Ja. Das reden wir uns ein, stimmt. Ist aber mittlerweile wohl überhaupt nicht mehr Srand der Dinge.
"Die da oben" haben zumindest privat schon lange keine Krawatten mehr an. Und wenn man mal Banken und Versicherungen außen vor lässt, ist der offene Hemdkragen oder/und Strick auch schon lange angekommen und löste den schönen Binder ab.
Das ist richtig, aber es geht dabei ja nicht um Realitäten oder das, was wir wissen. Es gibt eine Gruppe von Menschen, die sartoriale Kleidung als Symbol ihrer gefühlten Unterdrückung begreifen. Und das strahlt selbst ein bisschen auf die ab, die das bei Licht betrachtet für den Quatsch halten, der es ist. Deswegen gibt es ja überhaupt eine in heiligem Ernst vorgetragene gesamtgesellschaftliche Opposition gegen ein Stück hübsch aufgemachter Seide um den Hals. Aber auch wenn sie es selber nicht tragen, ist die durch Gleichgültigkeit gespeiste Toleranz dafür gegenüber anderen in weiten Bevölkerungsteilen noch gegeben. Sonst würde ja keiner mehr die ARD-Tagesschau anschauen. ;)

Verhasst würde ich nicht sagen. Die fehlende Bereitschaft aufeinander zuzugehen, ist dann wohl eher dem Dandy zuzuschreiben:)
Dazu hat der Dandy gar keine Chance, weil er ja selbst eine Ikone für (im aristokratischen Sinne unverdienten) Müßiggang und Verschwendungssucht ist, die aus dem oben erwähnten Unterdrückungsgefühl der "ungewaschenen Massen" hervorgeht. Propaganda braucht Feindbilder.

Betrachten wir die Lage. Selbst gut betuchte Männer laufen Samstags mit Turnschuhen und Jogginghose durch die große Stadt!
Und das ist die Folge davon: Tarnung durch Anpassung. :) Niemand macht sich mit einigem Aufwand freiwillig zur sozialpolitischen Zielscheibe, wenn er nicht besondere Gründe dafür hat (Berufssituationen, Feierlichkeiten, hedonistischer Hang zu den schönen Dingen ;)).

Okay, manchmal ist es auch nur infantile Degeneration, die Deinem obigen Bild zugrundeliegt. :)

Sollten wir Liebhaber der traditionellen Herrenbekleidung und jetzt tatsächlich spalten in Motiv- und Nichtmotivträger ...ich weiß nicht. Mir ist auch klar, dass man hier partout nicht alles ernst nehmen soll. Aber einige meinen es, meiner Meinung nach, doch erschreckend ernst!
Auf keinen Fall sollten wir uns spalten. :) Aber der Zweck dieses Forums ist ja - neben der Sammlung Gleichgesinnter - auch die dauernde Diskussion darüber, wie sich im sartorialen Rahmen die Verfeinerung des gestalterischen Ausdrucks im Sinne von Eleganz definiert. Bunte Mickey-Mouse-Krawatte, zu großes Polyester-Sakko, Schlabberhosen und Schuhe in Entenfuß-Karreeform gehören da halt nicht rein, um mal das Extrem darzustellen. Dass es dann auch viele Graustufen und Ausprägungen von Eleganz gibt, ist dem ja unbenommen.

Was ich gerne verhindern möchte, ist, dass wir hier undifferenziert alles abfeiern, was irgendwie in den Kontext traditioneller Herrenbekleidung gehört. In den 50er Jahren liefen zwar viele Herren in Anzug und Krawatte herum, aber eben auch nur, um uninspiriert dem Dresscode zu genügen. Das Straßenbild der breiten Masse sah damals in der gestalterischen Ausführung nicht signifikant besser als heute. Es gab halt durch das vorgegebene Proportionskonzept nur weniger Möglichkeiten, individuell fehlzugehen.

Und die Motivkrawatte ist ja - von den geschmackvolleren teilabstrakten Exemplaren abgesehen wie z.B. teilweise von DgL oben gezeigt - häufig mehr ein Statement als eine Dekoration. "Hey, ich trag' zwar hier diese steife Opakleidung, aber eigentlich kennt meine Witzischkeit keine Grenzen." :eek: :D Das ist das genaue Gegenteil zum überzeugten Bekenntnis zur Krawatte.
 
