Kritische TV-Sendungen zur Lebensmittelproduktion

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Geht es nicht viel mehr darum sich das qualitativ beste zu leisten?
Ist es denn nicht merkwürdig das sich Menschen ein teures Auto leisten, und dann auf Billigangebote aus Massentierzucht zurückgreifen "müssen"??
Und wenn sienes nicht müssen, da sind wir ja bei Gunters Grundfrage, warum tun sie es dann???

Es geht um "standing," um Status im Sinne der Selbstwahrnehmung und wie Leute glauben Status am besten nach außen repräsentieren zu können. Dazu bedarf es sozialer Distinktionsmechanismen, die der Soziologie Pierre Bordieu in seinem Werk ausführlich erforscht hat. Welche kleidung trage ich, welche Musik höre ich, gehe ich in die oper oder ins Stadion etc. pp. Luxusküchen sind z.B. ein wichtiges Statussymbol, selbst, wenn sie nie benutzt werden (die Statistiken darüber, in wie wenigen Familien überhaupt noch gemeinsam gegessen oder gar gekocht wird, sind haarsträubend). Es gibt Milieus, in denen Bio, gesunde ernährung, Slow Food als distinktionsmerkmal fungieren, aber die sind ökonomisch betrachtet vergleichweise begrenzt. Wichtiger sind in vielen sozialen Milieus in Deutschland immer noch Haus, Auto, Urlaub, Unterhaltungselektronik als Statusmeßlatten, oder auch der Preis der Turnschuhe. Statistisch über den Kamm geschert sind die Deutschen, auch aus historischen Zusammenhängen heraus, eher Fresser als Genießer (mit Ausnahmen Richtung Austria und Frankreich).
 
Nun ja, es liegt vielleicht daran, dass es immer noch eine Sendung aus dem Hause RTL war.
Wobei ich zugeben muss en Sender RTL Living nicht zu kennen.

Gute und auch wirklich hinterfragende Sendungen zu dem Thema habe ich bisher leider immer nur auf Arte, Phönix oder 3Sat gesehen.
Und das auch meist nur zu Zeiten, in denen kein normaler Mensch den Fernseher an hat.
 
1. kann man RTL und die gesamte Bertelsmannfamilie drumherum absolut vergessen. Das ist Volksverblödung auf höchstem Niveau.
2. Viele Hersteller, die hinter den Marken von günstigen Supermärkten stecken sind die Gleichen, die in etwas teueren Supermärkten Artikel vertreiben.
 
Ich bin mit gesundem Essen aufgewachsen, und zwar aus dem einfachen Grund weil wir damals kein Geld hatten. Da gab es selbst angebautes Gemüse vom Schrebergarten, Fleisch vielleicht 2 x die Woche. Die wenigen Fertiggerichte die es damals bereits gab (Miracoli) konnten wir uns nicht leisten.

Der Unterschied zu heute war nur der, dass meine Oma einfach und schmackhaft kochen konnte. Ihre köstlichen Bohnen- und Kartoffelsuppen sind mir immer noch in guter Erinnerung. Gehe ich heute in den Supermarkt und gucke da so in die Einkaufswagen, fällt mir das genaue Gegenteil auf. Je niedriger die Gesellschaftsschicht, desto höher der Anteil an Fertiggerichten.

Es gibt ja ein sog. Harz 4 Kochbuch. Die Autoren wollten Hilfestellung geben, sich mit dem Geld gut und günstig zu ernähren. Dabei stellten sie fest, dass es die entsprechenden Rezepte schlicht nicht mehr gibt. Sie bereisten dann Landfrauen und schrieben die alten Rezepte auf. Und siehe da: Es geht! Aber es ist anstrengend. Kartoffeln waschen und schälen, Bohnen schnippeln etc. sind Tätigkeiten auf die man weitgehend keine Lust mehr hat. Für diese Küche brauche ich auch kein Bio, was ja in manchen Kreisen mittlerweile den Charakter einer Ersatzreligion angenommen hat (größtenteils vollkommen unreflektiert übrigens). Die Verwendung von (teurem) Bio ist selbstverständlich ebenfalls ein Mittel soziale Unterschiede zu demonstrieren und sich dadurch von der unwissenden Masse abzuheben.

Die ach so böse Nahrungsmittelindustrie bedient lediglich die vorhandenen gesellschaftlichen Strömungen und verfolgt dabei natürlich eine Gewinnabsicht.

Zur Massentierhaltung: Verwerflich aber wer das Kotelett aus dem Sonderangebot haben will, kauft das sozusagen mit ein. Massentierhaltung, also die Nutzung von "Economies of Scale" muss ja nicht zwingend Tierquälerei bedeuten, es kommt auf die Haltung an sich an. Schlechte Haltung gab es sicher auch auf Opas Bauernhof, es hat nur keiner hingeguckt. Ob die momentan betriebene Idealisierung des Landlebens den echten Verhältnissen der "guten alten Zeit" gerecht wird, wage ich zu bezweifeln. Das ist wohl eher die Vorstellung von "Latte Macciato" sippenden Städtern, die mal raus fahren und sich dann im (natürlich nicht gewinnorientierten) Landlädchen ein "schön hier, ne?" zuraunen.
 
Je niedriger die Gesellschaftsschicht, desto höher der Anteil an Fertiggerichten.

...und bei den "höheren Gesellschaftsschichten" sollen es dann die Fertiggerichte von Weight Watchers, Marken-Suppen von bspw. Lacroix, mit Zusatzstoffen gestreckter Krönungs-Kaffee oder beliebig vielfältige KaffeePad-Variationen und "Feine Welt"-Artikel etc. sein -
die industrielle Herstellung bietet da schon eine große Auswahl an passendem Konveniant-Futter. ;)

Bezüglich der Landleben-Idealisierung kommt es sicherlich auf den Wohnort oder den großstädtischen Kiez an -
Preisniveau und exotische Angebote unterscheiden sich erheblich zwischen bspw. Goldbek-Markt und Regionalmarkt in Tübingen.

