Anzug - Darf es auch ein Mischgewebe sein?

poiuz85

New Member
Guten Tag,

in Bekleidungshäusern wie Ansons's, Peek& Cloppenburg u.ä. fallen mir immer häufiger Anzüge auf, welche auf den ersten (und oft auch auf den zweiten) Blick zu gefallen wissen, bei näherer Betrachtung jedoch aus einem Mischgewebe bestehen (z.B. 60% Schurwolle, 40% Kunstfaser).

Obwohl ich bislang immer der Meinung war auf den ersten Blick einen Anzug aus reiner Schurwolle von einem aus Mischgewebe bzw. reiner Kunstfaser unterscheiden zu können kommen mir diesbezüglich langsam Selbstzweifel.
Offensichtlich hat sich die Qualität von Kunstfasern in den letzten Jahren deutlich verbessert.

Spricht eigentlich noch etwas Sachliches dagegen einen solchen Anzug aus Mischgewebe zu tragen, wenn doch kein Unterschied in der Optik zu erkennen ist? Als Einziger Punkt dagegen fällt mir ein vermehrtes Schwitzen ein, ist dies aber wirklich noch so oder eher überlieferter Aberglaube aus Trevira-Zeiten?

Grüße,

Poiuz
 
Kunststoffe sind prinzipiell haltbarer als Naturfasern.
Der Nachteil von Kunststoffen (neben der Umweltproblematik) ist, daß sie im Gegensatz zu Naturfasern kein Wasser aufnehmen können. Der Schweiß kann nur in den Löchern des Gewebes nach außen dringen, nicht in den Fasern selber.

Ich würde Kunststoff in einem Sakko niemals akzeptieren. Auch nicht ein einzelnes Prozent.
Eine Hose aus Mischgewebe mit Kunststoff hingegen hält länger als eine aus Schurwolle; wenn Geld also ein Thema ist ...
 
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mmn sind anteile an kunstfasern kein problem.

So muss bei dem was man im Allgemeinen unter Kunstfasern versteht zwischen Kunstfasern und künstlichen Naturfasern unterscheiden (dies hört sich wohl wie ein Oxymoron an, jedoch ist beispielsweise Viskose eine Naturfaser (meist Birke), deren Herstellungsprozess künstlich (chemisch) ist). Viskose kann viel feuchtigkeit aufnehmen und lädt sich beispielsweise nicht elektrostatisch auf.

Und auch bei den Kunst- und künstlichen Naturfasern gibt es gewaltige Qualitätsunterschiede. So hat ein billiges China-Polyester nicht viel mit hochwertigen Kunstfasern zu tun. Hier ist auch nicht nur die Faser an sich wichtig, sondern auch der Ausrüstungsprozess ("Färben"). Und bei diesem Ausrüstungsprozess ist sowohl bei Natur- als auch bei den Kunstfasern extrem viel Chemie im Spiel. Also heißen Naturfasern nicht automatisch weniger Chemie.

Wie bereits erwähnt ist der Vorteil vieler Kunstfasern bzw Künstlicher Naturfaser die bessere Haltbarkeit.

Was die Umwelt betrifft wage ich ernsthaft zu bezweifeln dass Naturfasern hier besser sind. (wenn man alleine an die Gifte zur Schädlingsbekämpfung denkt)

Also wenn der Stoff hochwertig ist spricht mMn nichts gegen einen Kunstfaseranteil.

mfg
Daniel
 
Preislich gesehen waren die von mir angesprochenen Anzüge mit Mischgewebe keine direkten Billigheimer.

Z.B. fiel mir ein S.Oliver-Anzug auf, welcher, so ich mich recht erinnere, aus 65% Schurwolle und 35% Polyester bestand.
Der Preis lag bei etwa 280,- Euro und die Verarbeitung war für einen RTW-Anzug sehr hochwertig, deutlich besser als bei vielen RTW-Anzügen der 500,- bis 1000,- Euro-Liga (nur am Rande, in dieser Preislage ist meiner Erfahrung nach das Preis-Leistungsverhätnis oft sehr schlecht bis inakzeptabel).
 
Definiere bitte einmal was Du unter Verarbeitungsqualität verstehst.
Ich halte das für eine Glaubensfrage. Ein freund von mir handelt mit Fasern und sagt, dass Kunstfasern in den letzten Jahren erheblich weiterentwickelt wurden. Mit den Produkten der 70er sind die heutigen wohl nicht zu vergleichen.

Persönlich würde ich keinen Anzug aus Kunstfasern oder mit einem Kunstfaseranteil kaufen, kann das aber zugegebenermassen nicht sachlich begründen. Für die meisten hier (ich gehöre auch zu dieser Fraktion) ist der Anzug mehr als eine Berufs- oder Funktionsbekleidung, d.h. es sind viele Emotionen im Spiel. Hochwertige, natürliche Tuche gehören hier einfach dazu.

Das Thema Schweiß/Geruchsbildung halte ich für überbewertet, moderne Sportbekleidung besteht zum Großteil aus Kunstfasern. Auch bei Unterhemden (!!) habe ich Kunstfasern zu schätzen gelernt, indem ich einfach einmal ein sehr hochwertiges Unterhemd von "Schiesser" getestet habe. Es ist in der Handhabung (waschen, trocknen etc.) und im Tragekomfort allen bisher von mir getragenen Baumwollunterhemden überlegen.
 
Die gute Verarbeitungsqualität bezog sich im Fall des Anzugs von S.Oliver auf z.B. die sehr gute und faltenfreie Einpassung der Ärmel im Schulterbereich. Der Anzug machte auf mich insgesamt einen wertigen Eindruck.

Vor einiger Zeit schaute ich mir Anzüge eines höherpreisigen italienischen Herstellers an, welche gerade im Schulter-/Ärmel-Bereich in meinen Augen miserabel gearbeitet waren. Die dafür geforderten knapp 1000,- Euro veranlassten mich zu einem kleinen Ausbruch von Heiterkeit bevor ich zügig das Geschäft verließ.
 
Preislich gesehen waren die von mir angesprochenen Anzüge mit Mischgewebe keine direkten Billigheimer.

Z.B. fiel mir ein S.Oliver-Anzug auf, welcher, so ich mich recht erinnere, aus 65% Schurwolle und 35% Polyester bestand.
Der Preis lag bei etwa 280,- Euro und die Verarbeitung war für einen RTW-Anzug sehr hochwertig, deutlich besser als bei vielen RTW-Anzügen der 500,- bis 1000,- Euro-Liga (nur am Rande, in dieser Preislage ist meiner Erfahrung nach das Preis-Leistungsverhätnis oft sehr schlecht bis inakzeptabel).

Das halte ich allerdings - mit Verlaub - für mehr als gewagt. Für 500 € - 1.000 € gibt es beispielsweise bei Soer, aber auch bei P&C gut verarbeitete vollständige Naturfasern, die mit zugeklebten Plastikanzügen sicherlich nicht vergleichbar sind.
 
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