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Auf keinen Fall sollten wir uns spalten. :) Aber der Zweck dieses Forums ist ja - neben der Sammlung Gleichgesinnter - auch die dauernde Diskussion darüber, wie sich im sartorialen Rahmen die Verfeinerung des gestalterischen Ausdrucks im Sinne von Eleganz definiert. Bunte Mickey-Mouse-Krawatte, zu großes Polyester-Sakko, Schlabberhosen und Schuhe in Entenfuß-Karreeform gehören da halt nicht rein, um mal das Extrem darzustellen. Dass es dann auch viele Graustufen und Ausprägungen von Eleganz gibt, ist dem ja unbenommen. .
Bei den Extremen sind wir uns ja einig.
Hier im Faden wird aber gern pauschalisiert.
Und wenn sich Graf Mustermann, als Adeliger der sich stets auszudrücken weiß und ein einwandfreies Auftreten hat, für eine Leonard, Pancaldi oder Ferretti entscheidet ...oder ein top gekleideter Vorstand meint in seiner Freizeit mal keine Streifen tragen zu müssen ..und ich hier dann von einem Studenten oder jungen Männern mit dem Hobby Kleidung höre "das trägt man nicht" ...dann muss ja eine Seite etwas neben der Spur liegen^^
Da prallt für mich das Forums auf das echte Leben da draussen :)
 
offtopic.gif

Es ist wie so oft und hat mit dem Thema nicht mehr viel gemein:
Irgendein weltfremdes Geschwurbel über die Gesellschaft, Konventionen und Trends, da zur eigentlichen Thematik Krawatten mit Motiven absolut nichts beigetragen werden kann.

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Bei den Extremen sind wir uns ja einig.
Hier im Faden wird aber gern pauschalisiert.
Und wenn sich Graf Mustermann, als Adeliger der sich stets auszudrücken weiß und ein einwandfreies Auftreten hat, für eine Leonard, Pancaldi oder Ferretti entscheidet ...oder ein top gekleideter Vorstand meint in seiner Freizeit mal keine Streifen tragen zu müssen ..und ich hier dann von einem Studenten oder jungen Männern mit dem Hobby Kleidung höre "das trägt man nicht" ...dann muss ja eine Seite etwas neben der Spur liegen^^
Da prallt für mich das Forums auf das echte Leben da draussen :)
Wobei man qua sozialem Status, Erziehung und Geld noch nicht zwingend die stilbildende geschmackliche Überlegenheit hat. Manchmal wird dann auch Merkwürdiges mit einer "Ich darf das"-Attitüde getragen, über die der kleidungsinteressierte Student hier mit Recht die Nase rümpfen darf, Kaiser und Kleider und so. ;)

Aber ich habe oben ja schon das Beispiel Albert Darboven genannt, ein tadellos gekleideter hanseatischer Gentleman, der häufig zu formellen Anzügen Motivkrawatten trägt. Manchmal an der Grenze, aber meist insgesamt sehr ansehnlich. Z.B. hier, hier oder hier.

Italo Ferretti finde ich hier im Forum übrigens bei den abstrakteren Ornamenten zu Unrecht unterrepräsentiert, ein ziemlich schwülstiger, glänzender Stil, der aber qualitativ schon nicht schlecht gemacht ist und zu mancher überkandidelter Kombination durchaus passen mag.
 
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Ich würde ganz stark widersprechen, dass das Straßenbild in den 1950er Jahren nicht besser war. Da man damals entweder direkt zum Maßschneider ging oder wenigstens bei einem Herrenausstatter einkaufte, bei dem die Leute wenigstens minimal etwas von Passform und Stil verstanden und auch die nötigen Änderungen meist vor Ort abgesteckt wurden, gab es die Totalausfälle bei der Passform, die heute die Regel sind, viel seltener. Dazu kommt, dass die Konfektion auch generell weiter geschnitten war, was sich im Durchschnitt vorteilhafter auswirkt, da zu weite Sachen a) an sich schon weniger schlimm aussehen als zu enge, wenn es sich nicht gerade um 80er Jahre Schulterpolsterklamotten handelt, und sie b) auch leichter zu ändern sind als umgekehrt.

