Maßprojekte unserer Mitglieder

Ich hoffe, dass Du Deine anderen 38 SuSu-Anzüge trotzdem noch genießen kannst.
Da werde ich kein Problem haben, weil sie stilistisch ganz anders sind und sich auch von den Stoffen her nicht verstecken müssen. Vollmaß hat hier halt einen nicht ganz verdienten Heiligenschein, weil man ohne Kenntnis des Prozesses schnell unreflektiert glaubt, hey, das ist ja automatisch der perfekte Anzug. Erstens gibt es so etwas wie einen perfekten Anzug nicht, zweitens braucht es ab einem gewissen Passform-Niveau, das gegeben sein muss, keine absolute Perfektion, um in einem Anzug gut auszusehen, und drittens kann man durch die Anwendung von für die eigene Erscheinung ungünstigen Stilmerkmalen einen Vollmaßanzug auch bei sehr guter technischer Qualität für den Träger komplett verhunzen. Ein Hoofs ist halt auch gestalterisch stark, hat ein Auge für Proportion innerhalb seines „Hausstils“ neben den handwerklichen Fertigkeiten.

Deswegen wollte ich eigentlich den Anzug erst mal neutral präsentieren, ohne etwas Beeinflussendes über seine Herkunft verlauten zu lassen. Durch die auffällige Machart war das vor einem informierten Publikum aber dann letztlich schnell zum Scheitern verurteilt. ;)
 
Nein, auch wenn es gerade wegen der miserablen Belichtung und des zerknitterten Stoffes so aussieht. Kürzlich sprach ich mit einer befreundeten Schneidermeisterin, die, ebenso wie ich, klassischen Schnitten und Verarbeitungsweisen zugetan ist. Als ich ihr erklärte, wie schwer es sei, kurze Hosen zu finden, die oberhalb der Hüfte sitzen, daß ich aber doch wegen des warmen Wetters welche benötigte, fragte sie mich kurzerhand nach einigen Maßen, sie könne ja einmal sehen, was sich machen lasse. Am nächsten Tag rief sie mich an, ich möge vorbeikommen, sie habe einen Schnitt und eine Nessel-Hose angefertigt. Diese ist auf den Bildern oben zu sehen. Die Maße an mir hatte ich leider genommen, als ich eine lange nichts gegessen hatte, dementsprechend ist die Hose gerade dort nicht passend.
Änderungen am Schnitt:
Es wurde mehr Weite in der gesamten Bundregion gegeben, um diese bequem mit side adjusters oder chinch back
verstellen zu können. Außerdem war mir die Bundhöhe noch zu niedrig, der angesteckte Streifen zeigt die finale Leibhöhe. Die Gesäßlinie (oder wie die zentrale Gesäßnaht heißt) wurde auch verändert, Abnäher und Bundfalten wurden vertieft.
Stilistisch ist die Hose in den 1920er und 1930er Jahren zu verorten: hoher, kontinuierlicher Bund, inward pleats, Seitenschnallen, Eingriff mit Knopfleiste, schwerer (~423-430g) Hanf-Twill oder -fischgrät (der dann auch anders fällt als dieser viel zu leichte Nesselstoff).
IMG_0660.JPG
 
Offenbar an bekannten Vorbildern orientiert:
https://images.app.goo.gl/K7c1R9FEJkLvniVv8

Zeus, Apollo, Patrouille!
;)

Beste Grüße
R.O.T.
Higgins kannte ich zwar bisher nicht, aber es bestehen tatsächlich große Ähnlichkeiten (zumindest die Hose sitzt gleich schlecht:D)
Ich hatte mich tatsächlich an der Populärkultur, nämlich an Babylon Berlin, orientiert. Im Bild sieht man die Hosen leider nicht richtig, weil die Herren Studenten ihre T-Shirts darüber tragen.
 
...
Es gibt keinen Grund sich auf irgendwelche moderne genderspezifische "Normen" für die Absatzhöhe der Schuhe einzuschränken. Wir leben doch in einer Epoche, wo gender Stereotypen zu brechen sind.
Männer Schuhe mit hohem Absatz gibt es seit mehreren Jahrhunderten. In der 70er und 80er waren die Absätze noch extremer. Vielleicht wird das in 100 Jahen wieder im Trend sein.
Aber wie auch immer - ich mag gerne dieser Stil. :) Auch wenn es manchmal vielleicht etwas komisch aussieht.

Die 70er und 80er habe ich live und in Farbe erlebt und bis auf einige Ausreißer im Show-Geschäft und Wannabes waren hohe Absätze für Männer auch da kein Trend. Richtig ist, dass jeder das machen soll was ihm Spaß macht und wenn das hohe Absätze sind ist das okay. Ich sehe allerdings keine Notwendigkeit dazu krampfhaft Stereotype zu brechen. Das wurde immer wieder versucht zu verkaufen. Schminke à la Boy George, Röcke für Männer, Metrosexuelle mit Haarreifen alles kam und ging und geblieben ist davon nichts.
 
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