Herrenausstatter und die Neuen Medien

Der Münchener Trachtenhersteller und Herrenausstatter Loden-Frey verfügt nun auch endlich über einen eigenen Online-Shop. Was die Konkurrenz teils schon seit über einem Jahr erfolgreich aufbaut, möchte man jetzt auch in München versuchen und bietet zum Start des Onlinehandels einige ausgesuchte Accessoires, Anzüge und Jacken an. Auch wenn das Sortiment in nächster Zeit noch deutlich wachsen muss, um einerseits konkurrenzfähig zu sein und andererseits das vor Ort sehr gut bestückte Markenportfolio würdig zu repräsentieren, ist ein erster Schritt in die richtige Richtung immerhin getan.

Nicht nur, dass sich das Traditionshaus aus München damit auch in Zukunft eine Zielgruppe sichert. Vorstöße in die Onlinewelt von denjenigen mit Vorbildcharakter, also den Marktführern, sind derzeit wohl auch die einzige Möglichkeit, all die kleinen Herrenausstatter wachzurütteln, die sich über ausbleibende Kundschaft beschweren und an diesem Übel —man muss es so klar aussprechen dürfen— größtenteils selbst schuld sind. Kaufgewohnheiten ändern sich; zu einem verinnerlichten Servicebegriff gehört aber, sich solchen Veränderungen nicht gleichsam wie im Kampf gegenüberzustellen, sondern gemeinsam mit einer sich wandelnden Käuferschaft nach Möglichkeiten zu suchen, auch in Zukunft gemeinsame Wege gehen zu können. Ein Online-Shop kann eine, wenn auch nicht die einzige solche Möglichkeit sein.

Auch die Zahl der Herrenausstatter mit eigenen Blogs oder zumindest regelmäßig aktualisierten und gepflegten Internetauftritten nimmt stetig zu — gut so! Dass man dabei das Medium Internet nicht unbedingt als Dauerwerbesendung auffassen muss, zeigt uns beispielsweise Michael Jondral eindrucksvoll. Sein Blog verbindet in gelungener Weise Werbung für den eigenen Laden mit Unterhaltsamem aus Kultur im weitesten Sinne, Gesellschaft und natürlich aus dem Modezirkus. Auch weniger „durchgestylten“ Ladenkonzepten würde ein solches Vorgehen durchaus gut zu Gesicht stehen — man muss nicht unbedingt Anzüge von Attolini verkaufen, um einen geschmackvollen Onlineauftritt zu rechtfertigen. In Zeiten, wo sogar Maßschneider eigene Blogs betreiben und so eine unerwartete Nachfrage in immer jüngeren Käuferkreisen generieren, ist mir unverständlich, wie man als Händler, der nicht nur von der gerade jetzt kaufkräftigen Kundschaft lebt, veränderte Marketingparadigmen in den Neuen Medien als „kurzlebigen Trend“ ablehnen kann. Eine Printanzeige in einer egal wie großen Tageszeitung halte ich nicht zwingend für langlebiger, meine Herren.

Es bleibt also spannend rund um die gute alte Welt der Herrenausstatter. Dass künftige Entwicklungen auf diesem mittlerweile wieder hart umkämpften Markt eine gewisse Auswahl bewirken werden, steht wohl außer Frage. Ich persönlich würde allerdings begrüßen, einige meiner Lieblingsläden noch lange Zeit nutzen zu können — auch und besonders gerne online.

Kategorie: Herrenausstatter

Florian S. Küblbeck

Florian S. Küblbeck ist freier Journalist und schreibt vor allem über Mode, Stil und Genuss. Mit seinem Erstwerk "Was Mann trägt: Gut angezogen in zwölf Schritten" gab er 2013 sein Debüt als Buchautor.

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