Bekenntnisse

Schlechte Kleidung empfinde ich als respektlosen Akt gegenüber der eigenen Person.

Ich stimme uneingeschränkt zu.

Jedoch ... ich bin hier in diesem Forum schon sehr, sehr lange Mitglied, habe sozusagen die Gründungszeit noch miterlebt. Anfangs war ich enthusiatisch, dann eher enttäuscht und wurde irgendwann sehr zurückhaltend.
Bedauerlicherweise scheinen heute wie damals einige unter "guter Kleidung" ausschließlich sehr hochpreisige Kleidung zu verstehen - und da vor allem Maßanfertigung.
Sind Sakkos "von der Stange" (nein, nicht von C&A), die behutsam und gekonnt so weit wie möglich angepasst wurden, wirklich "schlechte Kleidung"?

Nachdenklich
Bertie Wooster
 
@Bertie: Ich stimme Dir zu, dass "teuer" nicht zwingend "gut" bedeutet. Um mal positiv zu argumentieren, ist gute Kleidung für mich solche, die in erster Linie gut "passt" und zwar zum einen in Bezug auf die Passform am Körper und zum anderen in der Kombination der Kleidungsstücke und deren Farben und Muster zueinander.

Das zweite Attribut ist "pfleglich". Gepflegte Kleidung und insgesamt eine gepflegte Erscheinung der gesamten Person.

Das Gegenstück hierzu ist für mich "unachtsam". Unachtsamkeit in Bezug auf die getragene Kleidung und die persönliche Erscheinung.

Kleidung muss daher nicht teuer sein. Natürlich erfüllt üblicherweise ein gut gemachter (!) Maßanzug das Kriterium Passform mehr als einer von der Stange.

Was ich an mir selbst erlebt habe, ist, dass die Auseinandersetzung mit "passt" und "pfleglich" dazu führt, dass ich bereit bin in höherwertigere Kleidung zu investieren. Wobei höherwertig nicht zwingend "teuer" bedeuten muss. Insbesondere dann nicht, wenn man den Anschaffungspreis über die Nutzungsdauer betrachtet. Hier würde ich mittlerweile auch das Attribut "nachhaltig" ergänzen.

Ich kauf(t)e Kleidung auch gebraucht, es sind einige meiner liebsten Stücke darunter. Auch günstige Kleidungsstücke finden sich in meinem Schrank. Ich besitze sogar noch ein Hemd von Aldi, welches tatsächlich in Bezug auf die zuvor genannten Attribute mit anderen Hemden mithalten kann und ich besitze zwei Leinenhosen von C&A, die ich im Sommer sehr gerne trage.

Ich erlebe dieses Forum überwiegend in Form von Menschen, denen Kleidung wichtig ist, aber auch als Community von Individuen mit unterschiedlicher Herkunft und Finanzkraft und einer nicht kleinen Gruppierung von Schnäppchenjägern, die immer auf der Suche nach anerkannten Marken zum günstigsten Preis sind, neu wie gebraucht. Wir sind also eine ziemlich bunte Truppe hier ;-)
 
Ich finde die Frage, die Bertie Wooster aufgebracht hat, gut und stimme Newtons Antwort vollumfänglich zu, möchte aber noch einen ergänzenden Blick einbringen:
Wir sind mit diesem Forum die Nische in einer Nische. Und zahlreiche Diskussionen drehen sich darum wie groß oder klein diese Nische sein soll oder darf.
Beispiel: Wenn ich, wie neulich geschehen, zu einer Abendveranstaltung eingeladen werde, und der Gastgeber einen Dresscode vorgibt, finde ich es ungehörig, dem nicht zu entsprechen. "Sexy und stylish" genehmigt einem ja schon viele Freiheitsgrade, läßt aber auch erkennen, daß der Gastgeber sich wünscht, daß man sich ob seiner Garderobe Gedanken macht, sich Mühe gibt und etwas auswählt, daß sich von Alltagskleidung abhebt. Dann, wie geschehen, in einem Kapuzenpulli zu erscheinen, mit der Aufschrift "Pitbull" und der Abbildung eines fetten, häßlichen Köters, finde ich mindestens respektlos gegenüber dem Gastgeber und den anderen Gästen.
Hätte derjenige sich für ein Discounter-Hemd, ein C&A Sakko und Lloyd-Schuhe entschieden - Gesamtaufwand 150 € und damit nicht teurer als "streatwear" - hätte er sicher eine deutlich bessere Figur abgegeben (und noch Kleidung für Omas nächsten Geburtstag gehabt).
Wenn ich hier also für Toleranz gegenüber Lloyd-Schuhen, Discounter-Hemden und C&A Sakkos predige, dann nicht etwa, weil ich die so toll finde oder dafür werben will. Sondern deshalb, weil die gesellschaftliche Realität nunmal leider so ist. Man muß sich auch über kleine Dinge freuen können...
Einige langjährige Mitglieder, die sich in dieser Nische gut eingerichtet haben, werden denken, daß sie sowas nicht kümmert. Diese Sicht kann ich zwar nachempfinden, greift mE aber zu kurz. Als Nische der Bekleidungsenthusiasten braucht man auch eine Basis. Und das sind nach meinem Empfinden alle, die überdurchschnittliches Augenmerk auf ihre Garderobe legen und um gepflegtes Äußeres bemüht sind. In diesem Sinne sollten wir eine breitere Basis auch zulassen.
Wenn wir stattdessen das Forum in noch weitere Nischen zergliedern, indem wir zum Beispiel die Schuhfarbe in Abhängigkeit von der Uhrzeit diskutieren, ist das dem Anliegen des Forums eher abträglich.
Wenn man unbedingt Nische sein will, wird man auch so wahrgenommen. Ohne Zweifel hat jeder hier das Standing, das auszuhalten. Aber wer möchte schon als Freak gelten?
Und wäre es nicht schöner, wir könnten unsere Freude an Kleidung auch im Alltag mit anderen teilen, und nicht nur hier im Forum?

