@Morano: Warst du schon mal länger als zwei Wochen in Britannien? Komm mal hierhin und erzähl diesen Mumpitz nochmal,
So erstaunlich das für Dich klingen mag, ich habe dort studiert, promoviert und jahrelang gearbeitet. Und um die Angelegenheit auf die Spitze zu treiben: diesen "Mumpitz" sahen viele meiner englischen Kollegen ähnlich.
Das britische Königshaus mag in den letzten Jahren wieder viel an Zustimmung in der Bevölkerung gutgemacht haben, aber diese Tatsache ist weitgehend allein der Queen in ihrem 60. Dienstjahr und dem Herzogspaar von Cambridge zu verdanken. Prince Charles, Airmiles Andy, Prince Michael of Kent und ihresgleichen sind weiterhin selbst in der königstreuen Boulevardpresse durchaus umstritten.
Was das nun aber alles mit aufgetragener Kleidung des britischen Thronfolgers zu tun hat, erschließt sich mir nicht.
Hier geht es nicht mehr vorrangig um aufgetragene Kleidung, sondern um Stil im weiteren (nicht unbedingt sartorialen) Sinn, und um die ganz banale Tatsache, dass Stil sich jenseits von Einstecktüchern und Zweireihern bewegt. So wird Prince Charles trotz Kleidung und Herkunft niemals stilvoll sein können, weil er außer seinem Erscheinungsbild nicht viel (Stilvolles) zu bieten hat. Ob man jetzt seine geflickte Kleidung als sympathisch, angemessen, stilvoll oder unpassend empfindet, ist hierbei nur ein minimaler Teilaspekt.
Genauso wenig kann man im Brustton der Überzeugung und per quasipäpstlichem Dogma jeden als stillos abtun, der sich nicht in Lobeshymnen ob der exzessiven so benannten "Nachhaltigkeit" des Thronfolgers ergeht. Mir jedenfalls ist ein so histrionisches Vorzeigen von Kleidungsmängeln bei einer Reihe öffentlicher Auftritte (das ganze war KEIN kleidungstechnischer Notfall) und ein solches Erscheinungsbild bei offiziellen Anlässen generell nicht sympathisch und ich halte es auch weder für stilvoll noch für angemessen. Dass diese Einstellung hier im Forum eine Mindermeinung darzustellen scheint, ist mir durchaus bewusst. Ebenfalls dürfte ja mittlerweile ausreichend bekannt sein, dass das Tragen von alten, ererbten oder weitergegebenen Kleidungstücken in der britischen Oberschicht als Traditionalismus gepflegt wird und weit verbreitet ist, im Vergleich zu anderen Ländern oder Schichten aber einen Einzelfall darstellt.
Das Auftragen von alter und offensichtlich beschädigter Kleidung zu einer Kunstform zu erheben, wie das hier propagiert zu werden scheint, halte ich jedoch für unangemessen (auch da mag ich einer Mindermeinung unterliegen).