Angemessene Kleidung für Alter, Job, Anlass

In der Uni war ich einmal mit Sakko und Chino. Aber ich werde dabei nie das unangenehme Gefühl los, dass mich alle anstarren und für völlig irre halten. In der Uni tragen die allermeisten Jeans und ein Sweatshirt. Sehr oft auch Jogginghose. .
Das ist in ca. 90% der Fälle tatsächlich nur ein Gefühl, weil es die meisten Leute, die da mit dir im Seminar-/Vorlesungsraum sitzen, schlicht kein bisschen interessiert, was du trägst. Das Schlimmste was dir passieren kann, ist gefragt zu werden, ob du in einer Verbindung bist. Normale Kombination geht in der Uni eigentlich immer klar (studiere selbst), und wenn du dann für mündliche Prüfungen oder größere Präsentationen mal heimlich ne Krawatte dazubindest oder auf Anzug umsteigst, merkt das auch keiner mehr.
 
Ich sehe das eigentlich genau anders herum. Wenn sich jemand durch die Kleidung eines anderes respeklos behandelt fühlt, sollte sich dieser mal Gedanken über seine Befindlichkeiten machen. Kleidung per se ist nicht respeklos.

Na ja... wenn ich da an die Mixtur aus ärmellosem Shirt, Funktionshose und Trekkingsandalen (ohne Socken!) denke... :eek::D

Regeln werden zwar immer unbeliebter, in einem gesunden Maße machen sie das Zusammenleben aber ungemein einfacher. Sich einer Situation angemessen zu kleiden ist auch ein Ausdruck des Respekts gegenüber meinen Mitmenschen. Wobei wir da wieder beim eigentlichen Anliegen des Threadstarters wären. Der doppelreihige Business-Anzug mit Winchesterhemd, Krawatte und Einstecktuch zum Beispiel, so toll er auch ist, ist sicher nicht die adäquate Bekleidung für die Uni-Vorlesung.

Ansonsten ist es meiner Meinung nach vor allem wichtig, seinen eigenen Stil mit einem gewissen Selbstverständnis "zur Schau" zu tragen. Nicht aufgesetzt und so, als ob es das normalste auf der Welt wäre, sich so zu kleiden; auch wenn es die anderen um einen herum vielleicht nicht so handhaben. Das bringt dann gleichzeitig auch etwas für das eigene Selbstbewußtsein und damit für die positive Außenwirkung. Die Floskel "es gibt nur einen ersten Blick" hat ja durchaus etwas Wahres.
 
Hey, erstmal danke dafür, dass Du meine Posts sonst sehr schätzt, sprich das ein Mehrwert besteht.
Vielleicht hilft es wenig, wenn ich zu erklären versuche, was Gentleman für mich bedeutet bzw. was seine Bedeutung heute in meinen Augen ist.
Für mich heißt Gentleman erstmal (deutest Du ja schon bereits an), dass man aus einer Position der inneren Stärke zu agieren versucht und dabei durchaus Konventionen etc. schätzt, aber kein Fußabtreter ist. Diese Position der Stärke heißt aber auch, dass man so andere verstehen etc. kann, dass führt dann auch dazu, dass man anderen, wie ein Gentleman wirklich helfen kann..., ich kann nur helfen, wenn ich selbst genug bin!
Heute merke ich subjektiv aber immer mehr, dass man als Gentleman eher als Fußabtreter in einer Position der Schwäche handelt und dabei aber immer ein Gefühl der moralischen Überlegenheit mitschleift...
Für mich deuten diverse Vorgänge in (Netz)Kultur oder rein in der Interaktion unter Menschen darauf hin.

Das Jogginghosen Thema finde ich sehr interessant, da kommt für mich aber auch wieder Social-Fluency ins Spiel, die mir sagt, dass ich nicht mit Jogginghose in die Schule gehen sollte, weil das einfach nicht passt.
Ich fühle mich aber auch nicht davon angegriffen, wenn mir jemand mit Jogginghose entgegen tritt, aber es ist für mich ein Zeichen, dass es mit dem Respekt bei dieser Person nicht so weit her ist (kann heißen: ich weiß es nicht besser oder ignoriere es einfach). Ein kleiner Hinweis kann in diese Richtung aber nicht schaden und verstehen wird es das Gegenüber sicherlich auch, wenn man ihm mit Respekt gegenüber tritt.

