Hobbyschneiderei - Meine bisherige Entwicklung

Beim nächsten größeren Projekt hatte ich mich zum ersten Mal mit einem synthetischen Stoff auseinandergesetzt, einem Nylon-Stoff für einen Regenmantel (verkauft als "2,5-Lagen-Laminat", Füttern nicht nötig).
Extrem leicht (80g/m²) und rutschig - entsprechend für mich als Anfänger die Verarbeitungshölle - vor allem das Einsetzen der Ärmel.
Regenmantel_01.jpg

Den Rest hatten mir die Druckknöpfe gegeben, ich hatte nicht daran gedacht, dass die bei einem so leichten Stoff eine Zwischenlage brauchen könnten, um überhaupt halbwegs vernünftig anzubringen zu sein.
Abhilfe bzw. für Rettung und jetzt teilweise auch halb verbeulte Druckknöpfe sorgte der Hammer - Der Mantel ist an leicht verregneten Tagen aber tatsächlich sehr gut tragbar...Regenmantel_02.jpg

...und die überaus geringen Packmaße haben auch etwas. Genauso, wie ich zumindest finde, dass der Stoff so leicht knittert.
Regenmantel_03.jpg
 
Die Umsetzung des folgenden Projektes ist nun schon garnicht so lange her.
Mein zweiter Anzug hatte sich eher zufällig ergeben. Ursprünglich wollte ich mir nur eine Leinenhose machen. Da mir der Stoff aber so gut gefiel, dachte ich mir, ich sollte doch einfach gleich einen Anzug daraus machen und so bestellte ich Stoff nach.
Daraus ergaben sich im Endeffekt leider ein paar Problemchen:
Zum einen ist es tatsächlich so, dass es eine leichte Farbabweichung zwischen Jackett und Hose gibt, also habe ich quasi direkt einen Standard-Denkzettel für meine Nachbestellung bekommen. Man sieht das auf den Bildern teilweise recht deutlich, ich möchte das aber teils auch auf die suboptimale Ausleuchtung usw. schieben, in persona fällt es finde ich nicht so sehr auf.
Zum anderen ist der dünne Leinen-Stoff (170g) für eine Hose sehr gut geeignet, für das Jackett wäre, stellt sich nach der ersten Wäsche heraus, ein dickerer Stoff wohl besser gewesen.

Oberstoff also Leinen, ungefüttert, Hornknöpfe, pick stitching und Knopflöcher mit Leinenzwirn
FinolinoAnzug_01.jpg

Außerdem reden wir offensichtlich über einen Zweireiher (6 on 1), mit aufgesetzten Taschen und standardmäßig Brust-Leistentasche.
FinolinoAnzug_02.jpg

Lernfaktor beim Einfass-Satinband: Vorher abbügeln - professionelle Schneider schütteln wahrscheinlich gerade mit dem Kopf :D
FinolinoAnzug_03.jpg

Also man sieht, die Waschbarkeit fordert Tribut, aber da es ohnehin ein lockerer Anzug ist, den ich wahrscheinlich auch meistens in Kombinationen tragen werde, sollte das schon noch klargehen.
FinolinoAnzug_05.jpg

Die Hose ist mir wie ich finde ziemlich gut gelungen, einziger Wermutstropfen: Bei dunklerer Unterhose scheinen die helleren Taschenbeutel der Eingriffstaschen leicht durch.
FinolinoAnzug_04.jpg

Breiter Umschlag wegen recht breiten Revers:
FinolinoAnzug_Detail_02.jpg

Und die Innenverarbeitung:
FinolinoAnzug_Detail_03.jpg
FinolinoAnzug_Detail_04.jpg

Das Stechen der Knopflöcher hatte sich aufgrund der Steifigkeit des verwendeten Leinenzwirnes vergleichsweise mühselig und fummelig gestaltet.
FinolinoAnzug_Detail_05.jpg

