Die zwei Theorien zum Einstecktuch


Mal ganz davon abgesehen, welches Einstecktuch wozu passt: Braucht Mann den überhaupt eines? Die Antwort darauf ist, auch von historischer Seite, gar nicht so leicht zu geben. Immerhin gibt es zwei sehr unterschiedliche Theorien dazu, wann, wie und warum man Einstecktuch trägt. Beide hängen im wesentlichen nicht vom Tuch, sondern von der Brusttasche des Sakkos ab:

  1. Der direkte Vorfahr des heutigen Anzuges ist der frock coat, der keine Taschen auf der Außenseite besaß. Früher konnte man deshalb keine Einstecktücher zur Stadtgarderobe tragen und musste deren Verwendung auf Sportkleidung beschränken. Zum Anzug sollte man deshalb kein Einstecktuch tragen, zu Sportsakkos dagegen schon.
  2. Die heute übliche Form der Anzugjacke ist in weiten Teilen von früherer Sportkleidung beeinflusst. So übernahm sie auch die Taschen von ihr. Deshalb ist es ohne weiteres möglich und richtig, auch zum Anzug Einstecktuch zu tragen.

Wem beide Ideen zu kompliziert für wenige Zentimeter Stoff sind, dem sei der pragmatische Grundsatz nahegelegt: Die Brusttasche des Sakkos ist dazu da, ein Tuch zu beherbergen, sonst könnte man sie auch weglassen. Ein Einstecktuch zu tragen —und vor allem, es elegant zu tragen— zeugt vom Willen, sich ein klein wenig mehr Gedanken um seine Erscheinung zu machen, als es unbedingt nötig wäre; es zeugt vom Sinn für Details.

Kategorie: Accessoires

Florian S. Küblbeck

Florian S. Küblbeck ist freier Journalist und schreibt vor allem über Mode, Stil und Genuss. Mit seinem Erstwerk "Was Mann trägt: Gut angezogen in zwölf Schritten" gab er 2013 sein Debüt als Buchautor.

Kommentar schreiben