Holzgenagelte Schuhe

Algernon Worthington

Gast
...am beispiel: "holzgenagelt"
wenn man von der methode nichts hält ist das völlig in ordnung. es jedoch immer wieder einzustreuen und zu behaupten, dass ein schuh deswegen ein klumperd ist, finde ich persönlich unreif.

...

Interessantes Thema und jetzt sind wir wieder bei dem was ein Forum ausmachen sollte: Informationsaustausch.

Holzgenagelte Schuhe werden wohl in erster Linie in der österreichisch-ungarischen Schuhmachertradition in Erscheinung treten. Da existiert nördlich des Weißwurstäquators möglicherweise ein gewisses Maß an Unkenntnis und vielleicht an Vorurteilen. Aber dem kann man ja abhelfen. Ein paar Stichpunkte dazu: Grundsätzlich kann man nicht behaupten, die Methode sei gegenüber der aufgedoppelten minderwertiger. Wenn korrekt ausgeführt. Bei einem hochwertigen handeingestochenen Schuh (rangierte Brandsohle), wird der Rahmen an der Brandsohle angenäht. Grundsätzlich und vielleicht am verwirrensten, einen Rahmen gibt es bei beiden Fertigungsmethoden. Beim Holzgenagelten wird die Laufsohle oder gegebenenfalls die Zwischensohle mittels kleiner Holzstifte am Rahmen befestigt. Beim Rahmengenähten werden die Sohle(n) ja in bekannter Art und Weise aufgedoppelt. Kleber kommte bei beiden Methoden zusätzlich zum Einsatz. Das Holznageln geht tatsächlich etwas schneller, der Vorteil ein etwas einfacherer Ersatz der Laufsohle. Aber so oder so muss nach der ein oder anderen neuen Laufsohle auch mal der Rahmen ersetzt werden. Ich besitzte seit vielen Jahren Schuhe beider Macharten aus der gleichen Werkstatt und kann in keinerlei Hinsicht einen Nachteil einer Methode erkennen. Ich würde daher sagen, reine Geschmacksache. Auch kann man nicht behaupten holzgenagelte Schuhe seien grundsätzlich gröber oder klobiger. In der Werkstatt von Lajos Balint z.B. werden hochfeine Damenpumps mit zartesten Gelenken in holzgenagelter Weise gefertigt.
Im Gegenteil, der Vorteil des holzgenagelten Schuhs hier: Der Rahmen kann sehr zart gestaltet werden, da ja kein besonderer Platz für die Aufdoppelnaht erforderlich ist.

lg Algy
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
"Weißwurstäquators" nicht schlecht :D:D:D Den Begriff kannte ich gar nicht. Ich nominiere ihn zum "Unwort" des Jahres. ;)

Herzliche Grüße von südlich des Weißwurstäquators!

Bye,
star314.
 
Ich persönlich ziehe Holzgenagelte Schuhe --vorausgesetzt, der ausführende Handwerker weiß, was er tut-- den Rahmengenähten vor, sei es, weil ich durch die geographische Nähe zur ehemaligen Welthauptstadt guter Schuhe geprägt oder durch die meist unaufgeregteren Reparaturen verwöhnt bin.
Bezüglich der Flexibilität der Laufsohle konnte ich bisher keine Einschränkungen feststellen, was aber auch daran liegen mag, daß ich fast ausschließlich doppelte Sohlen trage, die ohnedies erst einmal ein wenig eingetragen werden wollen.
 
Das Holznageln geht tatsächlich etwas schneller, der Vorteil ein etwas einfacherer Ersatz der Laufsohle.

ein erfahrener schuhmacher meinte der unterschied bei der herstellung betrüge runde 15 min. pro paar.

das mit dem einfacheren Ersatz beziehe ich jetzt einmal "eher" darauf, dass man im notfall auch "improvisieren" kann.

mein schuhmacher verlangt auf jeden fall bei korrekter ausführung den gleichen preis für die nachbesohlung.
 
Grundsätzlich und vielleicht am verwirrensten, einen Rahmen gibt es bei beiden Fertigungsmethoden. Beim Holzgenagelten wird die Laufsohle oder gegebenenfalls die Zwischensohle mittels kleiner Holzstifte am Rahmen befestigt.........

Diese Mischform, also einen eingestochenen Schuh mit Rahmen bei dem die Sohle mit Holznägeln (statt einer Doppelnaht) fixiert wird gibt es wohl bei der Firma Balint (und vielleicht noch anderen Top-Firmen in Wien) ist aber nicht typisch für andere Holzgenagelte.

Einfachste Ausführung geht folgendermaßen vor sich: Bandsohle wird an den Leisten angeheftet, Schaft über den Leisten gezogen und mit Klebstoff und Metallklammern angetuckert. (Ich weiß, der Schaft wird traditionell eingebunden, aber mit dem Tucker geht das schneller). Dann wird die Mittelsohle aufgeklebt, dann die Laufsohle. Nun wird genagelt: durch Laufsohle, Mittelsohle, Schaftleder, Futterleder und Brandsohle durch. Die Holznägel kommen oben auf der Brandsohle heraus und werden dann abgeraspelt.