Ich sehe das eigentlich genau anders herum. Wenn sich jemand durch die Kleidung eines anderes respeklos behandelt fühlt, sollte sich dieser mal Gedanken über seine Befindlichkeiten machen. Kleidung per se ist nicht respeklos.
Stimme ich zu, allerdings kommt meistens mit der Kleidung eine gewisse Verhaltensweise mit sich, die ich dann auch ablehne, ich stelle jetzt einfach mal die Vermutung auf, dass das etwas mit der sozialen Gruppe zutun hat, aus der man stammt.

Das ist in ca. 90% der Fälle tatsächlich nur ein Gefühl, weil es die meisten Leute, die da mit dir im Seminar-/Vorlesungsraum sitzen, schlicht kein bisschen interessiert, was du trägst. Das Schlimmste was dir passieren kann, ist gefragt zu werden, ob du in einer Verbindung bist. Normale Kombination geht in der Uni eigentlich immer klar (studiere selbst), und wenn du dann für mündliche Prüfungen oder größere Präsentationen mal heimlich ne Krawatte dazubindest oder auf Anzug umsteigst, merkt das auch keiner mehr.
5% finden das verdammt interessant, was Du treibst und fragen Dich dann danach, ein klarer Vorteil, wie ich finde.
Die anderen 5% verurteilen Dich für das, was Du tust, sei es alleine deswegen, dass Du das trägst, was Du trägst oder es in Sachen Passform nicht dem Slimfit-Wahn entspricht.
Wenn ich Vorträge halte oder sonst irgendwas wichtiges ansteht gehört die Krawatte für mich einfach dazu, dann weiß auch jeder, was los ist:D.

Solche "Kleidungstil-Extremformen" gibt es auch in die andere Richtung, daher einmal eine Geschichte aus meinem Leben (klingt schon wieder so, als würde ich Märchenonkel sein oder sonst was): Kumpel von mir, ein netter Mensch, schwarzer US-Amerikaner, lebt und kleidet sich nach dem klassischen Klischee des Hip-Hoppers der 90er, ich finde es genial, dass er das durchzieht (Er findet es auch sehr interessant, was ich so treibe). Hat auf die Umwelt doch ungefähr den Gleichen Einfluss, wie ein Anzug o.ä.
Es führt aber öfters zu verdammt lustigen Situationen, wenn man was zusammen macht...
 
Für mich heißt Gentleman erstmal (deutest Du ja schon bereits an), dass man aus einer Position der inneren Stärke zu agieren versucht und dabei durchaus Konventionen etc. schätzt, aber kein Fußabtreter ist. Diese Position der Stärke heißt aber auch, dass man so andere verstehen etc. kann, dass führt dann auch dazu, dass man anderen, wie ein Gentleman wirklich helfen kann..., ich kann nur helfen, wenn ich selbst genug bin!
Es geht nicht darum, einem anderen zu helfen. Es geht darum, dem anderen entgegenzukommen und es ihm leichter zu machen. Das bedingt letztlich möglicherweise eine nicht immer sympathische innere Überzeugung von Überlegenheit. Schließlich kümmert man sich um die armen Mitmenschen.

Wüsste der Gentleman also, dass der Freund mit dem Schweizer aneinander geraten wird, weil er die Mütze nicht abnehmen wird, wäre es angemessen etwa vorzuschlagen: "Ach weißt Du, ich war zwar schon 20x im Dom aber erst 2x im Römisch-Germanischen Museum. Hättest Du etwas dagegen, mit mir stattdessen dorthin zu gehen?"

Im Dom könnte man immerhin die Situation retten, indem man entschuldigend zum Schweizer sagt: "Ich bitte aufrichtig um Entschuldigung, er hatte einen schwierigen Tag, aber er ist ein wirklich guter Mensch." Dann geht man selbstverständlich. Man vereinfacht dem Freund die peinliche Situation, aus dem Dom geflogen zu sein und schlägt eben danach vor, stattdessen ins Museum zu gehen. Man gibt aber auch dem Schweizer zu verstehen, dass man seinen Auftrag und Anspruch respektiert.
In beiden Fällen macht man sich doch kaum zu einer Art Fußabtreter.

Man kann natürlich auch aus Solidarität den Schweizer beschimpfen. Ich glaube aber nicht, dass das ein Ausdruck von Größe ist.
 
Es geht nicht darum, einem anderen zu helfen. Es geht darum, dem anderen entgegenzukommen und es ihm leichter zu machen. Das bedingt letztlich möglicherweise eine nicht immer sympathische innere Überzeugung von Überlegenheit. Schließlich kümmert man sich um die armen Mitmenschen.
Ich beziehe mich bei meiner Ausführung nicht auf den Schweizer, dass ist eher eine generelle Ansicht auf das Thema Gentleman.
Helfen ist vielleicht auch nur ein Beispiel, man kann noch viele andere Sachen machen, wie z.B. mit echtem Respekt Menschen gegenüber treten.
 