Mein erstes pick stitching war aus selbigem Grund auch kein Zuckerschlecken.
FinolinoAnzug_Detail_01.jpg
Weil ich hier wieder keine Einlage verwendet habe, wölbt sich das Knopfloch sehr unschön, da ich beim Stechen wohl den Stoff gedehnt habe.
Und die Ecke beim Spitzrevers und Kragen sind für mich noch nicht so ohne :D
 
Abschließend noch das Hemd, welches wie vorher erwähnt mein erstes war.
FeinpanamaHemd_01.jpg

Das ist ein einfacher Bio-Baumwoll-Feinpanama-Stoff, von den Perlmutt-Knöpfen habe ich die Rückseite nach außen genommen.
FeinpanamaHemd_03.jpg

Hatte ich schon erwähnt, dass ich zu den frevelhaften Bügelfaulen gehöre?FeinpanamaHemd_02.jpg

Und noch die Details in unvorteilhafterem Licht:
FeinpanamaHemd_Detail_01.jpgFeinpanamaHemd_Detail_02.jpg
 
Nun zum aktuell vorletzten abgeschlossenen Projekt: Eine Art Übungsprojekt für einen noch herumliegenden Gehrock, den ich vielleicht etwas aufwendiger herstellen möchte.
Hier hatte ich einfach die Gelegenheit eines sich günstig im Abverkauf befindlichen Stoffes genutzt, um auch nochmal das Füttern zu üben.
Herausgekommen ist dabei etwas, das man vielleicht als Sommermantel bezeichnen könnte.

Bestehend aus einem Baumwollköper, dessen Farbe etwas auffälliger ausfiel als gedacht, gefüttert mit einem leichten Baumwollstoff.
LucyLu_01.jpg
LucyLu_03.jpg

Ein gutes Stück auffälliger kombiniert als ich sonst aus dem Haus gehen würde, aber fürs Foto muss es mal reichen.
LucyLu_02.jpg

Die verdeckte Knopfleiste ist hier zwar ein Stück zu eng ausgefallen, lässt aber verschiedene Varianten der Knöpfung und damit Formalität zu:
LucyLu_04.jpg
LucyLu_05.jpg

An diesem Teil habe ich das erste Mal Taschen mit aufspringender Falte versucht, für die der Stoff letztendlich leider doch etwas zu dick war.LucyLu_Detail_01.jpg
Die Knöpfe sind übrigens aus Bein und mit einem floralen Muster - schön sommerlich also :D

Das Füttern hat ganz gut geklappt, auch wenn es durch die Wäsche hier etwas wild aussieht.
LucyLu_Detail_02.jpg
 

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Eins meiner liebsten Projekte habe ich erst in der letzten Woche abgeschlossen.
Dieser zweireihige Kurzmantel besteht aus einem festen Baumwollstoff mit Fischgrätmuster, gefüttert mit blaugrauer Viskose, die ich noch rumliegen hatte. Die Knöpfe sind aus Leder.
Der Mantel entstand etwas spontan, weil ich den Stoff sah, und sowieso noch einen zweireihigen schwereren Wintermantel in Planung habe.
Er dürfte ein richtig praktischer Übergangsmantel werden, der schön herbstlich aussieht und denke ich gut kombiniert werden kann.
Cottoncoat_01.jpg

Der Stoff fällt wirklich sehr schön, auch hier musste ich keinerlei Einlage o.ä. verarbeiten.
Cottoncoat_02.jpg

Bisher bin ich sehr weit mit meinem nach Video-Tutorial konstruierten Jackett-Schnitt gekommen, letztens habe ich ihn in einen Jacken-Schnitt umgewandelt, und auch die Anpassung für Zweireiher macht sich (meiner amateurhaften Einschätzung nach selbstverständlich) bisher recht gut.
Cottoncoat_03.jpg

Außen gibts drei Leistentaschen mit einigem Fassungsvermögen:
Cottoncoat_04_05.jpg