Dazu hatte man dann eben ein paar absolute Basics wie den grauen Flanellanzug oder die graue Tuchhose und dazu eine gedeckte Krawatte, wenn man kein Dandy war oder nicht mehr Geld hatte. Natürlich ist das nicht das Maximum des sartorial Möglichen, aber ein geschmackvolles Gesamtbild ergab sich dadurch schon.

Ich persönlich habe in letzter Zeit aus verschiedensten Gründen mehrere Hundert Familienbilder, die etwa bei 1880 beginnen und bis 2016 reichen und ich würde einfach mal behaupten, dass die meisten Bilder von vor 1960 auch hier im Forum zumindest durchschnittlich gut wären, obwohl keiner in meiner Familie ein Dandy war oder dem Großbürgertum oder Adel angehörte.

Zu Motivkrawatten im Speziellen: Ich finde, dass man zumindest die etwas dezenteren Modelle von Hermes und Vergleichbares durchaus tragen kann.
Wenn man natürlich mit Mustern wie riesengroßen Würfeln anfängt oder es sich anlassbezogen um eine Art "Mottokrawatte" handeln soll, so dass beim Maurer dann Backsteine drauf sind und beim Koch Kochlöffel, wirkt das hingegen eher peinlich.
 
Ich würde ganz stark widersprechen, dass das Straßenbild in den 1950er Jahren nicht besser war. Da man damals entweder direkt zum Maßschneider ging oder wenigstens bei einem Herrenausstatter einkaufte, bei dem die Leute wenigstens minimal etwas von Passform und Stil verstanden und auch die nötigen Änderungen meist vor Ort abgesteckt wurden, gab es die Totalausfälle bei der Passform, die heute die Regel sind, viel seltener.
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Ich persönlich habe in letzter Zeit aus verschiedensten Gründen mehrere Hundert Familienbilder, die etwa bei 1880 beginnen und bis 2016 reichen und ich würde einfach mal behaupten, dass die meisten Bilder von vor 1960 auch hier im Forum zumindest durchschnittlich gut wären, obwohl keiner in meiner Familie ein Dandy war oder dem Großbürgertum oder Adel angehörte.
Ich will Deine persönlichen Familienerfahrungen nicht anzweifeln, meine sind anders. Vielleicht zeigt sich da auch der Unterschied zwischen dem bürgerlichen Münster und dem proletarischen Ruhrgebiet mit seiner wesentlich höheren Bevölkerungsdichte. In Familien, in denen an guten Tagen der Ernährer abends eine Mettwurst bekam und Frau und viele Kinder sich in eine zweite teilten, waren Worte wie "Maßschneider" oder "Herrenausstatter" nicht geläufig. Und wenn wir heute die Teilung der Gesellschaft in 2/3 Profiteure und 1/3 Abgehängte betrauern, vergessen wir leicht, dass noch in den 30er Jahren das eher 1/10 zu 9/10 waren. Das sind halt die Gründe, die dafür verantwortlich waren, dass man damals aus lauter verzweifelter Hysterie soziopathische Massenmörder hier in Deutschland in die Regierungsverantwortung gewählt hat.
 
Es ist wie so oft und hat mit dem Thema nicht mehr viel gemein:
Irgendein weltfremdes Geschwurbel über die Gesellschaft, Konventionen und Trends, da zur eigentlichen Thematik Krawatten mit Motiven absolut nichts beigetragen werden kann.]
Bitte^^
Es geht um Meinungen. Die einen sagen es geht, die anderen es geht nicht. Was bitte sollte bei so einem Thema denn herauskommen, ausser ein Haufen Stigmatisierung :)

Andreas fragte am Anfang nach "wie sieht ihr das" und innerhalb kürzester Zeit wurde daraus "das macht man nicht" bis hin zu "wer sowas macht ist ...".
Sicherlich nicht so gewollt von Andreas, aber wohl abzusehen.
 
