Jacke wie Hose?

Beim Kauf eines neuen Anzuges werden Form, Schnitt und Verarbeitung der entsprechenden Hose meist weitaus weniger beachtet, als die Qualität der Jacke. Das getragene Resultat sieht leider allzuoft entsprechend aus. Denn auch was Hosen – als Teil eines Anzuges oder zur Kombination mit einer Sportjacke – anbelangt, sollten gewissen Qualitätskriterien beachtet und einige wenige, dafür aber einfach zu kombinierende Stücke angeschafft werden.

Zunächst möchte ich auf einige grundsätzliche Qualitätsmerkmale eingehen. Grundsätzlich unterschiedet man zwei verschiedene Hosenschnitte: Den Italienischen und den Englischen. Hosen italienischen Typs zeichnen sich durch eine geringere Leibhöhe und meist mindestens eine Bundfalte je Hosenbein aus. Für Halt um die Taille sorgt ein Gürtel. Der Schnitt ist geräumig, aber nicht weit, die Hosenbeine verjüngen sich zum Saum hin deutlich. Englische Hosen sitzen dagegen hoch auf der Taille und verfügen im Rücken über einen geteilten Bund, derstark nach oben geschnitten wurde. Solche Hosen werden ausschließlich mit Hosenträgern getragen, wodurch die Hose besonders schön und glatt am Träger sitzt. Die Beine sind weniger dramatisch geschnitten, aber zeichnen sich nichtsdestotrotz durch eine schmale Form aus. Jede Hose, die Sie beim Herrenausstatter kaufen können, ist einem dieser beiden Typen zuzuordnen. Für welche Form Sie sich letztlich entscheiden, bleibt ganz Ihnen überlassen. Wichtig ist vor allem, daß Sie sich im gewählten Schnitt wohlfühlen.

Hosen zu Tagesanzügen oder Freizeitensembles sehen mit Umschlag am Hosenbein meist besser aus. Von dieser Regel ausgenommen sind besonders kleine Herren und Hosen für festliche Garderobe, denn der Umschlag ist ein sportliches Detail und hat an dinner jacket, Frack, Stresemann und morning coat nichts zu suchen. Besonders liebevoll verarbeitete Hosen verfügen über knöpfe im Inneren des Beinumschlages, damit die Hose am Ende des Tages sauber ausgebürstet werden kann.

An besonders beanspruchten Stellen – Taschen und Hosenstall – sind Handnähte sinnvoll, da diese den wechselnden Belastungen, beispielsweise durch Hände in den Hosentaschen, besser standhalten, weil Sie flexibler sind als Maschinennähte. Sollten Sie sich für eine Hose mit Gürtelschlaufen entscheiden, achten Sie darauf, daß diese dem täglichen Kontakt mit einem Gürtel gewachsen sind: es sollte weder in der Breite der Schlaufen, noch in deren Nahtumschlag an Stoff gespart worden sein.

Ausstattungsdetails wie Taschenzahl vorn wie hinten, zusätzliche Münzfächer, Uhrentaschen und so fort bleiben Ihrem persönlichen Geschmack überlassen. Um allzu auffälligen und unnötigen Zierrat wie zusätzliche Nähte, aufgesetzte Taschen oder gar applizierte Muster sollten Sie selbstredend einen großen Bogen machen.

An der Frage, wie lang eine perfekt sitzende Hose sein sollte, scheiden sich die Geister oder vielmehr: die Nationen. Kontinentaleuropäische Schneider – süditalienische ausgenommen – sind der Meinung, eine gutsitzende Hose müsse an der Oberkante des Schuhabsatzes enden und zwei Drittel des Schuhs bedecken. In England, Amerika und in vielen Gegenden Italiens bevorzugt man dagegen eine deutlich kürzere Hose, die die Schuhe nur noch leicht berührt. Einige neapolitanische Schneider lassen ihre Hosen noch vor dem Berührungspunkt mit dem Schuh enden und bis auf wenige Zentimeter auf den Knöchel zulaufen. Eine verbindliche Richtlinie zu nennen ist nahezu unmöglich und so sei auch hier auf den persönlichen Geschmack des Trägers hingewiesen. Allerdings sollte man sich stets vor Augen halten, daß viel zu lange Hosenbeine hierzulande zu Unrecht weniger gefürchtet sind, als die vielzitierte „Hochwasserhose“.

Für eine leicht zu kombinierende Garderobe sind einige wenige Hosen als Ergänzung zu den bereits vorhandenen Anzughosen ausreichend. Sollten Sie keinen grauen Anzug besitzen, dessen Hose Sie guten Gewissens ohne die zugehörige Jacke tragen können, empfiehlt sich die Anschaffung einer mittelgrauen Schurwollhose nicht zu geringen Garngewichts. Diese ist genug, um ihren Träger auf weniger formellen Anlässen glänzen zu lassen. Für die Freizeit ist eine Hose aus festem moleskin oder cavalry twill Gold wert. Diese Baumwollgewebe sind enorm strapazierfähig und – in rustikaleren Farben wie khaki, beige, rot oder grün – zu den allermeisten Stücken Ihrer Freizeitgarderobe zu kombinieren. Für den Winter sollten Sie über die Anschaffung einer grauen Flanellhose – als einer Ihrer berühmtesten Träger gilt Fred Astaire – ebenso nachdenken wie über den Kauf einer leichten Hose aus seersucker – mit seiner typisch geriffelten Oberfläche – für den Sommer. Für die informellsten aller Anlässe darf es natürlich auch eine Chino oder Levi’s 501 – natürlich selbst eingetragen, nicht prewashed – sein.

HRH Prince Charles ist übrigens bekannt dafür, auf Reisen in warme Gefilde Chinos mit den offen getragenen Jacken seiner zweireihigen Anzüge – oftmals aus heller Dupioniseide – zu kombinieren. Sicherlich werden auch Sie bald eine Kombination, in die eine der oben genannten Hosen Eingang findet, nicht mehr missen wollen!

Kategorie: Herrengarderobe

Florian S. Küblbeck

Florian S. Küblbeck ist freier Journalist und schreibt vor allem über Mode, Stil und Genuss. Mit seinem Erstwerk "Was Mann trägt: Gut angezogen in zwölf Schritten" gab er 2013 sein Debüt als Buchautor.

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