bluesman528
Ruhrpotthanseat
Ich muss gestehen, dass ich hinsichtlich kulinarischer Breite UND Tiefe seit den 1970er Jahren einen beispiellosen Aufschwung in Deutschland erlebe. Ich vermisse sehnige Schweineschnitzel in undefinierbarer Panade "nach Wiener Art" oder schlimmer in einer klebrigen Mehlsauce nicht wirklich. Auch nicht den dünnen "milden" Filter"kaffee". Oder um mal zu Einrichtung zu wechseln: Ich vermisse auch die Eiche-Brutal-Schrankwände nicht. Das alles war keine Kultur, es war nur die kulturelle Armut, in der wir lebten.Das hilft nichts, wenn sich andere Produkte in den Markt schleichen und die lokalen verdrängen. Die neuen müssen hierbei nicht einmal so viel besser sein. Allein die größere "Breite" bedingt schon einen Verlust an "Tiefe". Konkret: wenn in einem Dorf X ein Restaurant mit Spezialitäten aus einer exotischen anderen Region aufmacht, gehen die Leute aus dem Dorf X deswegen nicht öfters essen. Wenn es ihnen gefällt, dann hat das neue Restaurant Erfolg und alle anderen Restaurants, die die Facetten der lokalen Kulinarik repräsentieren, Einbußen. Mittelfristig führt das eben dazu, dass das Dorf X an kulinarischer Breite gewinnt und an kulinarischer Tiefe verliert.
Das ist aber auch nur ein Beispiel. Vergleichbare Vorgänge findet man eben auch in ganz anderen Bereichen. Irgendein gesetzlicher Schutz (z.B. von lokalen Dialekten etc.) ist da machtlos.
Die EU ist ein Durchlauferhitzer von Globalisierungseffekten. Damit ist es ihr erfolgreich gelungen, die miefige Provinzialität des alten Europa in vielen (meist urbanen) Regionen aufzubrechen, indem es sie mit der Welt konfrontierte. Aber natürlich hat sie nicht alle erreicht, was u.a. (es gibt natürlich noch weitere Einflüsse, nicht zuletzt unterschiedlicher wirtschaftlicher Benefit) die Spaltung erklärt, die wir in der westlichen Welt derzeit erleben.