Aber bitte nach Maß – wie gut ist eigentlich ein Maßhemd vom Online-Discounter?

Bild 21Maßhemden sind ein Phänomen, das sich hierzulande heute vor allem online größter Beliebtheit erfreut. Andauernd schießen neue Anbieter wie Pilze aus dem virtuellen Boden. Und fast überall bekommt man ein solches halbwegs personalisiertes Hemd für ’n Appel und ’n Ei, wie man bei uns in Norddeutschland sagt. Los geht die Preispalette meist bei 39 Euro, es ist aber auch schnell möglich, Preise um die 100 Euro zu erreichen – je nach Geschmack und Kreativität im Konfigurator.

jajajajajaja

Angespornt von der Angebotsvielfalt im Billigmaßsegment möchte ich mich heute morgen an einer für mich recht neuen Form des Modejournalismus versuchen: Der Produktrezension. Zugegeben, ich bin ein denkbar schlechter Kandidat dafür, schließlich bin ich in den meisten sartorialen Belangen nach wie vor weitgehend unbedarft. Aber ist das wirklich ein Nachteil, wenn man es sich zur Aufgabe gemacht hat, ein Discount-Maßhemd zu testen? Oder hilft es gar, ein objektiveres Urteil zu fällen? Lassen wir uns überraschen…

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Mein heutiger Testkandidat stammt aus der Produktion des Regensburger Anbieters www.hemdwerk.de. Als Stoff wählte ich eine dunkelblaue Baumwollmischung mit weißem Überkaro. Welches Material den 80% Baumwolle hier zugemischt wurde, vermag ich beim besten Willen nicht zu sagen, auf der Haut fühlt es sich jedoch nicht unangenehm an. Auffällig ist lediglich, dass sich dieses Hemd praktisch von allein bügelt. Als nächstes wählte ich einen Kentkragen und eine glatte Knopfleiste sowie die von mir geliebten Umschlagmanschetten. An sich wäre das gute Stück nun fertig gewesen und ich hätte zum Vermessen schreiten können. Aber der umfangreiche Konfigurator des Hemdwerks war doch zu verlockend und ich ließ mich dazu hinreißen, das Innere des Kragens sowie die Nähte in ein dezentes Rosé zu tauchen.

Das anschließende Vermessen ging mit Hilfe einer zweiten Person denkbar einfach und schnell. Zur Beseitigung etwaiger Unklarheiten war der Anbieter so freundlich, Hilfestellung in Videoform zu offerieren. So trennten mich etwa 30 Minuten nach Beginn lediglich ein Klick und 27 Tage Wartezeit von meinem ersten „Maßhemd“.

Zeitsprung: Als der Paketbote einen knappen Monat später an meiner Tür klingelte und mir durch selbige die Lieferung des Hemdwerks reichte, waren meine Nerven fast zum Zerreißen gespannt. Geduld zählt leider nicht zu meinen Stärken. Also schnell das Paket aufgeschnitten, das Hemd hervorgezerrt und anprobiert. Auf den ersten Blick ließ sich kaum etwas bemängeln. Den Auftrag „Taillierung“ hatte man beim Hersteller ganz offensichtlich sehr ernst genommen, ein Umstand der meiner Vorliebe für starke Taillierungen sehr zu Gute kam. Gar nicht jedoch zur schmalen Linie des Hemdes passen wollten die Ärmel. Diese sind so weit, dass meine Oberarme wahrscheinlich auch nach Jahren intensivsten Hanteltrainings noch bequem Platz fänden. Doch wie gesagt, ich bin kein geduldiger Mensch, also nahm ichs als Kompromiss hin und nahm das neue Kleidungsstück liebevoll in den Bestand auf.

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Seit diesem Tag sind nun etwa zwei Monate vergangen. Etwa zehnmal musste das Karohemd seitdem die Waschmaschine von innen sehen. Das überraschende Ergebnis: Trotz des Preises hat es weder Farbe noch Form noch Oberflächenbeschaffenheit verändert. Alle Knöpfe sitzen bombensicher an ihrem Platz und auch die Nähte beginnen an keiner Stelle sich aufzulösen. Eben so, wie es sein soll. Ich muss zugeben, das Hemd von Hemdwerk hat mich überzeugt. Mittlerweile besitze ich einige schöne Hemden von der Stange, die eher im Premiumsegment angesiedelt sind, zum Beispiel von Massimo Dutti oder van Laack. Im direkten Vergleich gebe ich gerne zu, dass mein „Billig-Maßhemd“ diesen Größen nicht das Wasser reichen kann. Allein die Stoffqualitäten sind nicht vergleichbar. Die Preise allerdings auch nicht. Daher mein Fazit: Ein Hemd von Hemdwerk wird denjenigen, der nur Premiumhersteller, wohlmöglich auch hier nach Maß gefertigt, gewöhnt ist, ganz sicher nicht zufrieden stellen. Für den jungen Herren, der sich bisher mit Hemden von H&M bis Hugo Boss gütlich tat, könnte das Hemdwerk eine erfrischende Alternative zu etwa demselben Preis darstellen.

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Mittlerweile warte ich wieder auf den Postboten, denn meine Neugierde ist erneut erwacht. Diesmal allerdings wird er kein Päckchen vom Hemdwerk bringen, sondern eines von www.youtailor.de. Mal sehen, was die anderen Wettbewerber am Markt so zu bieten haben….

Bis zum nächsten Mal, Sincerely

Philipp Eberstein

Kategorie: Hemden

Philipp Eberstein

Phlipp Eberstein ist Fotojournalist und freier Grafiker. Seine Artikel zu Suit Supply, Tailorstore und Youtailor auf Stilmagazin.de sind legendär und insbesondere bei Einsteigern sehr beliebt.

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