Der interessierte Großstadtbewohner bevorzugt derzeit Biokisten-Abonnements oder ein eigenenes parzelliertes Stück Scholle...:p
 
Edit:
Dann ist es oft so dass es sehr sehr strenge Richtlinien gibt die einige Hersteller bieten. Beispiel Chips (das wohl bekannteste Beispiel) -
Wenn eine "Ladung"/Mischung in der Produktion nicht der Vorgabe exakt entspricht, wird diese quasi als B-Ware behandelt und wird unter anderem Namen verkauft.
Der industrielle Hersteller produziert nach Vorgabe und mit veränderten Zutaten-Zusammensetzungen -
ein einfacher Vergleich NoName vs. Marke ist oft nicht gegeben.

Andererseits sind Chips in allen Varianten ein überfetteter, überteuerter versalzener Sch...näck.:D
 
Der interessierte Großstadtbewohner bevorzugt derzeit Biokisten-Abonnements oder ein eigenenes parzelliertes Stück Scholle...:p

...back to the roots...einen Nutzgarten hatten wir damals auch, war total uncool. Heute, 35 Jahre später irre angesagt. Vielleicht brauchen wir einfach ein geiles Marketing-Wort dafür...so etwas wie "Home grown - total organic experience" ;)
 
Sicherlich schmunzelwürdig wenn diese Neuzeitsapienssapiens mit ihren nichtsnutzigen Stadtgeländewagen sich einen 3x3m Gemüsegarten pachten um die Welt zu retten....
Es geht ja immer ums Prinzip (und auch um die Distinktion, s.o.)...

Diejenigen, die ich kenne sind naturgemäß ÖPNV-ler bzw. betreiben Carsharing -
durchweg sympathische Leute, halt mit Landlust-Abo usw.

Aus unerfindlichen Gründen hat aber bisher keiner die Empfehlungen angenommen, auch den Fischereischein o.ä. zu erwerben ? :rolleyes:
 
Viele Punkte, zu denen ich etwas sagen will:
Die Videos am Anfang:
Das Schokoding fand ich recht fundiert, wenn auch ncihts wirklich neues - für mich - dabei war.
Die ZDF-Videos fnad ich so schrecklich, dass ich das erste wegen der pseudowissenschaftlichen Dümmlichkeit nur aggressiv wurde. Ich mag solche Formate wie Galileo einfach nicht leiden.

Supermarkt und SUV:
Es haben nicht mehr alle Leute Zeit und Lust für jede Kleinigkeit eine einzelne Station anzulaufen. Hier ist es jedenfalls nicht so, dass sich Bäcker und Schlachter wie an einer Perlenschnur aneinandergefädelt aufgestellt sind. Bei einem Supermarkt ist eben alles an einem Ort gebündelt. Die hohe SUV-Rate ist für mich Beweis dafür, dass die - offenbar - erfolgreichen Geschäftsleute schnell einkaufen müssen um z.B. noch etwas Zeit für die Familie zu haben.

In meinem Bekanntenkreis bin ich der einzige, der sich die Inhaltsstoffe der Lebensmittel durchliest. Einerseits um zu wissen was da alles an Schrott drin ist, andererseits um das Produkt mit einfachen Mitteln zuhause nachzukochen.
Ich kann die Aufregung um Ekelyoghurt etc nicht verstehen. Jeder bekommt das, was er verlangt. Wenn jemand gut essen will, muss er auch viel dafür zahlen. Ich persönlich esse lieber weniger Fleisch und greife dafür - vermutlich eh ein Blender - zum Bio-Fleisch von Edeka. Heutzutage darf sich ja jeder Sch*iß Bio nennen, so dass ich nur zu 'altbekanntem' wie Demeter, Bioland etc Vetrauen habe.

Um obiges Chipsbeispiel aufzugreifen:
Die Preisdifferenzierung ist doch aus Betriebswirtschaftlicher Sicht vollkommen logisch: Jeder Produzent ist bemüht die Produktion optimal auszulasten.Mit der Segmentierung kann man mehrere Zielgruppen bedienen ohne, sich auf nur eine einzige zu konzentrieren. Finde ich völlig legitim. (Hier kommt mir gerade ein Fernsehbeitrag in den Sinn, in dem sich eine Frau aufregt, dass ein Filmstudio, welches hauptsächlich Actionfilme produziert, zum süßen knuddelfilmkonzern Disney gehört.)
 
Einerseits um zu wissen was da alles an Schrott drin ist, andererseits um das Produkt mit einfachen Mitteln zuhause nachzukochen.
Ich kann die Aufregung um Ekelyoghurt etc nicht verstehen. Jeder bekommt das, was er verlangt. Wenn jemand gut essen will, muss er auch viel dafür zahlen.

word!

Schön, dass es solche Sendungen gibt.
Aber wirklich schockierend ist das Gezeigte nun auch nicht mehr.
Wer blind auf die Werbung vertraut ist doch auch selber Schuld, dass wissen doch mittlerweile schon Grundschulkinder.

Aber die Gesellschaft will es doch auch so. Lebensmittel sollen immer günstiger und jederzeit verfügbar werden (z.B. Früchte etc.). Daneben wollen Aktionäre/Investoren möglichst große Gewinne. Um diese Interessen in den Einklang zu bringen bleibt doch keine anderen Wahl als Kostenreduzierung mittels Chemie, Massentierhaltung und Transport rund um den Globus.

Aber dann empört aufschreien, wenn bei Galileo wieder ein "Skandal" aufgedeckt wird....
 
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