Smoking- und Frackweste - Knöpfe und Farben

Lord Montagu

New Member
Hallo,

ungeschriebene Regel bei (einreihigen) Anzugswesten ist ja, dass der unterste Knopf offen bleibt. Wie verhält es sich beim Smoking und Frack? Oft sah ich schon (auch historische) Bilder, wo alle Knöpfe der jeweiligen Weste geschlossen waren.

Bei zweireihigen Westen ist es wohl bei Tages- und Abendgarderobe generell die Regel, dass immer alle Knöpfe geschlossen bleiben?

Was mir noch auffiel: Zumindest früher scheint eine schwarze Weste zum Frack (vgl. hier) und eine weiße Weste zum Smoking (vgl. hier) möglich gewesen zu sein. Heute völlig undenkbar?

Danke für Aufklärung!
 
Das erste ist ein Link zu einem historischen Frack (wahrscheinlich Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts, Gründerzeit).
Im Biedermeier trug der vornehme Bürger - und nicht nur der - ja auch tagsüber Frack bzw. Gehrock mit Weste.
Im Laufe der Zeit wurde der Frack tagsüber dann allerdings nur noch bei besonderen Anlässen getragen (Beerdigung, Kirchgang, Fest, Hochzeit, etc...

Auf Bildern meines Großvaters ist zu sehen, dass dieser tagsüber zu besonderen Gelegenheiten den Frack mit Zylinder und schwarzer Weste trug.
Ich denke mal, damals galt zur Unterscheidung tagsüber dunkle und abends - als vornehmer Gesellschaftsanzug - weiße Weste.

Bzgl. geschlossenem oder offenem Knopf: Das ist wohl der jeweiligen Mode / Sitte geschuldet.

VG, Jane
 
Meines Wissens nach bleibt der unterste Knopf bei Abendwesten immer geschlossen.

Die schwarze Weste beim Frack wurde eigentlich nur zu Beerdigungen getragen, wobei der Duke of Windsor auch einen Frack mit einer schwarzen Weste besass, den er zu anderen Anlässen trug.
Die weiße Weste zum Smoking sah man das letzte Mal in den 20ern bei der breiten Masse, sie rührt daher, dass viele sich keine Westen für Frack und Smoking leisten konnten und deswegen dann eine einzige Weste für beides hatten (oder vielleicht auch gar keinen Frack hatten und den Smoking "aufpeppen" wollten).. Vorher trug jeder eine weiße Weste zum Smoking, weil der Smoking kein wirklich eigenständiges Kleidungsstück war, sondern nur ein Frack mit einer anderen Jacke, so dass dann Hose, Schleife, Hemd, Hut usw. völlig identisch waren.

Die weiße Weste zum Smoking wäre auch heute noch ein schönes Detail, während die schwarze Weste zum Frack eher deplatziert wirken könnte, weil er heute nur noch (wenn überhaupt) wie eine Art Uniform getragen wird, bei der kaum Wahlmöglichkeiten gegeben sind, so dass man dann mit der schwarzen Weste wirkt, als würde man ein völlig anderes Kleidungsstück tragen.
 
Ich denke mal, damals galt zur Unterscheidung tagsüber dunkle und abends - als vornehmer Gesellschaftsanzug - weiße Weste.
Ich meine, die weiße Weste hätte sich auch als Statussymbol durchgesetzt: Sie ist dreckanfälliger, daher zeigt man mit ihrem Tragen, daß man viel Wäsche und das Personal zu ihrer damals arbeitsaufwendigen Reinigung hat. ;)

Weiße Weste zum dinner jacket war mWn im frühen 20. Jh nicht unüblich. Zum einen brauchte der Smoking ja einige Zeit, um sich als eigener Anzug voll herauszubilden (ganz zu Beginn hat man auch noch weiße Schleife zum dinner jacket getragen); zum anderen hat man damals mWn so auch innerhalb seines Einsatzbereichs an Formalität differenziert, auch mittels anderer Elemente wie Kragenform.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das erste Bild zeigt keinen Frack, sondern einen Gehrock. Wie Calamity Jane schon richtig sagte, das war reguläre Tagesgarderobe für den noblen Herren. Wahrscheinlich war der gezeigt Grün oder Blau oder Rot, also nix Schwarz.

