Vintage Stoffe

Durch Zufall auf diesen Thread gestossen; jedoch finde ich dies ein sehr interessantes Thema!

Was kann man eigentlich bezüglich der Stoffqualität von Vintage Stoffen sagen? Sind diese von der Qualität schlechter, besser, anders (wie anders?) als die Stoffe aus der heutigen Produktion?

Würde mich über eine Antwort freuen.

VG, Mark
 
Was sind denn die Gründe dafür, dass die heutigen Stoffe von der Qualität nicht mehr an die der Vintage-Stoffe herankommen?

Ich hab einen ganz interessanten Welt-Artikel gefunden, der eher das Gegenteil vermuten lässt:

"Seit 2002 gibt es den "Vellus Aureum Trophy" für 13,9 Mikron und weniger. Die Züchter Ed und Jill Hundy aus New South Wales erreichten 2010 den absoluten Rekord mit 10,0 Mikron. Im selben Jahr feierte Zegna 100-jähriges Bestehen, unter anderem mit einem Anzug, der exakt nach den Skizzen des Großvaters hergestellt wurde. Jedoch wog er nur noch halb so viel. Inzwischen können Zegna-Anzüge also weit mehr, als gut aussehen – Innovation ist immer eine konstante Herausforderung."
http://www.welt.de/icon/article120999701/Die-Leichtigkeit-der-Merinowolle-Anzuege.html

Es scheint, als ob die Feinheit der Wollsorten in den letzen Jahren stetig zugenommen hat und die Webmaschinen ebenfalls verbessert werden konnten. Dadurch sollten doch eigentlich bessere Ergebnisse erzielt werden können, als z.B. noch vor 30 oder 40 Jahren.
Was dieses Thema angeht, bin ich ein kompletter Laie. Von daher weiß ich nicht, ob ich mit meiner Vermutung richtig liege.

Andere Frage: Gibt es eigentlich noch mehr (Online) Shops wie die von Torsten Grunwald, die Vintage-Stoffe vertreiben?
 
Zuletzt bearbeitet:
Was sind denn die Gründe dafür, dass die heutigen Stoffe von der Qualität nicht mehr an die der Vintage-Stoffe herankommen?

Das ist doch nicht nur in der Stoffproduktion, sondern allgemein so, wo Handwerk im Spiel ist. Eine gewisse Qualität erreicht man durch Feinabstimmungen, die mehr manuelles Können und Erfahrung bedürfen. Wenn solche Herstellungsprozesse industrialisiert werden, lassen sie sich mit "leichten" Qualitätseinbußen zu erheblich niedrigeren Preisen und mit einheitlichem Standard produzieren. Die letzten 5-20% der Qualität, die im Rahmen der Industrialisierung des Handwerks anfallen, sind allerdings verloren.
 
Was sind denn die Gründe dafür, dass die heutigen Stoffe von der Qualität nicht mehr an die der Vintage-Stoffe herankommen?
Man muss das schon ein bisschen differenzierter sehen. Es ist ziemlich offensichtlich, dass die hohen Stoffgewichte vergangener Zeiten einen Einsatz in sommerlichen Temperaturen nur unter großen Entbehrungen des Trägers möglich machten. Und dann ist auch nicht jeder Stoff gut, nur weil er alt und schwer ist. Genauso wie bei Vintageuhren haben viele Vintagestoffe auch nur Jahrzehnte überlebt, weil sie schon zu den Zeiten ihrer Produktion wegen ihrer eigenwilligen Optik keiner mit einer Kneifzange anfassen wollte. :)

Wenn man mehr Anwender als Retro-Stoffsammler ist und eigentlich nur einen schönen Anzug haben möchte, sollte man sich weniger an solchen künstlichen Kriterien orientieren und mehr an Stoffen, die einen gut aussehen lassen und Lücken in der Garderobe schließen. Wenn das dann im Winter ein ausgefallener 18oz Vintage-Tweed ist, dann ist das halt so. Und wenn das im Sommer ein leichter moderner Stoff ist, ist das am Ende für einen selbst nicht schlechter.
 
Dem Punkt mit dem Stoffgewicht kann ich nur bedingt zustimmen. Ich habe hier zwei - für heutige Verhältnisse - sehr schwere Hosen, die ich mir über Luxire habe machen lassen (so ca. 400g/m3), und die kann man m.E. gut im Sommer tragen. Wenn man über Gewohnheiten redet, ist das natürlich ein anderes Thema.
 
Dem Punkt mit dem Stoffgewicht kann ich nur bedingt zustimmen. Ich habe hier zwei - für heutige Verhältnisse - sehr schwere Hosen, die ich mir über Luxire habe machen lassen (so ca. 400g/m3), und die kann man m.E. gut im Sommer tragen. Wenn man über Gewohnheiten redet, ist das natürlich ein anderes Thema.


Das soll ja auch jeder halten, wie er will und erträgt, bei Hosen ist das auch leichter, weil das Wärmegefühl vor allem aus dem Torso kommt. Ich trage auch einen 370g/m Irish Linen Anzug bei über 30 Grad. Es ist zweifellos richtig, dass schwere Stoffe besser fallen und sich auch besser aushängen. Dazu sind sie i.A. robuster und verschleiern durch ihren Stand auch besser kleinere Passformdefizite.

Aber das macht nicht jeden schweren Vintagestoff automatisch zum heiligen Gral. Es ist halt "in" in Bespokezirkeln und die Trageprobleme bei Mittelmeersommer (oder nur neumodischer Zentralheizung :)) erduldet man dann halt auch ganz klassisch mit kolonialer Stiff Upper Lip. :D

Unsere Zeit hat halt auch ihre Errungenschaften, die sartoriale Kleidung wurde insgesamt viel leichter und restriktionsfreier mit einem Trend zu viel weniger innerer Struktur in den Sakkos. Dem stehen die alten Dinosaurierstoffe für's Tragen in zugigen schottischen Schlössern diametral entgegen. Klar sind da tolle Sachen dabei, es gibt ja immer mal wieder was davon bebildert zu sehen. Aber man sollte sich nicht künstlich darauf beschränken, insbesondere beim Einstieg nicht. Auch heute gibt es jenseits der konfektionsoptimierten Basisstoffen ordentlich gemachte Stoffe in vielen Gewichtsklassen.
 
Sehr interessanter Faden! Ich persönlich glaube, dass die heutigen Stoffe bei geringer Qualitätseinbuße deutlich leichter, atmungsaktiver etc. geworden sind.

Doch gerade durch den besseren Fall (ich persönlich mag schwere Stoffe) und die vermutlich bessere Qualität, finde ich vintage Stoffe so interessant.

Deshalb noch mal die Ausgangsfrage: Kennt ihr weitere Online-Quellen für Vintage Stoffe?
 
Oben