Äpfel und Birnen ...

Nicht unbedingt. Es gibt Dinge, die man nicht macht und um die man weiß. Man legt seine Schuhe in Bus und Bahn nicht auf den Sitz und man lässt im Dom keine Kopfbedeckung auf. Hält man sich daran, ist das Leben für beide Seiten angenehm. Die beschriebene Situation mit dem Dombesuch wäre durch das Absetzen der Kappe doch erledigt gewesen, die ist ja nicht festgeklebt.
 
Man sollte sich meines Erachtens davon freimachen den Respekt, den eine Person einem gegenüber bringt, stumpf an der Kleidung festzumachen.

Natürlich geht je nach Situation eine gewisse Tendenz damit einher; ein Trainingsanzug wird vermutlich beim Vorstellungsgespräch merkwürdig anmuten und spricht dafür, dass derjenige die Situation verkennt und auf Kleidungsebene nicht genug Respekt zollt. Gewisse Mindest-Gepflogenheiten, die relativ unstrittig sind, bestehen wohl definitiv. Selbst bei einem Maurer o.ä. wird wohl mindestens Jeans und T-Shirt erwartet.
Unabhängig davon ob die Kleidung denjenigen dann eh aufgrund der Außendarstellung für den Job disqualifiziert und der ihn folglich nicht bekommt, kann die Person im Gespräch ja trotzdem sehr nett sein, aktiv zuhören, sämtliche Konventionen eines guten Gesprächs einhalten.

Aber im Alltag, unabhängig vom Hausrecht und Weisungsrecht, was hier ja angesprochen worden ist und natürlich nicht zu beanstanden ist (Der Hausherr kann natürlich entscheiden, dass er keine Sportoutfits in seinem Haus duldet; ebenso kann der Vorgesetzte aufgrund von Kundenkontakt, Einheitlichkeit und Firmenruf natürlich auch einen Anzug vorschreiben), sollte man den Respekt nicht an der Kleidung festmachen, sondern am Verhalten des Gegenüber.

Es gibt genügend sympathische Menschen, die in Sporthosen rumlaufen und umgekehrt gibt es genügend Leute in Anzügen, die sich aufgrund ihrer Kleidung, beruflichen Positionen oder sonst was für den Nabel der Welt halten und unerträglich sind um mal konträr zu bleiben.

Man kann die Kleidung und das Auftreten gerne kritisieren und sich denken (und meinetwegen auch äußern; auch wenn ich von ungefragten Meinungen eher wenig halte), dass irgendwelche Personen unangemessen rumlaufen, aber trotz dessen sollte man nicht automatisch auf den Menschen dahinter schließen.

Nur meine persönliche, allgemein gehaltene Meinung.
 
Nicht unbedingt. Es gibt Dinge, die man nicht macht und um die man weiß. Man legt seine Schuhe in Bus und Bahn nicht auf den Sitz und man lässt im Dom keine Kopfbedeckung auf. Hält man sich daran, ist das Leben für beide Seiten angenehm. Die beschriebene Situation mit dem Dombesuch wäre durch das Absetzen der Kappe doch erledigt gewesen, die ist ja nicht festgeklebt.

Bezüglich der Schuhe gehe ich mit; das ist im Prinzip nichts anderes als das Beschädigen/Beschmutzen von Eigentum anderer Personen/Firmen.

Ich würde auch keine Kopfbedeckung im Dom tragen und halte dies für einen Fauxpas, aber würde dem Gegenüber nicht sofort sämtliche Umgangsformen und Respekt absprechen und ein Drama draus machen.

Der Vergleich zwischen Missachtung fremden Eigentums und „nur“ einem stilistischen Fauxpas zieht meines Erachtens nur nicht. Beim einen hängen im Zweifel zivilrechtliche oder gar strafrechtliche Konsequenzen dran, beim anderen ist es eben nur ein blöder Fauxpas, der aber keinem anderen wehtut.
Eine Mode- oder Umgangspolizei gibt es zum Glück noch nicht.
 
beim anderen ist es eben nur ein blöder Fauxpas, der aber keinem anderen wehtut.
Stimmt. Deshalb kommt der Schweizer und sagt, man solle die Mütze abnehmen. Dann sagt man, dass man unaufmerksam war und keine böse Absicht hegte. Man nimmt seine Mütze ab, der Schweizer bedankt sich und der Dombesichtigung steht nichts im Wege.

Oder man reagiert so stilvoll, wie geschildert. Dann wird aus dem Fauxpas ein Ärgernis.
 
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