Brexit

Das hilft nichts, wenn sich andere Produkte in den Markt schleichen und die lokalen verdrängen. Die neuen müssen hierbei nicht einmal so viel besser sein. Allein die größere "Breite" bedingt schon einen Verlust an "Tiefe". Konkret: wenn in einem Dorf X ein Restaurant mit Spezialitäten aus einer exotischen anderen Region aufmacht, gehen die Leute aus dem Dorf X deswegen nicht öfters essen. Wenn es ihnen gefällt, dann hat das neue Restaurant Erfolg und alle anderen Restaurants, die die Facetten der lokalen Kulinarik repräsentieren, Einbußen. Mittelfristig führt das eben dazu, dass das Dorf X an kulinarischer Breite gewinnt und an kulinarischer Tiefe verliert.

Das ist aber auch nur ein Beispiel. Vergleichbare Vorgänge findet man eben auch in ganz anderen Bereichen. Irgendein gesetzlicher Schutz (z.B. von lokalen Dialekten etc.) ist da machtlos.
Ich muss gestehen, dass ich hinsichtlich kulinarischer Breite UND Tiefe seit den 1970er Jahren einen beispiellosen Aufschwung in Deutschland erlebe. Ich vermisse sehnige Schweineschnitzel in undefinierbarer Panade "nach Wiener Art" oder schlimmer in einer klebrigen Mehlsauce nicht wirklich. Auch nicht den dünnen "milden" Filter"kaffee". Oder um mal zu Einrichtung zu wechseln: Ich vermisse auch die Eiche-Brutal-Schrankwände nicht. Das alles war keine Kultur, es war nur die kulturelle Armut, in der wir lebten.

Die EU ist ein Durchlauferhitzer von Globalisierungseffekten. Damit ist es ihr erfolgreich gelungen, die miefige Provinzialität des alten Europa in vielen (meist urbanen) Regionen aufzubrechen, indem es sie mit der Welt konfrontierte. Aber natürlich hat sie nicht alle erreicht, was u.a. (es gibt natürlich noch weitere Einflüsse, nicht zuletzt unterschiedlicher wirtschaftlicher Benefit) die Spaltung erklärt, die wir in der westlichen Welt derzeit erleben.
 
Ich muss gestehen, dass ich hinsichtlich kulinarischer Breite UND Tiefe seit den 1970er Jahren einen beispiellosen Aufschwung in Deutschland erlebe. Ich vermisse sehnige Schweineschnitzel in undefinierbarer Panade "nach Wiener Art" oder schlimmer in einer klebrigen Mehlsauce nicht wirklich. Auch nicht den dünnen "milden" Filter"kaffee". Oder um mal zu Einrichtung zu wechseln: Ich vermisse auch die Eiche-Brutal-Schrankwände nicht. Das alles war keine Kultur, es war nur die kulturelle Armut, in der wir lebten.

Mir ist klar, dass du hier nur deinen eigenen Geschmack offenbarst, aber ich wäre doch sehr vorsichtig mit Bezeichnungen wie "kulturelle Armut". Der Schritt zu "wertloser" Kultur, die ruhig untergehen, verdrängt oder gar eliminiert werden darf ist da nicht weit - der Imperialismus des 19.Jhd. lässt grüßen.

Ich kann aber auch gerne ein anderes, weniger den persönlichen Geschmack und weniger eine bestimmte Region (Europa) betreffendes Beispiel nennen, welches die weiter oben beschriebenen Vorhänge, die zum Verlust kulturellen Reichtums führen, gut illustriert: Sprachen.
 
Ah ja. Der Bocuse hat uns hier erst beigebracht, wie man ordentlich Klöße und Sauerkraut macht. Das Sauerland scheint er leider nicht erreicht zu haben.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Es ist durchaus eine menschliche Eigenart über diejenigen und über das zu schimpfen, was weiter weg ist. Da erhält man schnell viel Zuspruch, kann von eigenen Fehlern und Unzulänglichkeiten ablenken unf schafft ein wunderbares wir-Gefühl ohne fass sich wad ändert.

Natürlich gilt, dass wo Licht auch Schatten ist. Ich überlasse es gerne jedem selbst, zu entscheiden, worin er den Schatten und worin das Licht sieht.

Was jedoch auch Fakt ist, ist dass im globalen Zusamenhang Grösse (in Verbindung mit Einigkeit) ein wesentlicher Machtfaktor ist.

Gerne wird hier die clevere Schweiz als Gegenbeispiel genannt, nun auch die Engländer.

Dabei wird verkannt, dass die Schweiz sicherheitspolitisch im Herzen der EU liegt, England hat zumindest noch seinen Commonwealth.

Man spreche einmal mit Vertretern osteuropäischer Staaten, die wissen sehr gut, was ihnen die EU Mitgliedschaft gibt: Politische Sicherheit!

Dieser Aspekt wird leider oft in den Diskussionen über die Sinnhaftigkeit der EU vernachlässigt. Man schimpft viel lieber über die EU Regulierungswut und die böse Zentralbank, die brave deutsche Sparer enteignet. Weniger gerne wird, zumindest in Deutschland über solche Dinge wie den Handelsbilanzüberschuss (das haben wir uns durch unsere Arbeit verdient) oder die zinsfreie Refinanzierung des deutschen Staates (da kriegen wir wenigstens etwas von dem zurück, was wir zahlen) gesprochen. Ignoriert wird auch gerne, dass die EU an vielen Stellen deutschen Politikern auch Beine macht, wenn es um die Umsetzung durchaus sinnvoller Gesetze und Richtlinien geht.

Aber jetzt habe ich doch schon wieder Details angeführt. Der wesentliche Punkt ist, dass wer global etwas erreichen will oder sich zur Wehr setzen will, Größe benötigt. Deutschland, wie jeder andere EU Kleinstaat kann alleine nichts (mehr) bewegen, ausser sich der einen oder der anderen Seiten opportunistisch anzubiedern.

Wer die EU nicht will, muss damit leben, dass er sich (wirtschafts-)politisch zum Sklaven anderer macht. Man darf höchstens noch aussuchen, wessen Sklave man sein will: Russland, China, USA ...

So, Wort zum Sonntag Ende !
 
Oben