Darin liegt meiner Meinung nach der Pferdefuß dieser Methode. Die Nägel gehen durch alle Lagen durch und führen direkt in den Schuh-Innenraum (genauso wie bei Blake genäht). Ja ich weiß, die Idee ist, daß die Nägel sich durch Feuchtigkeit ausdehnen und dadurch stabil sitzen. Wenn aber der Schuh eine Weile nicht mehr getragen wird und austrocknet, dann können die Holznägel, durch das Sohlenabrollen noch verstärkt, herausfallen. In diesem Fall wird Straßennässe durch das nagellose Loch direkt in den Schuh und an den Fuß geleitet. Darum sind Holzgenagelte in der Regel auf sehr steifen und stark-gesprengten Sohlen gebaut, um nämlich die Flexibilität der Sohle zu kontrollieren.(Je geschmeidiger die Sohle, desto größer ist die Gefahr die Nägel zu verlieren.

Ein normaler holzgenagelter Schuh (also ohne Rahmen), kann in einem Drittel oder Viertel der Zeit angefertigt werden wie ein hand-eingestochener, hand-gedoppelter Rahmengenähter. Das schlägt sich natürlich im Preis nieder.

Historisch sind genagelte Sohlen nicht auf den österreich/ungarischen Raum begrenzt. Die Methode war auch in England bis in die 50er Jahre für derbes Schuhwerk beliebt, allerdings wurden keine Holznägel, sondern 'Rivets' (metallene Schraubnägel) verwendet (Holznägel gab es allerdings in der Marine, wegen der hölzernen Decks). Diese wurden dann durch neue Klebstoffe und vor allem angeschäumten Sohlen verdrängt.

P.S. Ich habe mich bemüht diesen Beitrag so sachlich und unpolemisch wie möglich zu halten.
 
Ich finde das wirklich eine spannende Diskussion. In der aktuellen Ausgabe des "The Rake" ist übrigens auch ein Artikel, der sich für die in u. a. Italien sehr verbreitete Blake bzw. Blake/Rapid Methode stark macht bzw. zumindest versucht differenziert Vor- und Nachteile rauszuarbeiten.

Ich persönlich werde es so machen:
Mein erstes Paar Maftei wird rahmengenäht (noch 2 Wochen! :) ) - das zweite genagelt. Danach weiß ich mehr. Gut sind bestimmt beide.

LG

Max
 
Ich finde das wirklich eine spannende Diskussion. In der aktuellen Ausgabe des "The Rake" ist übrigens auch ein Artikel, der sich für die in u. a. Italien sehr verbreitete Blake bzw. Blake/Rapid Methode stark macht bzw. zumindest versucht differenziert Vor- und Nachteile rauszuarbeiten.

Ich persönlich werde es so machen:
Mein erstes Paar Maftei wird rahmengenäht (noch 2 Wochen! :) ) - das zweite genagelt. Danach weiß ich mehr. Gut sind bestimmt beide.

LG

Max

Finde ich ebenfalls sehr spannend. Den von dir erwähnten Beitrag habe ich vor einiger Zeit im Forum permanentstyle gelesen und fand ihn sehr informativ. Ich persönlich habe Schuhe, die so gemacht sind und darunter sind einige, mit denen ich außerordentlich zufrieden bin, was Tragegefühl, Komfort und Haltbarkeit angeht.

Von Herrn Maftei habe ich einen rahmengenähten und auch mein nächster wird wohl ein genagelter Schuh sein. Ich erwarte mir, auch im Vertrauen auf seine Arbeit, keine Verschlechterung.

Gruß, p
 
Ich persönlich werde es so machen:
Mein erstes Paar Maftei wird rahmengenäht (noch 2 Wochen! :) ) - das zweite genagelt. Danach weiß ich mehr. Gut sind bestimmt beide.
Eine wirklich gute Idee, nicht so sehr, weil es zwischen den beiden Fertigungsmethoden objektive Qualitätsunterschiede auszumachen gäbe, sondern vor allem deswegen, weil die Frage: "Holzgenagelt oder rahmengenäht?" in erster Linie eines ist: Glaubenssache. Viel Vergnügen mit beiden Schuhpaaren!
 
Im Gegenteil, der Vorteil des holzgenagelten Schuhs hier: Der Rahmen kann sehr zart gestaltet werden, da ja kein besonderer Platz für die Aufdoppelnaht erforderlich ist.
Vielleicht noch als Beispiel eine weitere Vorgehensweise, die bspw. von Saint Crispin´s bekannt ist (die Leisten von Marks Schuhwerk waren meiner Erinnerung nach auch so gestaltet):
Kombination aus Rahmennaht (handeingestochen), Aufdoppeln der Laufsohle bis zum Beginn des Gelenks (Maschine), holzgenagelte Sohle im schmalen Gelenkbereich.

Die von bengal-stripe dargestellte sehr einfache Holznagelung habe ich auch schon bei einem Schuhmacher/Schlüsseldienst als "handgefertigte, holzgenagelte Massschuhe für 199 Euro" gesehen:
Dort dann sogar ohne Zwischensohle, also ganz fein und filigran gearbeitet...:rolleyes:
 
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