Boss-Sachen sind doch nicht grundsätzlich schlecht. Sie sind nur für den aufgerufenen Preis eher durchschnittlich. Wenn man aber, was doch einige hier betrifft, etwas auf das Budget schauen muss, kann man hier sicher mal gute Schnapper machen.
Ich würde jedem eng Budgetierten empfehlen, lieber mit Geduld wenig Hochwertiges planvoll und gezielt zu kaufen und um Outlets und Schnäppchenläden einen weiten Bogen zu machen, weil deren Sinn ist, genau das möglichst umfassend zu verhindern. Man braucht als Student keine fünf Anzüge. Zwei gute reichen selbst in den Fakultäten, wo man sie überhaupt sinnvoll einsetzen kann.
Ich habe vor fünfzehn Jahren auch noch viel Boss getragen, ich besass damals sogar einen schwarzen Anzug der Marke mit königsblauem Futterstoff.
Mir waren aber auch die Alternativen nicht klar und ein Anzug war für mich ein Anzug, alles das gleiche. Mein Umdenken begann, als ich zur Schlussverkaufszeit einmal zu einem guten Herrenausstatter ging. Und obwohl ich ganz unten einstieg, einfache Stoffe, halbvernähte Innenkonstruktion, wurde ich durch den (etwas blasierten
) Verkäufer erstmals auf die Unterschiede aufmerksam. Ich habe mangels Interesse damals die Hälfte dessen ignoriert, was der Verkäufer salbungsvoll zu erzählen hatte, besaß aber ab da einen mittelgrauen Anzug von Pal Zileri und einen dunkelgrauen Nadelstreifenanzug von Corneliani und bezahlt hatte ich jeweils etwa Boss-Listenpreis. Die Anzüge saßen besser, die Linien gefielen mir besser, es war angenehmer zu tragen.
Wer das einmal erlebt hat, geht dann nicht mehr zurück und das, was Boss heutzutage in den einschlägigen Foren entgegen schlägt, ist natürlich der manchmal etwas ungerechte Zorn dieser Konvertiten. Aber es geht hier eben nicht wirklich um den Preis eines einzelnen Artikels zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern um das Konzept der eigenen Garderobeentwicklung über Jahre, wo es mit der Zeit immer unerheblicher wird, ob man irgendwann bei einem Anzug mal 200,- "gespart" hat, dafür aber immer wichtiger, was dieser Anzug eigentlich kann.
Boss Selection finde ich davon abgesehen heute noch qualitativ gut. Ich mag die verwendeten Guabello-Stoffe der Anzüge und die Revers rollen dank halbvernähter Innenverarbeitung auch nett. Die Schnitte sind halt recht konventionell, niedrige Armlöcher, breite, kantige Schultern, und ich liege irgendwie ungünstig zwischen der 52 und der 54. Wenn man aber die deutsche "Boss Black"-Klasse betrachtet, würde ich Eduard Dressler immer vorziehen. Selbst unter dem Hilfiger-Label findet man gelegentlich etwas Flashiges, was ich bei ähnlicher Qualität zumindest lustiger finde.