Carlo Jösch: Kölner Couturier und Kiltmacher

„Es ist die Liebe am Detail, die mich fasziniert!“ Carlo Jösch muss nicht lange überlegen, wenn er gefragt wird, warum er ausgerechnet Couturier geworden ist. In der Kölner Innenstadt, nur rund 500 Meter Luftlinie vom Dom entfernt, stichelt, staffiert und säumt er seit über zwölf Jahren im eigenen Atelier – Sakkos, Mäntel, Hosen aber auch Kleider.

„Carlo Jösch Couturier“ ist in das goldene Schild neben dem Eingang graviert, türkisfarbene Markisen, vor allem aber das liebevoll dekorierte Schaufenster, das sich in seiner dezenten Zurückhaltung erfrischend von den kreischbunten, vollgestopften Vitrinen der unweiten Schildergasse abhebt.

Massenware, Billigartikel? Hier in der Mohrenstraße 12 ist man davon Lichtjahre entfernt. Carlo Jösch fertigt Unikate und ist Maßschneider mit einer ganz besonderen Passion: Die britische Schneiderkunst hat es ihm angetan – und ganz besonders das Kiltmachen. „Ich hatte das große Glück, in Inverness den Inspector der Kiltmakers Association kennenzulernen.“ schwärmt Carlo, der gleich für ein paar Monate in der Hauptstadt der schottischen Highlands blieb, um die Kunst des Kiltmachens en détail zu erlernen.

Keine einfache Sache, das wissen selbst versierte Schneidermeister. Voraussetzung ist eine besondere Fingerfertigkeit, penible Exaktheit und sehr viel Geduld. Außerdem natürlich jede Menge Fachwissen. Und so ist es kein Wunder, dass Carlo Jösch sofort ins Schwärmen gerät und stundenlang über die feinen Unterschiede der Tartans oder die diversen District Checks beim Tweed fabulieren könnte.

Traditionelle Handarbeit und die zurückhaltende Eleganz des „Old British Style“ sind einfach sein Ding und faszinieren ihn. Dass Carlo damit voll im Trend liegt und er auf der aktuellen Nachhaltigkeits-Welle ganz oben mitschwimmen kann, ist ihm dabei nicht bewusst, beziehungsweise interessiert ihn auch gar nicht. Denn das Licht, das vielen Konsumenten gerade aufgeht, wenn’s um Billigklamotten und Textilramsch geht, hat bei ihm schon immer ausgesprochen hell geleuchtet.

Bereits als Student der Bekleidungstechnik mit dem Schwerpunkt Design haben ihn flippige Trends und modische Kurzlebigkeit nur am Rande interessiert. Während seine Kommilitonen mit crazy Colours und fancy Fashion experimentiert haben, war für ihn klar, dass seine Mode auch Bestand haben sollte. Lieber investierte er in edlen Zwirn, um sich einen eigenen Maßanzug nähen zu können oder grübelte über die Farbe des passenden Einstecktuches nach. Als er dann in den 90er Jahren, dem Techno-Zeitalter, auch noch anfing Dudelsack zu spielen, schüttelte so mancher den Kopf.

Carlo war’s egal! Als Rheinländer mit chilenischen Wurzeln und drei quirligen Brüdern daheim, passte er ohnehin in keine Schublade. Er tat, was er tun musste, und blieb sich dabei stets treu. Und während seine ehemaligen Studienkollegen sich heute als Designer von Kaufhausmode oder Produktionsüberwacher in Fernost begnügen, ist Carlo Jösch sein eigener Herr – und mit Tweed, Tartan und „Tailor made“ ganz bei sich.

Herzlichen Dank an Gerlind Hector von Fair-Fashion für die Veröffentlichung im Stilmagazin!

Kategorie: Magazin

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