Der erste Anzug für den kleinen Mann

[exilschwabe]

Guten Abend allerseits,

ich bin wohl grundsätzlich ersteinmal jemand der eher dem, ich möchte jetzt nicht sagen "Feindbild", aber vielleicht "Gegenpol" zu der Einstellung, die in diesem Forum gelebt wird, entspricht. Das meint konkret: An einem durchschnittlichen Tag wird man mich mit hoher Wahrscheinlichkeit in Jeans und T-Shirt sehen und in den 23 Jahren meines Lebens habe ich mich bisher erfolgreich "davor gedrückt", einen Anzug zu tragen - ich wollte schlichtweg nicht und es war m.M.n. auch nie zwingend. Wenn ich etwas seriöser wirken wollte, haben es auch immer eine anständige Hose (hier mal keine Jeans), ein Hemd und ein schöner Pulli getan.
Soviel zur Vorgeschichte.
Jetzt, so in der Mitte des Studiums, halte ich es aber doch für ganz sinnvoll, mir einmal einen Anzug, respektive eine Komplettausstattung inklusive Hemd und Schuhen, zuzulegen - und, ich muss sagen, ich habe mittlerweile auch Lust darauf. Nicht, dass ich je ein Mensch sein werde, der sich täglich Gedanken über Stil und Aussehen macht, geschweige denn machen möchte, aber ab und an (vielleicht auch mal öfter) kann das ja auch schön sein.

Bei mir kommt allerdings erschwerend hinzu, dass ich ziemlich klein bin, astronomische 165cm, um genau zu sein. Dabei passe ich aber absolut nicht in das der Größe entsprechende Figurschema, sondern bin eher breit gebaut. Ein paar Kilo zuviel sind zwar drauf (daran wird gearbeitet), das ist aber nicht der springende Punkt. Ich bin einfach eher... nunja, wie soll ich sagen? Solide / untersetzt, könnte man es wohl nennen - so habe ich z.B. ziemlich breite Schultern, einen entsprechenden Brustkorb und so weiter und so fort.

Nun frage ich mich natürlich, wo ich mit diesem Körperbau, der ja nicht gerade alltäglich ist, am besten aufgehoben bin... Es ist dabei, das möchte ich betonen, absolut nicht so, dass ich der totalen Geiz-ist-geil-Mentalität angehöre. Wenn ich das Projekt "Anzug" denn schon in Angriff nehme, dann auch vernünftig. Allerdings möge man bedenken, dass ich mir als Student nun auch nicht gerade locker vierstellige Summen aus dem Ärmel schütteln kann, was die Thematik auch direkt vereinfacht... Ich will mal sagen: Soviel wie nötig, so wenig wie möglich, ohne konkrete Zahlen zu nennen.

Bei ein wenig Forensuche und Recherche im Netz landet man (als, wie der Nickname schon sagt: Exilschwabe, der im Ruhrgebiet lebt) recht schnell beim Thema Maßkonfektion und dann auch bei Namen wie Wermter in Essen oder Rosendahl in Ratingen. Die Vorstellung, dass sich Schneidermeister, die jahrelange Erfahrung haben, meiner (als absoluter Neuling) annehmen, ist hier eine ziemlich angenehme. Allerdings lassen die Preise - ab 5-600€ - einen natürlich ersteinmal zusammenzucken, wenn man sich überlegt, dass da noch Schuhe und evtl. ein, zwei Hemden dazukommen.

Dann bin ich noch auf http://www.braun-moers.de/service.php gestoßen, ein klassisches Kaufhaus das, so mein Eindruck, sehr viel Wert auf Beratung und Service legt, was mir extrem wichtig wäre. Die Frage ist, wie ich da mit meiner Statur aufgehoben bin.


Für Meinungen, Vorschläge, Ermutigungen, Kritik oder sonstige Äußerungen bin ich immer dankbar.

 

[Wastel]

Hallo exilschwabe,

im günstigen Maßkonfektionssektor gibt es unter anderem noch Maßkonfektion Kuhn. Im Forum existieren schon einige Threads hierzu.

Da du selbst nicht über große Erfahrung im Bereich klassischer Herrenkleidung zu verfügen scheinst, würde ich dir empfehlen, jemanden mit Erfahrung und Ahnung von Passform, Gestaltungsdetails etc. mitzunehmen. Der kann dir dann als Berater zur Seite stehen, sodass am Ende etwas ordentliches rauskommt.

Schuhanbieter im günstigen Segment wären z.B. Loake, Markowski, Loding, Finsbury, Prime Shoes, ... .

Bei Hemden bietet sich auch Maßkonfektion an, stöber mal etwas im Forum, da gibt es unzählige Threads dazu.

Hast du die Serie von Florian schon gelesen ? Für dich genau das Richtige :Grundsteine einer nachhaltigen Garderobe/

Grüße Wastel

 

[exilschwabe]

Hallo Wastel,

bei Kuhn und Dolzer schreckt mich ehrlich gesagt ein wenig ab, dass es so *extrem* auseinandergehende Erfahrungsberichte gibt. Das geht nämlich auch mit dem nächsten Punkt zusammen: Ich habe niemanden, der wirklich Ahnung von der Thematik hat und der mich begleiten könnte. Daher auch der große Fokus meinerseits auf möglichst gute Beratung und Service.

