe für viele Handlungen sind.
Das glaube ich Dir sofort. Und das geht ganz vielen Menschen so, die sich nicht darüber im Klaren sind wie soziale Willensbildung in größeren Gruppen von Menschen funktioniert. Da geht es nicht nur darum, was eine gute Idee wäre, es ist auch wichtig, dass man diese in einer Gruppe ausreichend vermarkten kann, um Unterstützer dafür zu finden. Und da beginnt es dann auch wichtig zu werden, wer mit wem gut kann und warum und welcher persönlicher Agenda eine spezielle Idee für die Karriereentwicklung zuträglich wäre. Dem einen oder anderen wird das von der inneren Funktionsweise großer Konzerne her bekannt vorkommen.

Natürlich kann das Sachfragen schnell verwässern und gute Details unter den Tisch fallen lassen. Deswegen gibt es Menschen, die denken, das ginge doch alles viel einfacher, wenn statt dieser dauernden Mauschelei einer an der Spitze für alles ganz klare Ansagen macht. ;) Dummerweise vertritt der dann ausschließlich seine eigene Agenda und nicht die Interessen dafür, was gut und richtig wäre. Und es ist auch nur ein Hirn, was denkt, und nicht ganz viele zusammen, was die Chance für breiter angelegte und zu Ende gedachte Lösungen ins Unendliche verkleinert.

Politik in einer Demokratie ist deswegen immer ein schlechter Kompromiss, mit dem keiner so richtig zufrieden ist. ;) Viel zu wenige bemerken, das genau das der größte Vorteil für eine Bevölkerung sein kann.
 
Ich bin immer wieder überrascht, wie viele Menschen glauben, dass sie den Job von 99% ihrer Mitmenschen eigentlich viel besser könnten. Was passiert, wenn man die in die Politik bringt hat man am 45. US-Präsidenten gesehen.

Vor solchen Leuten habe ich persönlich immer etwas Angst.

Der letzte, der mir im "virtual real life" auf einer internationalen Plattform begegnet war, war übrigens der hier:

https://www.justice.gov/usao-edva/p...n-fraud-schemes-and-receipt-child-pornography
 
Zum Thema des aktuellen Politikapparates empfehle ich Colin Crouch - Postdemokratie und ggf. Postdemokratie revisited.
Zur o.g. Medienproblematik Herman & Chomsky - Manufacturing Consent: The Political Economy of the Mass Media.
 
Oben