Unabhängig davon möchte ich alle bitten, ihr Wissen und ihre Erfahrung auch weiterhin so uneigennützig zu teilen. Das schätze ich hier wirklich sehr!
 
Ich finde die Frage, die Bertie Wooster aufgebracht hat, gut und stimme Newtons Antwort vollumfänglich zu, möchte aber noch einen ergänzenden Blick einbringen:
Wir sind mit diesem Forum die Nische in einer Nische. Und zahlreiche Diskussionen drehen sich darum wie groß oder klein diese Nische sein soll oder darf.
Beispiel: Wenn ich, wie neulich geschehen, zu einer Abendveranstaltung eingeladen werde, und der Gastgeber einen Dresscode vorgibt, finde ich es ungehörig, dem nicht zu entsprechen. "Sexy und stylish" genehmigt einem ja schon viele Freiheitsgrade, läßt aber auch erkennen, daß der Gastgeber sich wünscht, daß man sich ob seiner Garderobe Gedanken macht, sich Mühe gibt und etwas auswählt, daß sich von Alltagskleidung abhebt. Dann, wie geschehen, in einem Kapuzenpulli zu erscheinen, mit der Aufschrift "Pitbull" und der Abbildung eines fetten, häßlichen Köters, finde ich mindestens respektlos gegenüber dem Gastgeber und den anderen Gästen.
Hätte derjenige sich für ein Discounter-Hemd, ein C&A Sakko und Lloyd-Schuhe entschieden - Gesamtaufwand 150 € und damit nicht teurer als "streatwear" - hätte er sicher eine deutlich bessere Figur abgegeben (und noch Kleidung für Omas nächsten Geburtstag gehabt).
Wenn ich hier also für Toleranz gegenüber Lloyd-Schuhen, Discounter-Hemden und C&A Sakkos predige, dann nicht etwa, weil ich die so toll finde oder dafür werben will. Sondern deshalb, weil die gesellschaftliche Realität nunmal leider so ist. Man muß sich auch über kleine Dinge freuen können...
Einige langjährige Mitglieder, die sich in dieser Nische gut eingerichtet haben, werden denken, daß sie sowas nicht kümmert. Diese Sicht kann ich zwar nachempfinden, greift mE aber zu kurz. Als Nische der Bekleidungsenthusiasten braucht man auch eine Basis. Und das sind nach meinem Empfinden alle, die überdurchschnittliches Augenmerk auf ihre Garderobe legen und um gepflegtes Äußeres bemüht sind. In diesem Sinne sollten wir eine breitere Basis auch zulassen.
Wenn wir stattdessen das Forum in noch weitere Nischen zergliedern, indem wir zum Beispiel die Schuhfarbe in Abhängigkeit von der Uhrzeit diskutieren, ist das dem Anliegen des Forums eher abträglich.
Wenn man unbedingt Nische sein will, wird man auch so wahrgenommen. Ohne Zweifel hat jeder hier das Standing, das auszuhalten. Aber wer möchte schon als Freak gelten?
Und wäre es nicht schöner, wir könnten unsere Freude an Kleidung auch im Alltag mit anderen teilen, und nicht nur hier im Forum?