Cottoncoat_06_07.jpg

Und innen sieht man, dass die Sauberkeit bei Verarbeitung von Viskose mir immernoch schwer fällt.
Cottoncoat_07.jpg

Auf den Detailfotos sieht man die Struktur des Stoffes besser, die tatsächliche Farbe ist irgendwo zwischen obigen und Detailbildern, zugegebenermaßen ist es garnicht so einfach, die Fotos so bearbeitet zu bekommen, dass sie der Realität möglichst nahe kommen.Cottoncoat_Detail_01.jpg
Cottoncoat_Detail_02.jpg
Cottoncoat_Detail_03.jpg
 
So, damit wären wir beim aktuellen Stand angekommen, die nächste Jacke steht bereits kurz vor der Vollendung und es gibt noch einiges in konkreter Planung und noch viel mehr Ideen und Ziele im Hinterkopf.

Ich hoffe also, dass ich hier ab und zu mal wieder den ein oder anderen Fortschritt posten können werde, und freue mich, wenn es vielleicht nicht ganz uninteressant zu sehen ist, auch wenn es nicht oder hoffentlich noch nicht die hohe Schule darstellt.

Danke für etwaiges Interesse und Rückmeldungen, Anregungen, Kritik, Austausch usw
-Sebastian
 
Das ist sehr interessant und ich bin beeindruckt, wie schnell Du dir die Näherei aneignen konntest.
In aller Kürze zwei Anmerkungen:
- Ich denke, dass es ausgesprochen hilfreich wäre, wenn Du dich mit den grundsätzlichen ästhetischen und proportionalen Überlegungen der Herrenschneiderei auseinander setzt. Wie ist eine Kassur auszuführen, dass sie harmonisch wirkt, wo sind Knöpfe anzunähen, wie lange sollte ein Teil (Ärmel, Jacke, Kragen(schenkel)) etc. pp.
- Schau dich im WTIH- und im Passform-Faden um. Dort werden o.g. Probleme häufig besprochen und erläutert. Das dürfte helfen, um deine Schnitte zu ändern. Wirklich passen scheinen zumindest die Jacken nämlich noch nicht.

In jedem Fall ist es toll, was Du mit Nähmaschine sowie Nadel und Faden hinbekommst. Hut ab und herzliche Grüße
 
Das ist sehr interessant und ich bin beeindruckt, wie schnell Du dir die Näherei aneignen konntest.
In aller Kürze zwei Anmerkungen:
- Ich denke, dass es ausgesprochen hilfreich wäre, wenn Du dich mit den grundsätzlichen ästhetischen und proportionalen Überlegungen der Herrenschneiderei auseinander setzt. Wie ist eine Kassur auszuführen, dass sie harmonisch wirkt, wo sind Knöpfe anzunähen, wie lange sollte ein Teil (Ärmel, Jacke, Kragen(schenkel)) etc. pp.
- Schau dich im WTIH- und im Passform-Faden um. Dort werden o.g. Probleme häufig besprochen und erläutert. Das dürfte helfen, um deine Schnitte zu ändern. Wirklich passen scheinen zumindest die Jacken nämlich noch nicht.

In jedem Fall ist es toll, was Du mit Nähmaschine sowie Nadel und Faden hinbekommst. Hut ab und herzliche Grüße
Vielen Dank für Lob und Hinweise!
Ästhetische und proportionale Überlegungen habe ich bisher zugegebenermaßen tatsächlich eher nur nach persönlichem Gefühl angestellt, und ohne weitergehende Recherche. Und natürlich ist die rein handwerkliche Finesse noch lang nicht so vorhanden, dass am Ende die Ästhetik auch genau so wird, wie ich sie mir als Ideal vorstellen würde.
Wenn Du sagst, dass der Jackenschnitt noch nicht wirklich passt, meinst Du eher die Proportionen/Ästhetik oder die Passgenauigkeit? Oder beides?
 
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