Besten Dank übrigens für den Link! Hatte ich in der Tat noch nicht gelesen, was ich umgehend ändern werde.


Viele Grüße,
der Exilschwabe

 

[Braun. Robert Braun]

Bei ein wenig Forensuche und Recherche im Netz landet man (als, wie der Nickname schon sagt: Exilschwabe, der im Ruhrgebiet lebt) recht schnell beim Thema Maßkonfektion

Maßkonfektion, klar - meinen Käse lasse ja auch eigens herstellen: Ein bißchen Kümmel will ich drinhaben, und ich liebe den Geschmack nordholsteinischer Deichkühe!

- Aber im Ernst, gehe in ein paar Kaufhäuser und lasse Dich ordentlich beraten (bei einem Warenwert von ein paar hundert Euronen für einen Anzug z.B. kannst Du schon eine Dreiviertelstunde erwarten), aber kaufe erstmal nichts. - Und nach ein paar Malen fängst Du schon anders an zu denken, hast viel gelernt, siehst Dir an, wie andere Mitmenschen sich anziehen und bekommst ein besseres Gefühl für Kleidung. Sprich auch mit anderen darüber!

- Eigentlich geht's ja auch nicht um irgendein abgehobenes Nonplusultra, sondern um ein Gutangezogensein in den Gesellschaften, in denen man sich eben aufhält. - Und da lernt man weniger durch Geldausgeben als durch Hinsehen.

 

[MtotheJ]

Hallo Exilschwabe,

wenn ich dir einen Tipp geben darf: Achte darauf, dass die Länge des Hosenbeins nicht zu lang ist! Gerade wenn man etwas kleiner ist, sollte man die Hose kürzer( nicht bis zur Absatzoberkante!!) und schmaler (Saumweite) tragen! Dies lässt den Träger größer erscheinen. Die meisten Italiener tragen ihre Anzüge so. Desweiteren solltest du dir einen Anzug zeigen lasse, welcher eine verkürzte Sakko-Länge hat - auch dies vergrößert den Träger optisch!

 

[Florian S. Kueblbeck]

Sofern die Figur es hergibt, könnte man auch darauf achten, eine sichtbare "Lücke" zwischen Ärmel und Taille zu lassen, also entsprechend zu taillieren oder den Ärmel zu verschmälern. Wie auch bei guter Typographie zählt das, was nicht da ist, mindestens so sehr wie das, was da ist.

 

[Zieten]

Den Tipp mit dem Ins-Kaufhaus-Gehen halt ich für nicht so praktikabel. Grundsätzlich nicht verkehrt, aber in Deinem Fall schon. Warum? Du hast mit Deiner Länge höchstens Größe 44, eher darunter. Das gibts im Kaufhaus nicht, und schon gar nicht mit einem Jackett in Größe 48/50 (Schätzung). Man könnte zwar an einen Anzug aus einem "Baukastensystem" denken, es bleibt jedoch die Mißlichkeit mit der geringen Länge. So kleine Hosen gibts da vermutlich nicht.

Die Alternative mit dem Kürzen von Hosenbeinen oder Ärmeln ist bei diesen Größenverhältnissen eher auch keine, weil sich durch die Kürzung die Proportionen verschieben.

Das läuft dann wohl doch auf Maßkonfektion hinaus.

Grüße Zieten

 

[bertone]

Den Tipp mit dem Ins-Kaufhaus-Gehen halt ich für nicht so praktikabel. Grundsätzlich nicht verkehrt, aber in Deinem Fall schon.

Einen Versuch wäre es allerdings wert, zum ungefähren Einnorden der Konfektionsgröße -
vorrangig ist der Sitz des Sakkos in den Schultern, Faltenwurf am Rücken z.B im Achsel/Nackenbereich, möglicher Grad der Taillierung und ob das Sakko am Revers durch den breiteren Brustkorb(+verklebte Einlagen) regelrecht aufspringt und die typischen Knicke zeigt.

Probiere daher mal eine Größe 23 an und schaue, ob das Sakko viel zu weit im Bauchbereich ist, dann eine 46/48/50 wegen der Schulter- und Brustkorbbreite.

Eventuell bist Du besser mit einem italienischen Hersteller bedient, deren Sakkos teilweise deutlich tailliert sind und auch in der Länge aufgrund der modischen Kürze keine Sorgen machen sollten.

Allerdings kann ich hier nur von Sportjacketts dieser Hersteller sprechen, deren Schnitt mir in dieser Hinsicht aufgefallen ist.

Ich denke da an Ralph Lauren/Corneliani, Raffaele Caruso, Boglioli, Tagliatore, vielleicht noch die eine hochwertige Windsor-Linie bzw. Hackett oder weitere Hersteller ?

Diese Hersteller gibt es nicht im Kaufhaus und das Preisgefüge ist vielleicht auch eher auf doppeltem Niveau, aber ein Aus/Anprobieren kann sicherlich hilfreich sein und Sale ist ja derzeit dauernd.