Dann möchte ich hier ebenfalls meine persönliche Trinkgeld-Historie auflisten.
- Meiner Friseurin gebe ich seit Jahren exakt 4 Euro Trinkgeld pro Haarschnitt.
- Für den Paketboten steht in unserem Eingangsbereich ein kleines Schälchen, in das ich abends die Münzen aus meinen Sakkotaschen lege. Hieraus wird meistens 1 Euro gegriffen und dem Paketboten überreicht.
- Wenn ich einen Blumenstrauss binden lasse, gebe ich 1-2 Euro in Münzen an die Floristin, die ihn gebunden hat.
- In Hotelzimmern lasse ich 1-2 Euro auf dem Tisch für die Reinigung.
- In Restaurants zwischen 2 und 5 Euro. In den letzten Jahren habe ich ein einziges Mal exakt den Rechnungsbetrag bezahlt, weil der Service eine Frechheit war.
- Für gute Straßenmusik gebe ich eigentlich immer Geld, da ich selbst Musiker bin und gerne Straßenmusik höre (Ausnahme: die elektronisch verstärkten Panflötengruppen mit fetten Lautsprechern, um die sich Hunderte schaulustige Passanten scharen, während der Sologeiger an der nächsten Ecke kaum beachtet wird).
- Beim letzten Ölwechsel gab ich dem Mr Wash Mitarbeiter 2 Euro.
- Verkäufern habe ich noch nie ein Trinkgeld gegeben, da ich diese Idee noch nie hatte.
- Bei Ämtern, Behörden und Polizisten ist es verboten.
- Die Kanzlerin habe ich noch nie getroffen, ich würde ihr aber wahrscheinlich ein paar Euro für ihre gute Arbeit geben. Insbesondere da sie ja auch kaum mehr verdient als der Leiter einer Kreissparkasse.
Durch diese Trinkgelder gibt man der einzelnen Person seine Wertschätzung für die geleistete Arbeit. Das ganze zu einem sozialkritischen Rittertum hochzupushen halte ich allerdings für geheuchelte Gutmenschelei. Wer die Welt retten will, der soll sein Einkommen in Krankenhäusern, bei der Polizei, bei Taxifahrern, Künstlern, Schriftstellern, Altenpflegern etc. abladen. Ob der Nebenjob-Student, der im Café als Aushilfskellner arbeitet und sich damit seinen nächsten Urlaub verdient, 1,5 oder 6 Euro Trinkgeld bekommt, halte ich für gesellschaftlich marginal.
Ich möchte außerdem noch eine kleinkarierte Anmerkung abgeben: Trinkgelder sind unter bestimmten Umständen steuer- und abgabenfrei. Deshalb halte ich es für gesellschaftlich unfair, dass ein Kellner dadurch bis zu 50% seines Einkommens steuerfrei erhält, wodurch auch der Gastronomiebetrieb kostenseitig entlastet wird, während andere Firmen ihr Personal vollständig entlohnen und das entsprechend versteuern müssen.
P.S.: Es ist mir in Restaurants noch nie passiert, dass ein Kellner mit dem Aufteilen der Rechnung auf die Personen ein Problem hatte oder dies irgendwie kommentiert hat. Es wurde jedesmal anstandslos gemacht und war nie ein Diskussionsgrund.