Buchtipp zur Modegeschichte: "Der herrlich biedere Mann"

UrbanPrius

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Ich habe heute durch Zufall ein Buch in der Bibliothek entdeckt, das glaube ich für Stilbewusste, die sich fragen, auf welche Weise "Stil" historisch eigentlich entsteht, interessant sein könnte.

Das Buch heißt "Der herrlich biedere Mann. Vom Siegeszug des bürgerlichen Herrenanzuges im 19. Jahrhundert". Autorin: Sabina Brändli, Chronos Verlag 1998

Der Klappentext findet man hier:
http://www.chronos-verlag.ch/php/book_latest-new.php?book=978-3-905312-93-5&type=Kurztext

Das Ganze ist eine Dissertation, 350 Seiten stark. Ich habe das Buch selbst bisher nur überflogen, bin aber fast sicher, dass es nichts fundierteres zum Thema "Anzug" gibt. Da die Autorin heute Professorin ist kann es nicht ganz schlecht gewesen sein.... Das Buch enthält einige anschauliche Bilder. Soweit ich es sehe ist die Grundthese der Autorin, dass der bürgerliche Anzug eben ein bürgerlicher ist und sich durch "Biederkeit" und grau-in-grau-Töne, aber auch durch bewusst figur-verhüllende Schnitte vom Adel abgegrenzt werden sollte. Gleichzeitig wurden aber auch "feine Unterschiede" eingeführt, um sich selbst vom "Pöbel" abzugrenzen. Und nicht zu vergessen: Farbe und "modisch" zu sein wurde gänzlich der Frauenwelt überlassen. Das Buch ist durchaus thesenstark. Die Autorin versucht beispielsweise zu beweisen, dass der Frack historisch das männliche Geschlechtsteil betonen sollte. Klingt erstmal absurd, aber wenn auf einer Doppelseite Bilder frühneuzeitlicher Schamkapseln sieht und dann diese mit dem Schnitt historischer Fracks vergleicht... nunja, mag jeder Herr selbst sehen.

Wenn ich Zeit für das Buch habe schreibe ich bestimmt noch einmal mehr zum Thema.

PS: Ich stehe in keinerlei Verbindung zur Autorin und erhalte auch keine Provision. Ich halte das nur für ein gutes Buch für historisch Interessierte.
 
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