Unabhängig davon möchte ich alle bitten, ihr Wissen und ihre Erfahrung auch weiterhin so uneigennützig zu teilen. Das schätze ich hier wirklich sehr!
Ich kann bei dem Dresscode "Sexy und Stylish" und einem Kapuzenpullover keine Respektlosigkeit dem Gastgeber gegenüber erkennen. Was hattest du denn an um "Sexy und Stylish" zu sein? Und ohne die Antwort zu kennen denkst du dass es dem allgemeinen Verständnis von Stylish entspricht? Wenn ich das auf einer Einladung lese, würden meine Anzüge auch im Schrank bleiben oder zumindest in einer Kombination auftauchen, die ich mich nicht trauen würde hier zu Posten.
 
Ich bitte noch einmal um Nachsicht dafür, dass ich dieses Thema überhaupt angesprochen habe.
Es ist nur so, dass ich - wie bereits geschrieben - das Forum hier noch aus seinen allerersten Anfangszeiten kenne. Zu jener Zeit war ich sartorial unwissend, enthusiastisch und sehr froh, mir Kenntnisse aneignen zu können, die ich im deutschsprachigen Raum nirgendwo sonst fand.
Ich hab erst hier wirklich fundierte (deutschsprachige) Beiträge über Schuhwerk, Kleidung und Accessoires gefunden ...
An dieser Stelle daher noch einmal ein großes Dankeschön an Andreas Gerads, der dieses Forum aus der Taufe hob.
Auch heute noch lese ich sehr gern hier mit, halte mich allerdings in der Regel völlig mit eigenen Beiträgen zurück.
Ich bin z.B. nach wie vor nicht versucht, mich an der Rubrik "Was trage ich heute" zu beteiligen - und dies einfach aus dem Grunde, dass man es niemals allen recht machen kann.
Das ist auch völlig in Ordnung, über Geschmack lässt sich ja bekanntlich nicht (oder trefflich) streiten.
Auch sind die Aussagen darüber, was "gut gekleidet" bedeutet, längst nicht mehr so radikal wie in den seligen Anfangszeiten dieses Forums ...
Dennoch bleibt manchmal, zumindest bei mir, ein schaler Nachgeschmack angesichts der Kommentare, die hier vereinzelt zu diesem oder jenem Outfit gepostet werden.
Mich jedenfalls schreckt so etwas nach wie vor ab.
Ich denke, man kann Kritik oder Ablehnung auch diplomatischer ausdrücken.
 
Wenn wir stattdessen das Forum in noch weitere Nischen zergliedern, indem wir zum Beispiel die Schuhfarbe in Abhängigkeit von der Uhrzeit diskutieren, ist das dem Anliegen des Forums eher abträglich.
Ich finde das ja großteils lustig, wenn darüber diskutiert wird, ich muss allerdings eingestehen, dass es gesellschaftliche Anlässe gibt, wo diese Regeln gelten- sie sind aber schlicht und ergreifend "zu weit weg" von mir, dass ich mich an diese Regeln halten müsste. Dann denken meine Mitmenschen sowieso, dass ich weiter in Richtung Wahnsinn abrutsche, wer kauft denn heute noch Rahmengenähte Schuhe und keine 600 Euro Sneaker?!
Ich kann relativ gut damit leben, dass sich manche bewusst an diese Regeln halten, tangiert mich ja nicht...
Das Wichtigste ist doch, dass man sich in dem, was man trägt wohlfühlt.
Ein Sakko und "schicke" Schuhe, sofern sie nicht zu der Person passen und er sie trägt wie ein Kostüm bringen wenig, dann ist mir jemand in Jeans und T-shirt weitaus lieber.
Wir bewegen uns ja auch alle irgendwie in einer Filterblase, das ist auch in anderen "Fachforen" so, entsprechend sollte man versuchen sich nicht zu weit von der Gesellschaft draußen zu entfernen...
Wenn der "Invest" ins Thema nicht groß genug ist, bringen so tiefgehende Debatten nichts, 90% wollen einfach nur präsentabel aussehen, mehr nicht.
Kleidung ist ja das, was man bei einem Menschen zuerst sieht, außer man sitzt gerade in der Sauna.
Entsprechend schnell werden Urteile gebildet, da zählt eher, wie man etwas trägt und ob der Kontext passt. Ob Sakko, Schuhe bespoke sind ist zweitrangig.
Uns allen gehts ja irgendwie darum sich nach außen als die beste Version von sich selbst darzustellen, wenn man das Ziel erreicht, dann passts doch, egal wie.
 
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