Ich will Deine persönlichen Familienerfahrungen nicht anzweifeln, meine sind anders. Vielleicht zeigt sich da auch der Unterschied zwischen dem bürgerlichen Münster und dem proletarischen Ruhrgebiet mit seiner wesentlich höheren Bevölkerungsdichte. In Familien, in denen an guten Tagen der Ernährer abends eine Mettwurst bekam und Frau und viele Kinder sich in eine zweite teilten, waren Worte wie "Maßschneider" oder "Herrenausstatter" nicht geläufig. Und wenn wir heute die Teilung der Gesellschaft in 2/3 Profiteure und 1/3 Abgehängte betrauern, vergessen wir leicht, dass noch in den 30er Jahren das eher 1/10 zu 9/10 waren. Das sind halt die Gründe, die dafür verantwortlich waren, dass man damals aus lauter verzweifelter Hysterie soziopathische Massenmörder hier in Deutschland in die Regierungsverantwortung gewählt hat.

Jetzt sprichst Du aber von den 1930er Jahren und nicht von mehr von den 50ern.

Zugebenermaßen habe ich das Alltagsleben in Dörfern zu dieser Zeit nie akribisch recherchiert, aber meine Familie kommt nur teilweise aus der Großstadt. Der andere Teil wohnte in einem kleinen Bauerndorf und ging mehr als eine Stunde zu Fuß in die Stadt, wenn bestimmte Dinge erledigt werden mussten. Auch die Dorfbilder aus den 30ern finde ich alle ansehnlicher als das heutige Straßenbild.

In den 20er oder 30er Jahren war meines Wissens nach die Realität etwa so, wie man das beim Hauspersonal der unteren Ränge (z.B der Footmen) bei Downton Abbey sieht, zumal diese Serie ja zumindest bei solchen Details als historisch sehr akurat gilt. Man besass eben einen Anzug, ein paar Schuhe, wenige Hemden (je nach Zeit mit auswechselbaren Kragen), einen Hut und 1-2 Krawatten. Die Sachen waren meist gebrauchte Ware von Leuten aus höheren Schichten, was aber mangels industrieller Massenproduktion bedeutete, dass es sich immernoch oft um Schneiderarbeit handelte.

Wer auf dem Feld arbeitete, trug vielleicht noch etwas derbere Sachen, die ich aber auch ästhetisch noch vor Jack Wolfskin und Konsorten sehe.

Bei den 1950ern weiß ich es nicht, aber da hatte sich die industrielle Produktion ja viel mehr durchgesetzt und nicht umsonst gilt der graue Flanellanzug als Aushängeschild dieser Zeit.
 
Bitte^^
Es geht um Meinungen. Die einen sagen es geht, die anderen es geht nicht. Was bitte sollte bei so einem Thema denn herauskommen, ausser ein Haufen Stigmatisierung :)

Andreas fragte am Anfang nach "wie sieht ihr das" und innerhalb kürzester Zeit wurde daraus "das macht man nicht" bis hin zu "wer sowas macht ist ...".
Sicherlich nicht so gewollt von Andreas, aber wohl abzusehen.

Die Motivkrawatte ist der Standart, All-Over-Muster mit geometrischen Formen die edle, prestigeträchige, von mir aus auch, formelle Ausnahme und Streifenkrawatten die militärische Original- oder abgeleitete Form von Krawattenmustern.
Bei abstrakten Mustern wie dem Lebensbaum in all seinen Erscheinungsformen kann man über die Umsetzung debattieren.
Über All-Over-Muster mit mehr oder weniger konkreten Blumen ebenfalls.

Insofern braucht es also keinerlei Debatte über das grundsätzliche Tragen von Motivkrawatten, denn abgesehen von Streifenmustern und geometrischen Formen sind fast alle Krawatten Motivkrawatten, mal mit konkreten und mal mit abstrakten Objekten versehen.

Es sagt ja etwas über den Krawattenträger aus ob er einen relativ bieder wirkende bedruckte all-over mit blassem Blumenmuster trägt oder ob sich traut eine ausdrucksstarke Motivkrawatte zu tragen, was natürlich auch von der Situation und der übrigen Kleidung abhängt.

Was das alles aber mit der Gesellschaft zu tun haben soll, bleibt mir ein Rätsel, weil es immer die Entscheidung eines einzelnen Mannes - sei es beim Kauf, beim Tragen generell und in der Situation speziell - ist.
Das hängt natürlich auch immer davon ab wie er sich darstellen und was er mit seiner Krawatte ausdrücken, mitteilen möchte.
 
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