Das zweite Bild, aus der grandiosen "Death on the Nile" Verfilmung, ist ein Anachronismus. In den 30er Jahren - in der die Handlung angesiedelt ist - trug man eigentlich Abends noch Frack, zumindest als Brite. Poirot als Belgier ist da entschuldigt. Es ist ausserdem ein Film, da muss man Abstriche machen.
Aber, Weste gehörte, aufgrund längerer Wege im Freien und kälterer Behausungen, durchaus dazu. Ob Schwarz oder Weiß, blieb jedem selbst überlassen, die weisse Weste war immer etwas vornehmer.

Die Frackweste wird komplett geschlossen, sie ist sehr kurz und schaut nicht unter den Schößen hervor, deswegen wäre ein offener unterer Knopf ein unschönes Bild. Außer bei Beerdigungen von Staatsoberhäuptern ist die Weste weiß. Da der Frack dem Abend vorbehalten bleibt, Ausnahme Staatsempfänge, eher unwahrscheinlich. Einzige Ausnahme ist Japan, dort tragen Politiker in der Öffentlichkeit den Frack auch tagsüber.

Beim Tux trägt man heute kaum noch Weste, aus Gründen der Bequemlichkeit und auch normalerweise gutgeheizter Räume.
Zweireihige Westen waren mal eine Irrung aus den USA, weil sie angezogener wirken und die informellen Amis mehr Klasse in den "Kleinen Gesellschaftsanzug" bringen wollten
 
Proteus und Smokings..... Entweder ein wahrer Fundus an Wissen oder eine bissige Antwort auf wilvorst, trägt-man-das-jetzt-so und ständiger ignoranter Fehlleistungen. Herrlich!
;)
 
Wie immer: Jein. Auch in den 30ern war der Frack durchaus gängige Abendgarderobe der besseren Gesellschaftskreise.
Bei Musikern war es hingegen Arbeitskleidung, genauso wie bei Kellnern. Während diese (meistens ) schwarze Fliege trugen, hatten Musiker, Conférenciers und darstellende Künstler schwarze Westen oder einen hellen Frack.
Im gesellschaftlichen Umfeld war und ist die weisse Weste comme il faut, von den genannten Ausnahmen, Begräbnis und hochoffizieller Staatsakt, abgesehen.
 
Im gesellschaftlichen Umfeld war und ist die weisse Weste comme il faut, von den genannten Ausnahmen, Begräbnis und hochoffizieller Staatsakt, abgesehen.

Letzteres wäre dann wohl die wahrscheinliche Erklärung für die schwarze Weste auf folgendem Bild?

http://en.wikipedia.org/wiki/File:Atatürk_in_white_tie.jpg

Schließlich ist der Abgebildete weder Kellner noch Musiker oder Entertainer. ;) (Nach der Angabe auf der Wiki-Seite datiert das Foto vom 29. Oktober 1923, dem Tag der Ausrufung der Republik Türkei.)
 
Ich hole diesen Thread mal wieder hervor anlässlich des Bremer Schafferessens.
Es gibt ja in der Bundesrepublik Deutschland nicht viele Gelegenheiten Frack zu tragen. Das Schafferessen ist ein seit 1545 traditionelles Essen in Bremen, bei dem die Kleiderordnung seit langem den Frack vorschreibt.
Ursprünglich ist dies eine reine Herrenveranstaltung.

Bei Herrenabenden wird in Hamburg, Bremen, Preußen, Skandinavien usw. zum Frack die schwarze Weste getragen und auch die schwarze Fliege.
Dies handhabt ein Teil der Festcorona noch genauso, unter anderem Friedrich Lürssen, Verwaltender Vorsteher von Haus Seefahrt obwohl Frauen anwesend sind:
http://www.bundeskanzlerin.de/Conte...-schaffermahl-in-bremen.jpg?__blob=poster&v=3
http://www.senatspressestelle.bremen.de/bilder/100212_Schaffermahlzeit_Goldenes_Buch_k.jpg
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/b/b7/Schaffermahlzeit_-_Bremen_-_1912.jpg
http://www.radiobremen.de/nordwestradio/clipbild186456_v-ardwebm.jpg

Ansonsten trägt man die schwarze Weste zum Frack übrigens generell am Tage (wenn man denn Frack trägt, wie z.B. bei nordischen Hochzeiten) und bei Trauerfeiern.
 
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